Frau an Bord (Das Kleeblatt)
gelacht, wenn er, Locke, genannt der Unwiderstehliche, es mit diesem mickrigen Smutje nicht aufnehmen könnte. Siegessicher straffte er die Schultern. Wie zufällig rieb er seinen Unterschenkel an Suses Bein, während er sich angeregt mit Simone unterhielt.
Beim dritten Glas Gin Tonic, das er in sich hineinschüttete, als wäre es pures Wasser, hatte er sich eine Erfolg versprechende Strategie gebastelt, mit der er den offensichtlichen Konkurrenten über kurz oder lang todsicher ausschalten würde.
Zu fortgeschrittener Stunde lernte Susanne weitere Maschinen-Assistenten kennen, die auf demselben Gang wohnten wie Simone, Adrian und sie. Auf den sechs Quadratmetern hatten allen Ernstes acht Personen bequem Platz. Auch dem rothaarigen E-Mix begegnete Suse wieder, E-Mix, Mixer – nicht Pumuckel, sondern der Bordelektriker! Na, das hätte er ja gleich sagen können! Nicht immer bestätigte sich der erste Eindruck von einem Menschen, stellte sie angenehm überrascht fest und trank mit dem Mixer Brüderschaft.
Wie immer sprach es sich ein em Lauffeuer gleich unter der Mannschaft herum, wo es etwas zu feiern gab. So drängten sich nach dem Wachwechsel um Mitternacht zwei weitere Matrosen vom Steuerbord-Gang in Simones Kammer. Botho Buske, der Vollmatrose, der Susanne bei ihrer Ankunft an der Gangway begrüßt hatte, erschien mit einem Arm voll Bierflaschen ebenso wie Enko Teske, der lange Bäcker.
Mit einem Mal sprach niemand mehr herablassend von der „Neuen“ und trotz anfänglicher Skepsis musste Suse zugeben, dass die Gespräche mit den Männern nicht nur zweideutig und shocking waren, sondern vor allem lustig und unterhaltsam. Damit war sie also in die aufeinander eingeschworene Mannschaft aufgenommen und das ganz ohne die obligatorischen Rituale wie Kielschwein füttern, Palstek braten, Schweinsrücken aus der Kühllast holen, Lümmel reiben, Schleppgelenk-Verbände wechseln oder all die anderen Scherze, die man angeblich aus Langeweile und zur allgemeinen Belustigung mit den Landratten trieb.
Die Männer wieherten vor Lachen, als Susanne erleichtert anmerkte, sie hätte schon die ganze Zeit darauf gewartet, dass man sie Flutmesser und Mittagsbesteck aus der Pantry holen ließ. Ihre Freunde von der Seefahrtsschule, die „guten Tiere“, waren davon überzeugt gewesen, gerade sie als Frau würde nicht davon verschont bleiben, die Lange Trompete blasen oder Kettennüsse knacken zu müssen.
Eine kräftige Hand legte sich mit leichtem Druck auf ihren Oberschenkel und Suse blickte fragend auf. Sie solle sich keine Gedanken darüber machen, da dies doch alles lediglich Seemannsgarn ihrer Kommilitonen gewesen sei, die ihr mit Schauermärchen über die angeblich rauen Scherze der Seeleute Angst zu machen versuchten, erklärte ihr Adrian in beruhigendem Ton. In Wirklichkeit wurde heute kaum noch eine Landratte auf diese Art an Bord willkommen geheißen.
Nein, mit Adrian Ossmann an der Seite konnte ihr tatsächlich nichts passieren. Mit einem zufriedenen Seufzer lehnte sie sich zurück, ohne sich daran zu stören, seinen ausgestreckten Arm in ihrem Rücken zu spüren.
I hr Blick wanderte über die erhitzten und vom Alkohol geröteten Gesichter der Männer, während sie über eine merkwürdige Beobachtung nachsann. Nicht einer, nicht einmal die ansonsten recht aufgeschlossene Stewardess, hatte sich bislang darauf eingelassen, auf ihre Fragen mit Einzelheiten zu antworten, wenn sie sich damit zu weit ins Private vorwagte. Und das begann bei den meisten der Anwesenden schon mit der Frage nach Familienstand und möglichen Kindern. Selbst Adrian war ziemlich sauer geworden, weil sie sich nach seinem Alter erkundigt hatte.
Nein, berichtigte sie sich nachdenklich, eigentlich war er erst ärgerlich geworden, nachdem sie seine Antwort angezweifelt hatte. Als würde er annehmen, sie bezichtigte ihn der Lüge! Was selbstverständlich Unsinn war. Komisch, ansonsten schien er sich durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen. Vielleicht …
Das war selbstredend noch größerer Quatsch. Sie hatten sich wohl ganz einfach missverstanden.
Im nächsten Moment überkam sie ein widersinniges Gefühl von Wehmut. Das schien ihr allmählich zur Gewohnheit zu werden, wenn sie die Zeiten Revue passieren ließ, die sie mit ihren Männern, den „guten Tieren“ und ihrer Freundin Bea an Bord des Zeesenbootes „Tina“ verbracht hatte. Im Gegensatz zur Mannschaft dieses Schiffes kannten die Kommilitonen und Freunde jedes kleine und
Weitere Kostenlose Bücher