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Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Englisch
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eigentlichen Pressesaal. Darin steht ein wackliger, langer Tisch, auf dem veraltete Computer ihren Lebensabend genießen. In den einzelnen Waben werkeln Journalisten vor sich hin, versuchen zu verstehen, was das Motu Proprio eines Papstes ist oder warum es ein neues Problem im Fall der Seligsprechung Papst Pius’ XII . gibt. Von der Eingangshalle gelangt man auch in den weitaus prächtigeren Saal für Pressekonferenzen. Wenn es etwas zu sagen gibt, nimmt der Pressesprecher des Papstes unter dem Wappen des Vatikans an einer Rednertribüne Platz. In den Saal gelangt er durch eine Seitentür, die in den Verwaltungstrakt und zu seinem Büro führt.
    Was mich am Pressesaal des Heiligen Stuhls stets am meisten irritierte, war seine Stille. Während in den Pressezentren überall auf der Welt normalerweise ein ohrenbetäubender Krach herrscht, kann man im Pressesaal des Vatikans jedes Flüstern hören. Ich glaube, dass es nirgendwo auf der Welt so leise zugeht wie rund um den langen Tisch im Pressesaal des Vatikans, an einem Nachmittag im Juli, wenn draußen die Hitze den Petersplatz schier verglüht und der Papst selber weit weg ist, in seinem Sommersitz in Castel Gandolfo.
    Ein Teil der Stille des Pressesaales ist gewöhnlich auch Giovanna Chirri. Sie hat an diesem 11. Februar 2013 auf dem Weg zum Vatikan noch keine Ahnung davon, dass ausgerechnet sie eine Sensation der Kirchengeschichte verkünden wird. Giovanna ist eine reife Frau, eine attraktive Blondine mit schulterlangem Haar, die ihre Kinder liebt und lange ihre Mutter betrauerte, die etwa zur gleichen Zeit starb wie meine – das verband uns. Giovanna ist die Zuverlässigkeit in Person. Sie weiß, dass ihre Bosse bei der italienischen Nachrichtenagentur ANSA lange Zeit nicht allzu viel von ihr hielten. Im Lauf der Jahre bekam sie immer wieder einen neuen männlichen oder weiblichen Vorgesetzten, und dass jahrelang niemand daran dachte, sie zur Chefin der Vatikanredaktion von ANSA zu befördern, hat sie gekränkt.
    Es gibt nur eine Situation, in der Giovanna und einige andere Kollegen zu regelrechten Rennpferden werden, zu nervösen, zu einer Nachrichtenschlacht bereiten Konkurrenten: Das ist genau dann der Fall, wenn die ganze Welt auf den Vatikan schaut. Das geschah jahrhundertelang nur aus zwei Anlässen. Dass an diesem Tag ein dritter, sensationeller hinzukommen soll, ahnt noch niemand. Bisher galt: Der Vatikan sorgt weltweit für Interesse mit den Nachrichten:
    a) Der Papst ist tot.
    b) Der neue Papst ist gewählt.
    Nicht vorstellbar ist bis zu diesem Vormittag die Nachricht aus dem Vatikan:
    c) Der Papst tritt zurück.
    Der Kampf um die Top-News aus dem Vatikan folgt klaren Regeln. Sobald ein Papst erkennbar krank wird, beginnt der Teil des Jobs eines Vaticanista , eines Vatikan-experten, der nichts mehr mit Religion oder der weltlichen Macht der Kirche zu tun hat, sondern ausschließlich mit Medizin. Im Grunde geht es nur darum, den Krankheitsverlauf bei einem Papst so präzise zu verfolgen, dass man einzuschätzen in der Lage ist, wann die Nachricht geschrieben werden kann, die die ganze Welt erschüttern wird: Der Papst ist tot.
    Legendär war das Pech von Paloma Gómez Borrero, der langjährigen spanischen Vatikankorrespondentin, die für mehrere Radio- und Fernsehsender ihres Heimatlandes arbeitete. Paloma galt in den 90er-Jahren allein deshalb schon als Legende, weil sie als Einzige im Tross des Papstes statt mit einem Computer mit einer Reiseschreibmaschine unterwegs war. Sie ging in die Geschichte des Pressesaals ein, weil sie es 1978 nur haarscharf verpasste, am richtigen Tag am richtigen Ort zu sein. Um nicht noch ein weiteres Wochenende in der Hitze der Stadt verbringen zu müssen, wollte sie damals mit ihrer Familie über das Wochenende des 5. und 6. August der mörderischen Hitze Roms entfliehen und ans Meer fahren. Weil das Gerücht umging, dass es Papst Paul VI. gesundheitlich deutlich schlechter gehe, hatte sie vorher noch den langjährigen Sekretär von Paul VI., Pasquale Macchi, angerufen. Der hatte sie beruhigt, sie möge über das Wochenende ruhig wegfahren, dem Papst ginge es weitaus besser. Leider stimmte das nicht. Papst Paul VI . starb am Sonntag, dem 6. August 1978. Alle Redaktionen schrien plötzlich nach Paloma, die, damals ohne Handy unerreichbar, am falschen Tag ans Meer gefahren war.
    Der etwas geheimnisumwitterte Tod von Pauls Nachfolger, des 33-Tage-Papstes Johannes Paul I., und die jahrzehntelangen, vom Autor David Yallop

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