Frau an Bord (Das Kleeblatt)
ihre Worte auf der Zunge zergehen und fühlte, wie ihm die Brust derart anschwoll, dass ihm fast die Luft wegblieb. Er nickte leicht und strich über ihr seidiges Haar.
„Ich weiß.“ Und er klang wie jemand, dem nie Zweifel an seinem Platz in ihrem Leben gekommen waren.
Dummerweise hatte er nicht damit gerechnet, dass Suse ihn tatsächlich verstanden hat te. Deswegen schaute er umso schockierter in ihre mit einem Mal hellwachen Augen, die unerbittlich auf ihn gerichtet waren. Sie wartete geduldig. Aber sie hatte Adrians Hartnäckigkeit unterschätzt.
„Es macht nichts, wenn du nicht das sagen kannst, was ich mir erhoffe. Vielleicht … später einmal? Eines Tages? Irgendwann?“
„Ich … ich werde es … Es ist schon spät, Sanni. Lass uns schlafen und morgen über alles reden.“
„Willst du das wirklich?“
36. Kapitel
Am nächsten Tag bat der Kapitän seine Funkerin, der Reederei den Zeitplan vor dem Ablegen von Reede Lerwick mitzuteilen. Nur noch wenige Stunden also und die Ladearbeiten würden beendet sein. Es fehlten lediglich ein paar hundert Tonnen Fisch, bis die „Heinrich“ wieder auf Heimatkurs gehen konnte.
S eit Adrians Heiratsantrag hatte Susanne über seine Beweggründe gegrübelt und sich abstrakten Erörterungen überlassen, immer öfter verselbständigten sich ihre Gedanken, bis sie schließlich einen Entschluss fasste. Sie wusste jetzt, was zu tun war, da ihr Gewissen es ihr schon seit Tagen klarzumachen versuchte, bisher jedoch auf taube Ohren gestoßen war. Zugegeben, Adrian und sie kannten sich erst wenige Wochen, in dieser Zeit allerdings hatten sie übelste Gefahren wie einen Schiffsuntergang, Krankheit und Gewalt, Eifersüchteleien und eine Trennung mit unvorhersehbaren Folgen überstanden – bis sie sich schlussendlich bei ihrem Wiedersehen hatten eingestehen müssen, dass es nicht mehr und nicht weniger als echte, tiefe Zuneigung war, was sie verband. Liebe.
I n kürzester Zeit hatten sie mehr über den Charakter des anderen erfahren, als unter normalen Umständen möglich gewesen wäre. Sie wusste zwar noch immer nichts über seine Kindheit oder eine Familie, die möglicherweise irgendwo auf dieser Welt auf ihn wartete, doch sie wusste genug, um zu erkennen, dass er einer der Männer war, auf deren Wort man sich hundertprozentig verlassen konnte. Er bot ihr alles, was er hatte – mit Ausnahme seines Herzens. Sie war sicher, dass er sich um sie kümmern würde, und nach allem, was sie bisher durchgemacht hatte, war es fast unmöglich, dieser Versuchung zu widerstehen.
Das war gut zu wissen und äußerst beruhigend, ein vollständiges Bild von ihm gab es indes keineswegs ab.
Oder vielleicht doch?
Um mit ihm über das bevorstehende Ende dieser Reise und die unvermeidliche Frage nach dem Fortgang ihrer Beziehung zu reden, hatte sich Suse einen freien Nachmittag genehmigt, den sie mit ihm verbringen wollte. Jetzt lümmelte sie mit einem der zahllosen Bücher aus Adrians Kleiderschrank auf der Backskiste, bis der Küchenchef mit einer großen Kanne dampfend heißen, pechschwarzen Kaffees erschien.
Angestrengt versuchte sie , ihre Gedanken auf das Gespräch mit Adrian zu konzentrieren, aber ihre Augen wanderten immer wieder über seinen nackten Oberkörper und bewunderten die sehnigen Arme und muskulösen Schultern. Am liebsten hätte sie die Hände ausgestreckt, um die Kraft, die sich unter seiner glatten Haut verbarg, zu spüren. Er machte es ihr nicht gerade leicht, eine einigermaßen sinnvolle Unterhaltung zu führen, die sie möglichst unauffällig auf das alles entscheidende Thema, nämlich ihre Zukunft, bringen musste.
Sie schluckte sichtbar und zwang sich, den Blick über den Bund seiner Jeans zu heben. „Was war eigentlich dran an Simones Behauptung, du wärst ein Sternekoch? Hatte sie das wortwörtlich gemeint oder war das nur wieder einer ihrer Sprüche?“
„Ja.“
„Was – ja?“
„Ich bin Schiffskoch“ , erwiderte er bedächtig. „Und dass Simone über eine mitunter ausufernde Fantasie verfügte, sollte dir ungeachtet der kurzen Zeit, die ihr miteinander gefahren seid, nicht entgangen sein.“
Suse prustete enerviert, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt. „Eines Tages, mein lieber Freund, wenn du wieder etwas äußerst, ohne auf die eigentliche Frage zu antworten in der Hoffnung, ich wäre zu blöd, es zu bemerken, und wenn es mir besser in den Kram passt als heute, werde ich dir den Hals umdrehen wie einer fetten Weihnachtsgans“,
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