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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Gebeine hineinpredigt. Und nun klimmt unbemerkt und unkenntlich ein Wesen, gleich dem Baumeister, oben wie ein Wurm, an den Zinnen umher, und immer höher und höher, bis ihn der letzte Schwindel wieder zur flachen, sichern Erde hinunternötigt – wer hier nichts fühlt und entzückt ist, o wahrhaftig, der begeht, ein armer Sünder, die Verleugnung Petri an der Herrlichkeit des göttlichen Ebenbildes.«
    Hier gab der Bildhauer dem Maler die Hand und sagte: »So hör ich Euch gerne.«
    »Und ist es denn nun etwa«, fuhr Sternbald fort, »daß diese ungeheure Masse uns Entsetzen oder Schauer erregt, wie vielleicht die Pyramiden Ägyptens verursachen mögen? O vergönnt und verzeiht mir, daß ich vielleicht ein zu kühnes Gleichnis brauche. Wie der Ewige, Unendliche, sich in die Liebe kleidete, um uns nicht zu schrecken und sich verständlich zu machen, wie er als Kind und Freund unter uns wandelte, und der gläubige Christ so Trost und Zuflucht bei ihm, selbst vor jenem ungeheuren unermeßlichen Bilde des Vaters findet, so ist hier auf ähnliche Art die Liebe in das Mittel getreten, nun diese Erhabenheit wieder in Blume, in Pflanze, in Licht und heiteres süßes Spiel aufzulösen. Wohin das Auge sieht und wohin es schweift begegnet ihm dieser zarte Scherz, und schaukelt sich in Wellen, Rosen, Knospen, Bildern, Bögen, um den harten Stein und Felsen wie in Musik und Wohllaut aufzulösen. Daher das Unerklärliche, daß wir ganz so wie vor einem Wunder, vor einem Traume stehen, wenn dieses höchste Riesenwerk zugleich wie ein zarter himmlischer Luftscherz vor uns schwebt. In Steinen sehn wir die geahndete Glorie des Himmels, und auch der Fels hat seine starre Natur brechen müssen, um Hosianna! und Heilig! Heilig! zu singen.«
    »Phantasiert nur«, sagte Bolz; »aber wahr ist es, daß diese Gebäude, die vielleicht allein den Deutschen angehören, den Namen des Volkes unsterblich machen müssen. Der Dom zu Wien, der unvollendete mächtige Bau in Köln, und jener in Straßburg sind die hellsten Sterne; und wie lieblich ist der kleine Dom drüben im breisgauschen Freiburg, mancher andern in Eßlingen, oder Meißen, und an andern Orten nicht zu erwähnen. Vielleicht erfahren wir auch noch einmal, daß alles, was England, Spanien und Frankreich von dieser Art Herrliches besitzt, von deutschen Meistern ist gegründet worden. Dergleichen findet Ihr nun freilich in Italien nicht, denn der Italiener, der alles verwirft, was nicht sein ist, kennt nur als gotisch oder deutsch die unreifen rohen Steinmassen zu Mailand und Pisa, oder gar das unzusammenhängende Gebäude des Domes zu Lucca. – Aber wir müssen uns trennen. Ihr kommt jetzt, junger Mann, nach Italien, indem es vielleicht seine glänzendste Epoche gefeiert hat. Ihr werdet viele große und verdiente Männer antreffen, und was an ihnen das Schönste ist, erkennen. Die meisten arbeiten in der Stille. Vielleicht kommt aber bald die Zeit, wo es mit der wahren, hohen Kunst zu Ende ist, denn man fängt schon an zu schwatzen statt zu handeln, von manchen großen Meistern vererbt sich statt des Tiefsinns ein unnützer Hang zum Grübeln, der die Kraft erlahmt, oder ein seichtes, leeres Spiel mit Gedanken und ein Tändeln mit der Kunst; oder es entsteht wohl der Afterenthusiasmus, die Lüge, die das wahrhaft Edle herabwürdigen.«
    Sie gingen auseinander, und Franz überdachte die letzten Worte, die ihm nicht ganz verständlich waren.

Drittes Kapitel
    Indem Rudolph und Franz ihren Weg fortsetzten, sprachen sie über ihre Begleiter, die sie verlassen hatten. Franz sagte: »Ich kann es mir nicht erklären, warum ich vom ersten Augenblicke einen unbeschreiblichen Widerwillen gegen diesen Bildhauer empfunden habe, der sich mit jedem Worte, das er sprach, vermehrte; selbst die freundliche Art, mit der er am Ende Abschied nahm, war mir recht im Herzen zuwider.«
    »Der Geistliche«, antwortete Rudolph, »hatte im Gegenteil etwas Anlockendes, das gleich mein Zutrauen gewann; er schien ein sanfter, freundlicher Mensch, der jedem wohlwollte. Nur möchte ich glauben, daß er dem Stande nicht angehört, dessen Kleidung er trägt, denn sein Gang war zu frei und männlich.«
    »Er hätte uns«, fuhr Sternbald fort, »die Geschichte des alten Mannes erzählen sollen, von dem er sprach; eine sonderbare Neugier bemächtigte sich meiner, und es schmerzt mich, so von ihm geschieden zu sein, denn es gibt Begebenheiten, aus deren Erzählung man für sein ganzes Leben lernen kann.«
    »Und ich

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