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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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vernichtete, Liebe zu nennen.
    Ich erschrak und zitterte doch vor Freude, als ich mir dieses Wort der Wunder und des Zaubers in meinem Herzen ausgesprochen hatte.
    Wie man an heißen Tagen, schmachtend und ermüdet auf weitem Gefilde, sich des Haines liebliche Kühlung und seine rauschenden Schatten wünscht, um sich tief in der dunkeln Grüne zu ergehn und immer weiter in das dicht verflochtne Labyrinth zu dringen, wie im Durst wir die Felsenquelle ersehnen, und uns den Born lieblich springend und tönend vorstellen, und meinen, nicht voll genug könnten wir das Labsal schöpfen: so war es meiner heißen Seele, die sich bei ihm in die liebliche Kühle seines Innern, in den Reichtum seiner himmlischen Gedanken und Gefühle tief hineinzuretten suchte, um aus dem Born des frischesten Herzens den Durst zu stillen, der mich bis dahin in leerer Welt gequält hatte, ohne gewußt zu haben, daß ich an dieser Sehnsucht erstarb. Wie holde Lauben mit Vogelgesang und Blumenranken, wie Felsentäler mit klingenden Wasserfällen, wie die Wunder ferner Welt, die oft meine Phantasie geahndet hatte, wie die reine Entzückung, die uns aus Liedern, von Gemälden herabstrahlend umspielt: so allgenügend, so vielfach, so ganz erfüllend war mir seine Gegenwart. ›Habe ich denn bisher nicht gelebt?‹ sprach ich zu mir selber. War es denn nicht dieselbe Sigismunde, die dachte und träumte und sang? Ich habe ja doch nun erst meine Seele, mich selbst gefunden, und hinter mir liegt mein voriges Leben wie eine wüste Steppe, oder verbrannte Heide, und jetzt erst hat mich der holdseligste Garten mit Blumen, Bäumen, rauschenden Brunnen, Frühlingsschein und Stern- und Mondglanz in Empfang genommen. O wie süß war mein Traumspiel, das jetzt mein Leben geworden war! die ganze Welt war in rührende Zärtlichkeit aufgelöst.
    Welch Entzücken durchströmte meine Seele, als ich es fühlte, wie unsre Sehnsucht sich begegnete, als er mir in einsamer Stunde seine Liebe gestand, als er beschämt erzählte, wie sehr er gestrebt habe mir auszuweichen und sich mir zu entfremden, weil er arm und ohne Güter sei: welch seliges Gefühl, mich und alles was ich besaß vor ihn als sein Eigentum hinzuwerfen! Aber wie gefährlich ist das Wort der Lippe, wie unverstanden und rätselhaft der Ton ›Liebe‹, und wie seltsam zauberisch in seinen Wirkungen, daß es schien, als rinne der Quell der Wonne schwächer in uns, seit wir jenen Laut gesprochen, als falle ein langsamer Tod auf alle Blüten unsers reichen Innern. Ich sah es, wie er sich verzehrte, eine trostlose Bangigkeit wühlte in meinem Herzen. Oft blitzte noch wieder die alte Sehnsucht, der Götterrausch auf, aber nur dunkler schien nachher der Kerker des Innern. Wir sprachen Worte, die wir nicht verstanden, wir waren uns fern in der nächsten Nähe: der Engel, der uns wie girrende junge Täubchen unter seine Flügel genommen hatte, war wieder hinweggeflogen, und wir fühlten die kalte Trübsal der Welt, die tote Einsamkeit selbst in Blick und Händedruck. Hier an dieser Stelle sah ich ihn zum letztenmal, hier schien noch einmal sein kindliches, holdseliges Lächeln mich an; einen Freund wollte er besuchen, so sprach sein Mund, und ich habe ihn nicht wiedergesehn.
    O ihr neidischen Mächte! seitdem war er mir zurückgegeben. Die Kluft meiner Seele fiel zu, die Ströme der Liebe brachen den starren Fels, und Wunderblumen schauten wieder in die klaren Wellen, ganz, ganz war er wieder mein, der volle Frühling wieder hereingewachsen, aber zugleich schritt nun der herbe Schmerz und die Verzweiflung auf mich zu, daß er mir verloren sei, daß ich ihn vertrieben, daß er wohl mir, ich aber nicht ihm gehöre, weil sein innres Licht vielleicht noch von jener finstern Decke verhüllt werde, die unsre Liebe zum Gespenst gemacht hatte. Nun rief ich dem Echo, den Felsen und Wasserquellen; die ziehenden Vögel und Wolken und meine schnelleren Liebesgedanken sandte ich ihm nach. Ach! in seltnen lieben Augenblicken war es, als kehrten seine Wünsche aus der Ferne gastlich bei mir ein, dann ist eine Seligkeit in meinen fließenden Tränen, wie ich sie eben jetzt empfinde.«
    Sternbald war hingerissen, erstaunt und gerührt, er suchte die einschmeichelndsten, lindesten Worte, und sie wie Blumen um das Herz der schönen Traurigkeit zu legen, und erzählte von jenem verkleideten Mönche, den er neulich diesem Gebiete ganz nahe gesehen habe, und der dem Ritter des Bildes so auffallend ähnlich sehe. »Er muß es sein«, so

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