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Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition)

Titel: Franziskus - Zeichen der Hoffnung: Das Erbe Benedikts XVI. und die Schicksalswahl des neuen Papstes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Englisch
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beginnt
    Dienstag, 12. März, der erste Tag des Konklaves. Der Tag begann mit hektischem Gedränge im Hotel der Kardinäle, dem »Domus Sanctae Marthae«. Den Kardinälen waren die Zimmer zuvor bereits zugelost worden, jetzt mussten sie ihre Behausungen beziehen. Die Kardinäle erfuhren erst jetzt, ob sie zu den Glücklichen gehörten, die eine der 105 Suiten mit separatem Vorzimmer bekommen hatten, oder ob sie sich in einem der 26 kleinen Einzelzimmer einrichten mussten. Papstsprecher Federico Lombardi hatte der Welt mit seiner Erklärung ein Rätsel aufgegeben. Demzufolge seien die Unterkünfte nicht deswegen verlost worden, um Streit über die Zimmerverteilung zu vermeiden, sondern damit die Kardinäle sich nicht ihren Zimmernachbarn aussuchen könnten.
    Warum sollten sie sich ihren Zimmernachbarn aussuchen wollen? Ging der Vatikan davon aus, dass sich die Kardinäle nach dem Abendessen, also gegen 21 Uhr, noch aus ihrem Quartier zum Nachbarn schleichen würden, um da ein Fläschchen Wein zu köpfen? Nur ein Zimmer blieb an diesem Morgen leer. Es war die Suite 201, die sich von den anderen Räumlichkeiten lediglich dadurch unterscheidet, dass sie ein etwas pompöseres, aber aus ebenso bedrückend dunklem Holz wie die anderen Möbel gefertigtes Bett aufzuweisen hat und ein relativ hässliches Wohnzimmer. Dazu gibt es hier noch eine Art Vorzimmer, in dem ein Sekretär an einem Telefon Platz nehmen kann. Dort sollte der nächste Papst einziehen und vermutlich etwa eine Woche bleiben, bis das päpstliche Appartement nach seinen Vorstellungen umgebaut sein würde. Papst Benedikt XVI . war seinerzeit erst abends gewählt worden und hatte dann keine Lust mehr gehabt, noch am Abend umzuziehen. Er war in seinem Zimmerchen im Hotel der Kardinäle geblieben, um dort nachts auf Lateinisch seine Antrittsrede zu schreiben. Papst Franziskus sollte schließlich auch nicht gleich in die Suite einziehen, er blieb zunächst in seinem Zimmerchen.
    Nachdem an diesem Dienstag, dem 12. März, die Räume bezogen worden waren, eilten die Kardinäle zur Missa pro eligendo Romano Pontifice, die zum Auftakt des Konklaves gelesen wird, um Gottes Beistand herbeizurufen. Dieser 12. März 2013 schien zunächst keine große Chancen darauf zu haben, in die Geschichte der Päpste einzugehen, doch dann sollte es anders kommen.
    Papstsprecher Pater Federico Lombardi stellte beim Pressebriefing fest, dass nach dem ersten Wahlgang am Dienstag kaum weißer Rauch aufsteigen werde. Der erste Wahlgang an diesem Tag sei nichts weiter als ein Auftakt. Die Kardinäle hatten im Verlauf der Sitzungen der Kongregationen in der zurückliegenden Woche eigentlich Zeit genug gehabt, um ausführlich zu diskutieren. Allerdings gab es satte 161 Wortmeldungen, am letzten Tag vor dem Konklave hatten die Redebeiträge abgekürzt werden müssen. Es war nicht genug Zeit, dass alle sprechen konnten. Der Diskussionsbedarf schien ungeheuer groß zu sein.
    Am Montag zuvor sollten aus dem Kardinalskollegium Informationen durchsickern, die keinen Zweifel mehr daran ließen, dass sich ein Großteil der Kardinäle vor allem über die Skandale empörte, in die die Vatikanbank IOR verwickelt ist. Den meisten Purpurträgern leuchtet überhaupt nicht ein, dass ausgerechnet die Bank des Vikars Jesu nicht den Mindeststandards der Europäischen Union entspricht und zulässt, was auf der ganzen Welt verboten ist: nämlich Gelder zu transferieren, ohne dass man nachvollziehen kann, wer der Absender und wer der Empfänger ist. Nur einige wenige Inselstaaten der Karibik, die im dringenden Verdacht der Tolerierung von Geldwäsche stehen, agieren diesbezüglich ähnlich suspekt wie der Vatikan. Während der letzten, der zehnten Kardinalskongregation am 11. März hatte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone einräumen müssen, dass die italienische Staatsanwaltschaft so massive Vorwürfe gegen die Führung der Vatikanbank erhoben hatte, dass es zu spektakulären Konsequenzen kam.
    Die Deutsche Bank hatte dem Vatikan für den bargeldlosen Zahlungsverkehr Konten zur Verfügung gestellt, auf denen die Staatsanwaltschaft »irreguläre Bankbewegungen« nachweisen konnte. Das zwang die Deutsche Bank im Januar 2013 dazu, den bargeldlosen Zahlungsverkehr der Vatikanbank komplett einzustellen. Mit EC - oder Kreditkarte ging im Vatikan gar nichts mehr. Das hatte unter anderem zu langen Schlangen an den Schaltern der Vatikanbank geführt, weil die Touristen ihre Eintrittstickets nicht mehr bargeldlos

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