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Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Englisch
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angeheizten Spekulationen darüber, ob er ermordet worden war, sorgten dann dafür, dass das Interesse der Welt noch mehr auf diesen Augenblick des Todes eines Papstes gerichtet war. Viele Jahre bevor Johannes Paul II . ernsthaft an gesundheitlichen Problemen litt, begann daher ein erbitterter Kampf um Sensationsnachrichten aus dem Vatikan. Jahrelange Freundschaften wurden in Kardinäle und Pressesprecher investiert, Fassladungen von Wein und Berge exzellenten Essens konsumiert und bezahlt, um die Informanten für diesen einen entscheidenden Tag gefügig zu machen. Das lohnte sich deshalb, weil die Nachricht vom Tod des Papstes erst innerhalb des Vatikans bekannt werden würde, wenige Stunden oder Minuten bevor dies auch nach außen der Fall wäre. Um diese Zeitspanne ging es, also darum, einen vermutlich nur wenige Minuten dauernden Vorsprung herauszuholen und als Erster die Nachricht herausgeben zu können: Der Papst ist tot. Es gibt nicht viele Nachrichten auf der Welt, mit denen die Nachrichtenagenturen ihre Kompetenzen und Kapazitäten unter Beweis stellen können, weil es gar nicht so viele Nachrichten gibt, die weltweit wirklich von Interesse sind. Der Tod eines Bundeskanzlers interessiert vermutlich nur den Großteil der 80 Millionen Deutschen, der Tod des Papstes jedoch mehr als eine Milliarde Katholiken auf der Welt.
    Es ist also kein Wunder, dass die Agenturen auf ihre Korrespondenten in Rom Druck ausüben, um ihnen vor allem eines einzubläuen: Ihre Kontakte, Verbindungen, Bekanntschaften, Freundschaften vor allem dafür zu nutzen, um an diesem Tag des Todes eines Papstes von ihren Informanten ein paar Minuten vor der öffentlichen Verkündung informiert zu werden. Deswegen gibt es auch an dem Tag, an dem der Papst auf dem Totenbett liegt, ein massives Hauen und Stechen um diesen Vorsprung.
    An so einem Konkurrenzkampf wäre wohl auch Giovanna Chirri beteiligt gewesen, wenn sich denn auch nur im Mindesten ein solcher abgezeichnet hätte. Aber das Gegenteil ist der Fall. Papst Benedikt XVI . scheint es relativ gut zu gehen. Es gibt keinerlei Anzeichen, um ernsthaft über einen kurz bevorstehenden Tod des Papstes zu spekulieren.
    Wenn man zur Arbeit in den Pressesaal kommt, ruft man »Ciao a tutti« und geht dann meistens erst einmal zum Kaffeeautomaten am hinteren Ende des Raums. Dann schließt man die Glastür zu seiner Miniwabe auf. Ab und zu hört man aus dem Lautsprecher das Schnarren einer der Stimmen der Jungs am Eingang, die dann ankündigen, es gebe ein »Bollettino«, eine Presseerklärung. Meist ist die so uninteressant, dass es um das Papier schade ist, auf dem sie gedruckt steht. Da wird etwa die Ablösung des Erzbischofs der Diözese Südsamoa bekannt gegeben, der in den wohlverdienten Ruhestand geht.
    Ansonsten passiert hier nicht viel. Zwei große Flachbildschirme zeigen alle öffentlichen Auftritte des Papstes. Das Vatikanfernsehen CTV filmt den Papst seit 2005, wann immer er sich in der Öffentlichkeit aufhält. Meist sind diese Bilder von keinerlei Interesse, etwa wenn CTV die Generalaudienz überträgt. Statt auf den Schirm zu schauen, kann man auch auf den wenige Meter entfernten Petersplatz gehen und den Papst mit eigenen Augen erblicken. Von ebenfalls beschränktem Interesse sind die Empfänge des Papstes im Vatikan, die zwar öffentlich zelebriert werden, zu denen die Journalisten aber keinen oder nur sehr begrenzten Zugang haben. Dann setzt man sich am besten in den Pressesaal und schaut zu, wie der Papst der Bischofskonferenz aus Angola alles Gute wünscht oder die im Vatikan akkreditierten Diplomaten empfängt, um sie dazu aufzurufen, sich für den weltweiten Frieden einzusetzen.
    Alle Vatikanfachleute, einschließlich Giovanna Chirri, rechnen nicht damit, dass es an diesem 11. März 2013 eine sensationelle Ankündigung in diesem Pressesaal fern von fast jeglicher Öffentlichkeit geben könnte – und das hat einen einfachen Grund: Johannes Paul II . hatte einst eine aufsehenerregende Neuerung in den Beziehungen eines Papstes zu den Gläubigen eingeführt. Wenn es irgendetwas Außergewöhnliches und Wichtiges zu sagen gab, dann tat Johannes Paul II . das direkt. Er sprach unmittelbar zu den Gläubigen, meistens am Sonntag vor dem Angelus-Gebet von seinem Fenster aus auf dem Petersplatz, wenn er sicher sein konnte, dass die Fernsehkameras ihn für Zuschauer auf der ganzen Welt einfingen. Ich erinnere mich noch gut an den Schock, den Johannes Paul II . damit auslöste, als er das

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