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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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aufgeschlossen, weil sie vielleicht, ohne es zu wissen, das große zaubernde Wort gefunden hätten; als habe nun der geheimnisvolle unsichtbare Strom den Weg nach ihnen gelenkt, und sie in seine Fluten aufgenommen. Sie gingen näher, die Waldhörner schwiegen, aber eine süße Stimme sang nun folgendes Lied:
    »Waldnacht! Jagdlust!
Leis und ferner
Klingen Hörner,
Hebt sich, jauchzt die freie Brust!
Töne, töne nieder zum Tal,
Freun sich, freun sich allzumal
Baum und Strauch beim muntern Schall.
        Kling nur Bergquell!
Efeuranken
Dich umschwanken,
Riesle durch die Klüfte schnell!
Fliehet, flieht das Leben so fort,
Wandelt hier, dann ist es dort –
Hallt, zerschmilzt, ein luftig Wort.
        Waldnacht! Jagdlust!
Daß die Liebe
Bei uns bliebe,
Wohnen blieb' in treuer Brust!
Wandelt, wandelt sich allzumal,
Fliehet gleich dem Hörnerschall: –
Einsam, einsam grünes Tal.
        Kling nur Bergquell!
Ach betrogen –
Wasserwogen
Rauschen abwärts nicht so schnell!
Liebe, Leben, sie eilen hin,
Keins von beiden trägt Gewinn: –
Ach, daß ich geboren bin!«
    Die Stimme schwieg, und die Hörner fielen nun wieder mit schmelzenden Akkorden darein; dann verhallten sie, und eine männliche volle Stimme sang von einem entfernteren Orte:
»Treulieb ist nimmer weit,
Nach Kummer und nach Leid
Kehrt wieder Lieb und Freud:
Dann kehrt der holde Gruß,
    Händedrücken,
    Zärtlich Blicken,
    Liebeskuß.
    Treulieb ist nimmer weit!
Ihr Gang durch Einsamkeit
Ist dir, nur dir geweiht.
Bald kömmt der Morgen schön,
    Ihn begrüßet
    Wie er küsset
    Freudenträn'.«
    Die Hörner schlossen auch diesen Gesang mit einigen überaus zärtlichen Tönen.
    Franz und Rudolph waren indes näher geschritten und standen jetzt still, an einen alten Baum gelehnt, der sie fast ganz beschattete. Sie sahen eine Gesellschaft von Jägern auf einem grünen Hügel gelagert, einige darunter waren diejenigen, die vorher an ihnen vorübergeritten waren. Auf der mittleren Erhöhung des Hügels saß ein wundersam schöner Jüngling, in einer Jagdkleidung von grünem Sammet, von einem violetten Hute schwankten bunte Federn, in einem reichen Bandelier, das über der erhabenen Brust hing, trug er ein kurzes Schwert; er hatte das erste Lied gesungen; aus dem Anstande, der Schönheit und dem Wuchse des Jünglings sahe Franz, daß er ein Mädchen sei: sie glich, indem sich die schlanke Gestalt erhob, und die Hitze der Jagd in ihrem Gesichte glühte, der Göttin der Wälder. Alle Jäger sprangen auf, die verschiedenen ruhenden Gruppen wurden plötzlich lebendig, und versammelten sich um sie her, die Hunde kamen herbei, die bisher teils zu ihren Füßen schnaufend, teils unter den kühlen Bäumen gelegen hatten. Ein Jagdruf der Hörner erklang, und alles machte sich zur Rückkehr fertig. Die wiehernden Rosse wurden von Dienern aus dem Schatten des Waldes herbeigeführt. Jetzt ward sie die beiden Reisenden gewahr und ging freundlich auf sie zu, indem sie sich erkundigte, auf welche Weise sie dorthin gekommen wären. Rudolph merkte nun erst, daß sie sich verirrt haben müßten, denn sie sahen keinen Weg, keinen Fußsteig vor sich. Auf den Befehl der Jägerin reichte man ihnen Wein in Bechern zur Erfrischung; dann erzählten sie von ihrer Wanderschaft. Da die schöne Jägerin hörte, daß Sternbald ein Maler sei, bat sie beide Freunde, dem Zuge auf ihr nahe gelegenes Schloß zu folgen, Sternbald solle ausruhen, und nachher etwas für sie arbeiten.
    Franz war begeistert, er wünschte nichts so sehr, als in der Nähe dieser herrlichen Erscheinung zu bleiben, und ihr auf irgendeine Weise gefällig oder nützlich sein zu können. Die Jäger bestiegen ihre Pferde, und zwei von ihnen boten Franz und Rudolph ihre Hengste an. Sie stiegen auf, und Rudolph war immer der vorderste im Zuge, wobei sich seine ausländische Tracht, seine vom Hute flatternden Bänder gut ausnahmen: Sternbald aber, dem diese Übung noch neu war, schien ängstlich und blieb hinten, er wünschte, daß man ihn zu Fuß hätte folgen lassen.
    Jetzt eröffnete sich der Wald. Eine schöne Ebene mit Gebüschen und krausen Hügeln in der Ferne lag vor ihnen. Die Pferde wieherten laut und fröhlich, als sie die Rückkehr zur Heimat merkten; das Schloß der Gräfin lag mit glänzenden Fenstern und Zinnen zur Rechten auf einer lieblichen Anhöhe. Ein Jäger, der mit Rudolph den Zug angeführt hatte, bot diesem an, einen Wettlauf bis zum Schlosse anzustellen: Rudolph war willig,

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