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Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Englisch
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nämlich den Tod des Papstes festzustellen, konnte er diesmal ja nicht ausüben, weil der Papst schlicht noch am Leben war. Die makaberste Aufgabe des Camerlengo übrigens hatte bereits Johannes Paul II . abgeschafft. Bei dem 1978 verstorbenen Papst Johannes Paul I. wurde letztmals das Ritual vollzogen, dass der Camerlengo dreimal mit einem silbernen, mit Elfenbein verzierten Hämmerchen auf die Stirn des Verblichenen klopfte und ihn dabei fragte: »Dormisne?« (»Schläfst du?«) Den Tod Johannes Pauls II . stellten bereits medizinische Geräte fest – eine Langzeitmessung ergab, dass keine Hirnströme mehr vorhanden waren.
    Da der Camerlengo Bertone dieses Mal auch keine Beerdigung zu organisieren hatte, konnte er nur das tun, was eigentlich seine unwichtigste Aufgabe ist: das päpstliche Appartement zu versiegeln. Dieser Akt erinnert noch an die Zeit, als der Kämmerer dafür sorgen musste, dass aus der päpstlichen Wohnung nichts geklaut wurde.
    Obwohl seine Karriere als Camerlengo also äußerst überschaubar verlaufen war, hatte Bertone, der ja gleichzeitig auch Kardinalstaatssekretär gewesen war, in der Kardinalsversammlung ein enormes Gewicht. Er war schließlich höchstrangiger Würdenträger aus der »Regierungsmannschaft« Papst Benedikts XVI . und deshalb der wichtigste Mann für den Übergang zum neuen Papst.
    Das Konklave von 2013 sollte von Beginn an charakterisiert sein durch die Feindschaft der beiden wichtigsten Männer, Sodano und Bertone. Der Grund hierfür lag darin, dass das Staatssekretariat unter der Ägide von Angelo Kardinal Sodano dank des charismatischen Karol Wojtyła auf die wichtigsten politischen Erfolge des Vatikans seit Jahrhunderten zurückblicken konnte.
    Während des Ersten und des Zweiten Weltkriegs hatte sich die katholische Kirche durch ihre Unfähigkeit blamiert, sich auf höchster Ebene gegen Kriegsgräuel und organisierten Massenmord auf dem christlichen, europäischen Kontinent zu engagieren. Fast alle Päpste dieser Zeit hatten versagt. Benedikt XV . (Pontifikat 1914–1922) hatte nicht verhindern können, dass sich katholische Franzosen und katholische Deutsche in Verdun massakrierten. Pius XII . (Pontifikat 1939–1958) hatte es geschafft, noch tiefer zu sinken. Er ließ im November 1939, wohlgemerkt nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen und nach den ersten Massakern an polnischen Juden, dem Führer Adolf Hitler seine persönlichen Glückwünsche durch den Nuntius Cesare Orsenigo überbringen, weil Hitler dem Bombenattentat Georg Elsners am 8. November 1939 in München entkommen war.
    Doch die Lichtgestalt Johannes Paul II . schrieb ein positives Kapitel der Weltpolitik des Vatikans. Selbst Michail Gorbatschow räumte bei seinem Besuch im Vatikan ein, dass der Druck des Karol Wojtyła auf das kommunistische Regime in Polen einen entscheidenden Beitrag zum friedlichen Ende des Sowjetimperiums geleistet hatte.
    Tarcisio Bertone wusste, dass er nicht einmal im Ansatz etwas Ähnliches vorzuweisen hatte. Sein Experiment der De-facto-Entmachtung eines Papstes durch den Kardinalstaatssekretär und den Apparat des von ihm geleiteten Staatssekretariats galt als gescheitert. Einen Papst, der sich die Geschäfte durch das Staatssekretariat weitgehend aus der Hand nehmen lässt, sollte es nicht wieder geben. Mit seinen Ränken spaltete Tarcisio Bertone – ebenso wie Angelo Sodano mit seiner Äußerung vom »sinnlosen Geschwätz« – das Kardinalskollegium in zwei Lager: in zu allem entschlossene Anhänger und erbitterte Feinde.
    Diese Polarisierung wurde noch verstärkt durch die Affäre um Carlo Maria Viganò, der – nachdem er Korruption und Vetternwirtschaft im Vatikan aufzudecken begonnen hatte – von Chefdiplomat Bertone weit weg in die USA versetzt wurde. Die Anhänger Bertones wollten auf jeden Fall verhindern, dass Viganò noch mehr herausbekam, während seine Gegner sich darüber empörten, dass am Sitz des Vikars von Jesus Christus redliche Aufklärer in die Wüste geschickt werden.
    Diese beiden Männer, die Kardinäle Angelo Sodano und Tarcisio Bertone, sahen nun am Vormittag des 4. März zu, wie die Kardinäle, einer nach dem anderen, auf das Evangelium schworen, um von da an Stillschweigen zu bewahren. Ausgerechnet die deutschen Kardinäle hatten sich an diesem ersten Tag der Beratungen der Kardinäle eine heftige Rüge eingefangen. Papstsprecher Federico Lombardi hatte genau aufgepasst. Er verkündete in der Pressekonferenz die Namen der

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