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Fratze - Roman

Titel: Fratze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ein trägerloses Futteralkleid aus metallisch schimmerndem Brokat, pink wie das brennende Zentrum einer bengalischen Fackel, dazu ein mit Schmucksteinen besetztes Top und einen abtrennbaren langen Seidentaftumhang mit Ballonärmeln.
    So gut, wie sie aussah, war Las Vegas mit all seinem Licht und Glanz auch nur eins von Brandy Alexanders Modeaccessoires.
    Brandy reckt die Arme mit den langen rosa Opernhandschuhen und schreit. So gut sieht sie aus, so gut fühlt sie sich in diesem Augenblick. Und der abtrennbare lange Seidentaftumhang mit Ballonärmeln trennt sich ab.
    Und segelt in den Verkehr von Las Vegas.
    »Fahr um den Block«, kreischt Brandy. »Der Umhang muss morgen früh wieder bei Bullock’s sein.«
     
    Als es mit Manus’ Karriere bei der Polizei bergab zu gehen begann, mussten wir täglich ins Fitness-Center, an manchen Tagen zweimal. Aerobic, Sonnenbank, Diät, alle Stationen des Kreuzwegs. Er war Bodybuilder, falls man einer ist, wenn man seine Mahlzeitenersatz-Shakes sechsmal täglich direkt aus dem Mixer über der Küchenspüle trinkt. Mit der Post erhielt Manus Badeanzüge, die man in diesem Land nicht kaufen konnte, winzige Mikrofasersäckchen mit Schnüren dran, die er anzog, sobald wir aus dem Fitness-Center kamen, um mich dann mit der Frage zu löchern, ob sein Hintern auch nicht zu flach sei.

    Ob ich, wenn ich schwul wäre, finden würde, dass er sein Schamhaar zurückschneiden sollte? Ob ich als Schwuler denken würde, er sehe zu verzweifelt aus? Zu distanziert? Ob seine Brust breit genug sei? Oder vielleicht zu breit?
    »Ich meine ja nur, es wäre mir sehr unangenehm, wenn die Typen bloß einen blöden Fettsack in mir sehen würden«, sagte Manus dauernd.
    Ob er, verstehst du, zu schwul aussehe? Schwule Männer wollen Männer, die sich normal verhalten.
    »Ich will nicht, dass die in mir nur einen dicken passiven Hintern sehen«, sagte Manus. »Als ob ich mich einfach hinlegen und von jedem ficken lassen würde.«
    Immer wenn Manus badete, hinterließ er einen Rand aus abrasierten Haaren und Bräunungscreme in der Wanne, und ich sollte das wegschrubben.
    Im Hintergrund lauerte immer die Vorstellung, auf einen Posten zurückkehren zu müssen, wo man mit Leuten zu tun hatte, die auf einen schossen, mit Kriminellen, die sowieso nichts mehr zu verlieren hatten und einen einfach umbrachten.
    Und vielleicht gelang es Manus ja, irgendeinen alten Touristen festzunehmen, der zufällig in die Schwulenecke des Washington Park geraten war, aber an den meisten Tagen lag der Revierleiter ihm in den Ohren, er solle endlich anfangen, einen jüngeren Ersatzmann auszubilden.
    An den meisten Tagen entwirrte Manus einen silbermetallicfarbenen getigerten Stringbikini aus der verknäulten Masse in seiner Unterwäscheschublade. Er zwängte seinen Arsch in dieses winzige Nichts und betrachtete sich im Spiegel, von der Seite, von vorn, von hinten, dann riss er es sich vom Leib und warf den ausgeleierten toten
Stofffetzen aufs Bett, nur damit ich ihn da sah. Er probierte alle Muster durch, Zebra, Tiger, Leopard, dann Gepard, Panther, Puma, Ozelot, bis ihm die Zeit ausging.
    »Muss man bei diesen scharfen Teilen nicht schwach werden?«, fragte er mich. »Sei ehrlich.«
    Und das ist also Liebe, sagte ich mir die ganze Zeit.
    Sei ehrlich? Ich hätte nicht gewusst, wo ich anfangen sollte. Ich war völlig aus der Übung.
     
    Nach Las Vegas mieteten wir einen Familienvan. Eberhard Faber wurde Hewlett Packard. Brandy trug ein langes weißes Baumwollpikeekleid mit offenen geschnürten Seiten und einem langen Schlitz im Rock, der für den Bundesstaat Utah absolut unangemessen war. Wir machten Halt und kosteten den Großen Salzsee.
    Das schien mir genau das Richtige.
    Und ich schrieb immer wieder, in den Sand, in den Staub auf unserem Wagen:
    vielleicht ist deine schwester in der nächsten stadt.
    Ich schrieb: hier, nimm noch ein paar vicodin.
     
    Als Manus keine Männer mehr dazu bringen konnte, mit eindeutigen Angeboten an ihn heranzutreten, fing er an, sich Schwulenmagazine zu kaufen und Schwulenclubs zu besuchen.
    »Recherchen«, sagte er.
    »Du kannst mitkommen«, sagte er zu mir, »aber du musst dich abseits halten, ich will keinen falschen Eindruck erwecken.«
     
    Nach Utah machte Brandy Hewlett Packard zu Harper Collins. In Butte, Montana, mieteten wir einen Ford
Probe. Harper saß am Steuer, ich auf den Rücksitz gezwängt, und Harper sagte in unregelmäßigen Abständen: »Wir haben jetzt hundertachtzig

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