Frau an Bord (Das Kleeblatt)
Freund.“
„Ach ja? Das ist ja mal was ganz Außergewöhnliches. Du brauchst also meine Hilfe, sieh an“, sagte er leise. Er versuchte, bis zehn zu zählen, ehe er seine Antwort geben wollte, kam aber nur bis drei, dann brüllte er los: „Mit einem Mal?! Nachdem ich dir meine Hilfe seit Jahren bis zum Erbrechen angeboten habe und du sie immer und immer wieder abgelehnt hast, als sei ich nicht gut genug dafür!!“
„ Nicht … nicht gut genug?“, wiederholte Ossi verständnislos und starrte Clausing an. Er hätte kaum überraschter wirken können, wenn jemand seinen Haarschopf mit einem Amboss gekrönt hätte. „Ausgerechnet du solltest nicht … Was … was redest du da für einen unglaublichen Schwachsinn?“
„Ah, s o nennst du das also, wenn dir jemand die Wahrheit präsentiert? Na schön, damit musst du leben. Es hat mich schließlich auch einiges gekostet, mich daran zu gewöhnen, jedes Mal und jedes Mal aufs Neue eine Abfuhr von dir erteilt zu bekommen, wenn ich dir meine Unterstützung angeboten habe.“
Keine brauen oder grünen Augen konnten eine n derart mörderischen Zorn ausstrahlen wie dieser eisblaue Blick aus Clausings Augen. Wutschnaubend biss er die Zähne zusammen und schnappte sich eine Flasche Bier.
„ Ich habe deinen Stolz verletzt“, entschuldigte sich Ossi voller Anteilnahme. „Das war mir nie bewusst. Dabei ging es mir lediglich darum, dich nicht mit meinen Problemen zu belasten, weil du selber so viel mehr um die Ohren hattest. Dich vorsätzlich kränken lag nie in meiner Absicht, Matt’n.“
„ Vergiss es. Etwas anderes blieb mir letztlich auch nicht übrig. Ich für meinen Teil glaube kaum, dass ich dir einen brauchbaren Rat geben kann. Ausgerechnet in Bezug auf eine Frau! Als hätte ich nicht genug Ärger mit meinen eigenen Weibern.“
Der verächtliche Tonfall des Kapitäns ließ bittere Enttäuschung in Ossi aufsteigen. Er musterte seinen Freund eindringlich und fragte sich, ob er tatsächlich schon immer dermaßen stur gewesen war.
In diesem Moment traf ihn die Erkenntnis wie ein Schuss aus dem Hinterhalt und mit der Wucht eines Vorschlaghammers. Erschreckt ließ er Clausings Handgelenk los, das er noch immer wie in einem Schraubstock umklammert hatte.
Nein! Nicht stur. Matt’ n war nicht einfach bloß der starrköpfige Insulaner, den er seit zwanzig Jahren kannte. Matt’n war eifersüchtig! Matthias Clausing war eifersüchtig auf ihn. Offensichtlich hatte er sich gewisse Chancen bei Susanne ausgerechnet, was selbstredend kein Wunder war bei diesem Selbstbewusstsein und seiner kaum zu überbietenden Eloquenz. Matt’n wollte Susanne für sich und musste nach ihrem Tobsuchtsanfall vor einer Stunde vermutlich erst einmal verdauen, dass er sie nicht bekommen würde. Das erste Mal hatte er gegen ihn, den verklemmten Koch, bei einer Frau den Kürzeren gezogen.
„ Entgegen deiner Befehle, sie zu ignorieren, bildet sich die Hälfte der Männer ein, in Susanne verliebt zu sein. Ist es möglich, dass du befürchtest, es könnte dir ebenfalls so ergehen?“
Clausing versuchte mit einer ironischen Grimasse sein Entsetzen zu überspielen. Sie kannten sich beide so verdammt gut!
„ Himmel hilf! Von allen verrückten Einfällen, die dir jemals in den Sinn gekommen sind, scheint mir das der blödeste zu sein.“
Ossi nickte bedächtig und mit ausdrucksloser Miene. „Ich habe also Recht. Schon, als du in Susannes Kammer aufgetaucht bist, um sie zum Landgang abzuholen, habe ich vermutet, dass dir meine Anwesenheit dort ein Dorn im Auge war. Jetzt weiß ich es.“
„Sei versichert, mein Freund, ich gönne euch beiden euer Vergnügen – wie immer das auch aussehen mag“, knurrte der Kapitän gefährlich leise. „Bloß nehmt, verflucht noch mal, in Zukunft ein bisschen mehr Rücksicht auf eure gezwungenermaßen enthaltsamen Nachbarn!“ Er riss mit einer heftigen Bewegung seinen Arm in die Höhe. „Und nun mach, dass du verschwindest! Ich habe längst Feierabend und brauche meinen Schlaf.“
„Matt ’n, lass uns vernünftig darüber reden.“
„ Gibt es irgendeine Sprache, in der du ein Nein verstehst? Du willst darüber reden? Über Sex? Oder über Enthaltsamkeit? Ich kenne mich mit beidem aus, wie du dir denken kannst. Und ich weiß ganz sicher, dass es nichts mehr dazu zu sagen gibt. Ihr habt euch entschieden und meine Meinung ist nicht gefragt. Es ist einzig und allein eure Sache.“
„Ich hasse es, wenn du diesen Ton anschlägst.“
„Ach ja? Das tut mir
Weitere Kostenlose Bücher