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Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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darüber hören, warum er dieses Mal doch mit Matt’n auf einem Dampfer fuhr. Sie wollte ihn ebenso wenig auf ein Glas einladen, um ihn in ihrer Nähe zu haben, vielleicht zu reden und Erinnerungen aufzufrischen. Wahrscheinlich hatte sie sogar gehofft, er hätte seine Arbeit beendet und die Kombüse bereits verlassen, damit sie ihm nicht über den Weg laufen und diese bedeutungslosen Worte mit ihm wechseln musste.
    Was hatte er denn erwartet? Sie war ihm nicht ohne Grund während der vergangenen Tage aus dem Weg gegangen! Selbst beim Essen sah er sie selten einmal.
    „Wie soll ich die Zitrone schneiden?“
    „Nein, nein!“, gackerte Suse hysterisch wie ein aufgeschrecktes Huhn. Sie trat einen Schritt auf ihn zu, blieb jäh stehen und verschränkte die Hände auf dem Rücken. „Nein, lass nur. Danke, Adrian, ich mache das schon selber. Wie ich sehe, hast du noch eine ganze Menge zu tun. Puh, Abwasch! Da halte ich dich besser nicht länger von der Arbeit ab.“
    Mit gequältem Lächeln drehte er sich dem Tiefkühlfach zu und zerrte einen Beutel mit Eiswürfeln unter Büchsen Speiseeis und tiefgefrorenem Obst hervor.
    „Natürlich nicht“, presste er durch die zusammengebissenen Zähne. „Ich hätte es gerne für dich getan. Es macht mir keine Umstände, weißt du? Außerdem habe ich heute Abend sowieso nichts mehr vor. Ich hätte die ganze Nacht über Zeit für diese dämlichen Töpfe.“
    Seine Kopfschmerzen waren plötzlich mit solcher Wucht zurückgekehrt, dass sich ihm der Magen umzudrehen drohte. Er atmete flach und hektisch in der Hoffnung, die aufk ommende Übelkeit rechtzeitig abwürgen zu können.
    „Wie viel Eis benötigst du?“
    „Es ist … nicht viel. Lediglich für mich ein paar Stücke.“
    Er eilte aus der Kombüse und holte aus dem Wandschrank der Pantry eine Kompottschale. Seine Finger zitterten, als er das Eis aus dem Gefrierbeutel nahm und Susanne die gefüllte Schüssel reichte.
    „Keine großen Partys mehr wie früher?“
    „Nein, das ist vorbei. Ich danke dir.“
    Sie wagten nicht , sich in die Augen zu blicken.
    „Einen schönen Abend noch, Adrian“, beendete sie das völlig misslungene Gespräch. Dennoch verhielt sie einen Moment, als würde sie auf etwas warten. Auf ein Wort von ihm? Dass er die Hand ausstreckte und sie …
    „ Gute Nacht.“
    „ Tja. Also dann. Das wünsche ich dir ebenfalls.“
    Sie gab sich einen Ruck und drehte sich um.
    Wie betäubt blickte er ihr nach. Auch als sie die Kombüse verlassen hatte und er bloß noch ihre leichten Schritte hörte, die auf dem Weg den Niedergang nach oben leiser wurden, starrte er regungslos zur Tür.
    Bleib hier, Susanni! I ch flehe dich an, komm zurück! Ich habe so viel zu erklären.
    In der nächsten Sekunde stöhnte er laut auf und presste seine Hand auf den Magen. In der Ecke vor dem Spültisch ging er in die Knie. Der stechende Schmerz nahm ihm den Atem. Mit zitternden Händen wühlte er in den Taschen seiner Arbeitshose. Die Tropfen! Er schaffte es nicht mehr aufzustehen, um sich Zucker und einen Löffel aus den Schränken auf der anderen Seite der Kombüse zu holen. Als er endlich mit Mühe den Verschluss aufgedreht hatte, schluckte er die Tropfen gleich aus der Flasche.
     
    Nein, schwor sie sich in dieser Sekunde hoch und heilig, sie würde nie wieder so zeitig Feierabend machen. Erst hatte sie fast zehn Seiten in ihrem Tagebuch vollgeschrieben und währenddessen die Flasche Vermouth geleert, ohne dass sie es richtig bemerkt hatte oder eine Wirkung verspürte. Und jetzt lag sie trotz heißer Dusche schon eine geschlagene Stunde in ihrem Bett und fand keinen Schlaf.
    Das hat man davon, wenn man von seinen Gewohnheiten abweicht, schimpfte sie. Dabei war sie sicher, dass weder die Ruhe dieses Abends noch der Vermouth Schuld an ihrer Schlaflosigkeit hatten.
    Sie liebte Adrian! Hatte ihn immer geliebt und würde nie etwas anderes tun. Ob es ihr nun in den Kram passte oder nicht, die neuerliche kurze Begegnung mit ihm hatte ihre Ahnung vom ersten Abend bestätigt. Seit ihrem Gespräch auf dem Bootsdeck war ihr klar, dass sie lediglich ihren verdammten Stolz beiseiteschieben und „ja“ zu ihm sagen müsste. Dabei hatte sie ein ganzes Jahr lang jeden Gedanken an diesen Mann verdrängt.
    Vergebens, denn sie hatte ihn nie vergessen.
    Und jetzt stellte sich heraus, dass sie mit ihm nicht einmal unbefangen über Zitrone und Eis reden konnte! Grundgütiger, noch dämlicher hätte sie sich höchstens dann anstellen können, wenn

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