Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
Schlafzimmer. Darin gab es keine Fenster, nur eine kleine Dachluke, durch die ein wenig Licht hereinfiel. Der blaue Himmel färbte sich langsam violett, als der Abend anbrach. Neben dem großen Bett stand eine Lampe, deren Fuß die Form eines nackten, beleibten Amors hatte, der die Glühbirne mit den Händen festhielt. Sie schaltete sie ein, und das sanfte Licht fiel auf die blaugrüne Tagesdecke. In dem kleinen Kamin brannte ein Feuer. Sie wärmte sich die Hände daran und erfreute sich am Spiel der Flammen. Ein leises Lächeln stahl sich auf ihre Lippen.
Dann ging sie zurück ins Wohnzimmer und nahm eine Flasche Cognac aus einer Kommode neben dem Tisch. Sie goss sich ein Glas ein und setzte sich damit auf das große Sofa. Als sie die Beine anzog, war ein Hauch von Spitze unter dem Saum ihres Kleides zu erkennen. Es wirkte, als würde sie die hohe Palme mustern, die in der gegenüberliegenden Zimmerecke stand. Die Tür zum Schlafzimmer war einen Spalt geöffnet.
Sie war zu jung zum Heiraten. Diese Entschuldigung hatte sie ihrem Vormund genannt, der so tat, als würde sie links und rechts die Verehrer abweisen. Soweit sie sich erinnerte, hatte es bisher gerade mal zwei gegeben. Sie fand es ohnehin lächerlich, dass sie ihn fragen mussten. Vorerst schien er die Ausrede akzeptiert zu haben, aber das Eis unter ihren Füßen wurde dünner. Abgesehen von der Tatsache, dass sie bald fünfundzwanzig wurde und damit ganz und gar nicht zu jung war, auch wenn sie sich so fühlte, gingen auch all ihre Freundinnen langsam Ehen ein. In diesem Frühjahr war sie auf eine ganze Reihe von Hochzeiten eingeladen.
Ihre Freundinnen waren sehr praktisch veranlagt. Natürlich würden sie sich Liebhaber nehmen, sagten sie. Die Ehe war die einzige Freiheit, die einem Mädchen offen stand. Sie lebten schließlich nicht in Paris, und obwohl Biarritz durchaus Besucher aus interessanten Kreisen anzog, gab es für alleinstehende junge Frauen keine Gelegenheit, die Liebe zu erleben. Daher war die Ehe eher eine geschäftliche Vereinbarung, die man am besten so schnell wie möglich hinter sich brachte, damit der Spaß beginnen konnte.
Doch Oruela wollte etwas anderes, sie wollte mehr. Sie wusste zwar nicht genau, was das sein sollte, aber sie wollte das Leben erkunden. Wenn sie heiratete, dann nur aus Liebe. Die Ehe ihres Vormunds erinnerte sie immer an zwei Zombies. Schrecklich! Sie wollte etwas Besseres. Außerdem hatte sie noch eine andere geheime Ambition, die nichts mit der Ehe zu tun hatte. Sie wollte nach Paris, an die Sorbonne.
Eigentlich war sie nicht akademisch veranlagt, sondern eher romantisch, und sie stellte sich vor, wie sie in Henri Bergsons Philosophievorlesungen saß und von Künstlern und Intellektuellen wegen ihrer Schönheit und Brillanz bewundert wurde. Sie hatte ihre Brillanz zwar noch nicht bewiesen, aber sie war da und wartete nur darauf, sich zu entfalten. Darauf vertraute sie fest, auch wenn andere sie lediglich für sehr eigensinnig hielten.
Das Geräusch eines Schlüssels, der im Schloss herumgedreht wurde, ließ sie aus ihren Tagträumen aufschrecken. Jean betrat das Zimmer und sah noch besser und verliebter aus als jemals zuvor.
Augenblicklich fiel er Oruela zu Füßen und bedeckte ihre Hände mit Küssen. Sie lachte und schob seine kalten Kleidungsstücke zur Seite. Daraufhin sprang er auf, entledigte sich seines Mantels, den er auf den Sessel warf, und schleuderte seinen Hut gleich obendrauf.
»Oruela, Oruela«, stöhnte er.
Dieses Mal schob sie ihn nicht weg, sondern strich ihm über das glänzende Haar und küsste seine Nase.
Er berührte ihr Gesicht und seufzte, um dann mit dem Finger an ihrem Hals entlangzufahren, ihre schöne Schulter zu umfassen und zu seufzen. »Ich habe etwas für dich meine Liebste! Etwas ganz Besonderes, dass du es kaum glauben wirst! Ich wollte es dir schenken, seitdem ich zum ersten Mal davon erfahren habe. Es hat ein ganzes Jahr gedauert, bis ich es besorgen konnte!« Er holte ein in braunes Papier gewickeltes Päckchen hervor, legte es Oruela in den Schoß und sah sie erwartungsvoll an.
»Wie war es in Paris?«, wollte sie wissen.
»Paris? Mach dein Geschenk auf!«
»Das werde ich erst tun, wenn du mir wenigstens ein bisschen von Paris erzählt hast«, beharrte sie.
Jean lachte. »Paris war Paris! Es war wunderschön. Geschäftig. Mach dein Geschenk auf!«
»Hast du es aus Paris mitgebracht?«
»Es ist zumindest durch Paris gekommen«, berichtete er.
»Da sind ja
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