Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Englisch
Vom Netzwerk:
Kardinalbischöfe folgen die Kardinalpriester, zu denen etwa der Kölner Erzbischof Joachim Meisner zählt, und schließlich die Kardinaldiakone. Diese dürfen erst nach mindestens zehn Jahren im Stand des Kardinaldiakons den Papst darum bitten, zum Kardinalpriester aufzusteigen. Einer der Kardinaldiakone darf sich anlässlich einer Papstwahl darüber freuen, für einen kurzen Moment weltberühmt zu werden und das Interesse von mehreren Milliarden Menschen zu wecken: Es handelt sich um den rangältesten Kardinaldiakon – zuletzt war das der Franzose Jean-Louis Tauran –, der das Privileg hat, vom Balkon des Petersdoms aus den Namen des neuen Papstes zu verkünden.
    Sodano hatte aber noch eine weitere Fraktion gegen sich: die nur gemäßigt konservativen Kardinäle Südamerikas. Die hatten Angelo Sodano den größten Fehler seiner Karriere nicht verziehen. Sodano hatte nach seiner Entsendung 1978 als Nuntius nach Chile das Ausmaß der Grausamkeiten der Diktatur Augusto Pinochets nicht wahrgenommen oder wahrnehmen wollen. Dies wurde offenbar, als er den Papstbesuch von Johannes Paul II . 1987 in Chile organisierte. Johannes Paul II . wollte die Chilenen ermutigen, gegen den Diktator Pinochet und für die Demokratie zu kämpfen, und auf keinen Fall zusammen mit dem Diktator vor der Menge auftreten. Doch Pinochet legte den Papst herein, und Sodano ließ es zu. Bei ihrem Treffen im Regierungspalast von Santiago de Chile führte der Diktator den Papst nicht wie verabredet in das Wohnzimmer, sondern auf den Balkon, vor dem Tausende Chilenen warteten. Die ganze Welt sah das Bild, das Johannes Paul II . unbedingt hatte vermeiden wollen: der Papst vereint mit dem brutalen Diktator, der Tausende Chilenen hatte foltern und umbringen lassen. Nach dieser Imagekatastrophe, die Millionen Katholiken in Südamerika verstimmte, kam es zu einem heftigen Streit zwischen Johannes Paul II . und Angelo Sodano, der dieses Debakel unbedingt hätte verhindern müssen.
    Das Besondere an der Kardinalversammlung von 2013 war aber, dass gleich zwei Top-Personalien umstritten waren: neben der Nummer eins, dem Dekan der Kardinäle Angelo Sodano, auch die Nummer zwei, der Camerlengo (Kardinalkämmerer) Tarcisio Bertone, unter Papst Benedikt XVI . gleichzeitig auch langjähriger Kardinalstaatssekretär.
    Der Position des Camerlengo kommt in dem seit über 1000 Jahren herrschenden System der päpstlichen Wahlmonarchie eine besondere Bedeutung zu. Da im Augenblick des Todes eines Papstes alle Würdenträger der Kurie ihre Ämter einbüßen, braucht sich der neue Papst zu Beginn seiner Amtszeit nicht dadurch unbeliebt zu machen, dass er erst einmal alle am Hof, die ihm nicht wohlgesonnen sind, feuern muss. Fast alle Mitarbeiter haben ihren Job ja bereits verloren. Der Vatikan ist nun mal keine Demokratie, mit dem Tod oder eben Rücktritt des Monarchen sind auch alle bisherigen Ämterbesetzungen hinfällig geworden. Der neue Papst kann nun ohne Probleme bei null anfangen, er kann, wenn er will, bewährte Leute in ihre Ämter zurückholen.
    Doch am Hof der Päpste hatte es sich bereits vor knapp 1000 Jahren als nachteilhaft erwiesen, wenn ausnahmslos alle Mitarbeiter des Papstes bei dessen Ableben ihr Amt verloren. Einer zumindest sollte im Amt bleiben, nämlich der, der die Schatztruhen bewachte und darauf achtete, dass sie nicht geplündert wurden, weil nach dem Tod des Papstes sich keiner mehr dafür verantwortlich fühlte.
    Schon im 12. Jahrhundert richteten die Päpste schrittweise eine Camera Thesauraria ein, eine Schatzkammer, der ein Camerarius vorstand. Daraus ging die heutige Apostolische Kammer hervor, die lediglich in der Zeit, in der kein Papst auf dem Thron Petri sitzt, während der Sedisvakanz also, die Vermögen und Besitzungen des Vatikans verwaltet. Papst Paul VI . sollte am 15. August 1976 mit der päpstlichen Konstitution Regimini Ecclesiae Universae diesen altehrwürdigen Job des Schatzwächters der Kurie dem Camerlengo (Kardinalkämmerer) anvertrauen. Heute geht es nicht mehr darum, dass der Camerlengo dafür sorgt, dass die Kardinäle den Papst nicht bestehlen. Er ist derjenige, der den Tod des Papstes feststellt und sich um Verwaltung und Konklave während der Sedisvakanz kümmert. Er hat also eine Sonderrolle, weil er über den Tod oder Rücktritt des Papstes hinaus im Amt bleibt.
    Doch Tarcisio Bertone musste sich mit dem Schicksal abfinden, dass er der unbedeutendste Camerlengo seit Jahrhunderten war. Seine Hauptaufgabe,

Weitere Kostenlose Bücher