Frau an Bord (Das Kleeblatt)
zurechtzukommen als Männer. Keineswegs wollte er damit Suses Martyrium abwerten. Sie hatte ungleich mehr durchgemacht als er. Doch er war nicht der Grund für ihr Leiden gewesen und das machte ihn stocksauer. Er wollte der absolute Mittelpunkt ihres Universums sein.
Himmel, wann war er ein solch blöder, selbstsüchtiger Mistkerl geworden? Und verliebte Männer waren noch schlimmer. Sie wollten, dass jeder Gedanke der Frau ihnen galt, dass all ihre Äußerungen sich ausschließlich um sie drehten. Zumindest war das bei ihm so. Bei dieser Frau.
„Ich brauchte fast ein Jahr, um wieder einigermaßen ruhig schlafen zu können. Du solltest vielleicht ebenfalls eine Therapie in Betracht ziehen. Es ist zwar eine langwierige Angelegenheit, aber inzwischen bin ich darüber hinweg.“ Sie schob eine Pause ein, in der sie sich fragte, ob es tatsächlich an dem war. „Na ja, zumindest kann ich wieder ganze Nächte durchschlafen. Ich habe gelernt, damit umzugehen.“
„ Ich brauche keine Therapie.“ Er stützte seinen Kopf auf die Hand. Sacht drehte er Suse auf den Rücken und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Während er mit den Fingerspitzen über ihre Stirn die Schläfen hinab zu ihren Wangen tastete, blickte er sie ernst an. „Mehr als alles andere habe ich ein Wiedersehen mit dir gebraucht, Susanni, die Möglichkeit zu einer Erklärung. Dich. Verstehst du?“
„Ich habe es uns mit meinem Rückzug ziemlich schwer gemacht.“
„Jetzt bist du hier.“
Suse spürte das Zögern in seiner Stimme und erwiderte mindestens ebenso vorsichtig: „Ja.“
„Wirst du … bleiben? Bei mir?“
„Adrian …“
Was sollte sie darauf antworten? Das war doch keine Frage, auf die es nichts als ein simples Ja oder Nein gab! Das ließ sich nicht mit ein paar Worten in der Früh um vier beantworten. Um genau zu sein, war das eine von diesen Fragen, die man ihr besser gar nicht erst stellte.
„Lass mir etwas Zeit.“ Sie verschränkte ihre Hände hinter Adrians Kopf und drückte ihn nach unten. Ihr Mund suchte seine Lippen.
„Zeit. Wofür?“
„Ich will dich.“
„ Das will ich auch, aber nicht, bevor ich die Antwort bekommen habe, die ich möchte.“
„ Oh. Schon klar. Nicht nur irgendeine Antwort, sondern die, die du möchtest?“
„ Wirst du bleiben?“
„ Warum vertraust du nicht einfach deinem Gefühl?“
„ Meinem … Gefühl?“ Die Vorstellung, etwas anderem als seinem Wissen und seinen Fähigkeiten zu vertrauen, schien ihn zu erschrecken.
„Du hast dich wirklich kein bisschen verändert.“
„Das würdest du nicht behaupten, wenn du unseren Alten gehört hättest. Er hat sofort bemerkt, wie sehr ich mich verändert habe.“ Er löste sich aus ihrer Umklammerung und fuhr sich mit affektiertem Gehabe über die grauen Schläfen.
Augenblicklich erstarb das Lächeln auf Suses Gesicht. „So habe ich das nicht gemeint und das weißt du ganz genau. Selbst wenn du schlohweiß wärst oder kein einziges Haar mehr auf dem Kopf hättest, würde ich …“
Er wartete geduldig darauf, dass sie ihren Satz beendete, während sie grübelte, warum sie zögerte, ihm diese drei Worte zu sagen. Würde es sie einmal mehr enttäuschen, wenn er ihr daraufhin nicht ebenfalls seine Liebe gestand?
Und e r wartete noch immer. Er war berühmt für seine Geduld und Ausdauer.
„Ich würde dich mein Leben lang wollen. Dich und nicht dein Aussehen, obwohl … Na ja, warum sollte ich das abstreiten? Dieser perfekt geformte Körper und dieses fein gemeißelte Gesicht mit dem sinnlichen Mund und den melancholischen Augen gefallen mir schon ausnehmend gut.“
Sie kuschelte sich dichter an ihn und ließ ihre Hand über die harten Muskeln seiner Brust und Oberarme wandern.
„Auch du hast diese Nacht nicht unbeschadet überstanden .“ Es klang wie eine Rechtfertigung für ihre eigenen Ängste und Zweifel, die sie lange Zeit beherrscht hatten und die zu kontrollieren ihr erst seit wenigen Wochen gelang.
Gleichmütig w ollte er abwinken, Suses Hand jedoch rieb über die Jeanshose an seinen Beinen und er ließ seinen Arm sinken.
„Rede darüber.“
„Was gibt es da zu reden?“
„ Du wirst staunen, eine ganze Menge. Oder darfst du als knallharter Typ keine Schwäche zeigen? Weil du alles, was deine Gefühle betrifft, im Griff hast? Ich glaube, in diesem Fall irrst du. Außerdem, wenn ich mit dir in den kommenden guten wie auch in schlechten Zeiten zusammenbleiben sollte, möchte ich vorbereitet sein. Ich will mit dir
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