Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
Vom Netzwerk:
scheinbar unwichtige Detail ihrer Lebensgeschichte.
    War man hier nicht daran interessiert , den anderen näher kennenzulernen? Zugegeben, niemand wusste, auf welches Schiff man von der Reederei als nächstes abkommandiert wurde. Betrachteten die Jungs es aus diesem Grund als nicht lohnenswert, eine Freundschaft aufzubauen? Wie lange dauerten die Fahrten innerhalb von Ost- und Nordsee? Mit dem Laden und Löschen wohl nicht länger als ein oder zwei Wochen. War die Seefahrt also wie geschaffen für Egozentriker?
    „Was hast du?“, hörte sie Adrians Stimme dicht an ihrem Ohr.
    Si e hatte sich derart in ihre Gedanken versenkt, dass sie erschreckt zusammenzuckte. Der Hauch seines Atems in ihrem Nacken bescherte ihr eine Gänsehaut. Fröstelnd schlug sie die Arme um ihren Körper.
    „Ist dir kalt? Ich werde dir eine Jacke holen“, bot er an und nahm seinen Arm von der Rückenlehne, um ihn mit einem offenbar angeborenen Beschützerinstinkt und mit gespielter Unbekümmertheit um ihre Schulter zu legen.
    Suse rückte ein Stück von ihm ab und gewahrte im gleichen Augenblick Lockes süffisantes Grinsen. Dafür hätte sie ihm glatt eine reinhauen können. Oh, wie sie diesen arroganten Kerl verabscheute!
    „ Eine Jacke wäre nicht schlecht“, entgegnete sie mit leicht verwaschener Stimme und hob Adrians Hand von ihrer Schulter, ohne sie loszulassen. „Ich glaube nämlich, ich muss erst mal an die frische Luft. Simone geizt ziemlich mit dem Tonic-Wasser.“
    Leicht wankend stand sie auf, Adrian im Schlepptau und darum bemüht, die anzüglichen Bemerkungen und Pfiffe der Männer zu überhören.
    Oh , verflucht! Sie wurde schon wieder rot.
    Er nicht.
     

7 . Kapitel
     
    Wie im Flug verging Susannes erste Reise als Funkassistentin auf der „Fritz Stoltz“, was selbstredend kein Wunder war, hatte diese doch lediglich acht Tage gedauert. Fasste Suse diese Zeit mit kritischem Auge zusammen, konnte sie zumindest behaupten, sich an Bord zurechtzufinden, was hieß, dass sie sich nicht mehr allzu häufig verlief und obendrein imstande war, Back- und Steuerbord voneinander zu unterscheiden. Sie wagte sogar zu glauben, inzwischen von einem Teil der Mannschaft nicht nur als Frau, sondern sogar als Offizier akzeptiert zu werden. Dieser Eindruck verstärkte sich natürlich an solchen Abenden, an denen sie eine „Tagung“ in ihrer Kammer anberaumt hatte. Dann steppte der Bär, denn Großzügigkeit, Frohsinn und Spaß an Geselligkeit gehörten zu Suses hervorstechendsten Charaktereigenschaften.
    Vie l wichtiger jedoch war ihr, wie sich die freundschaftliche Beziehung zu Stewardess und Koch entwickelte. Es war eine stille Übereinkunft zwischen Adrian und ihr gewesen, vor der übrigen Besatzung kein Wort über ihr Verhältnis zu verlieren. Ihr Instinkt riet ihr zur Vorsicht, da bereits ein klein wenig zu viel an Intimität unter Umständen Anlass für Auseinandersetzungen werden konnte. Andererseits war ihr klar, dass es lediglich eine Frage der Zeit war, bis auch die Offiziere Bescheid wüssten. War das Theater um Babsi nicht der beste Beweis für die Tratschsucht der Männer und ihre Gier nach Neuigkeiten in der Abgeschiedenheit auf See?
    Weil es sie in ihrem momentanen Freudentaumel selbstverständlich drängte, ihr Glück in alle Welt hinauszuposaunen, ließ sie keine Gelegenheit aus, um mit Simone über Adrian zu reden. Und auch ihr Tagebuch füllte sich in der Hauptsache mit Schwärmereien für den Koch. Wie immer, wenn ihre Gedanken zu dem eigentlichen Zweck ihrer Anwesenheit an Bord wanderten, verdüsterte sich dagegen ihre Miene. Die Bilanz, die sie ziehen konnte, fiel vergleichsweise mager aus. Sie hatte nichts gelernt. Absolut. Nichts! Hans Nienberg breitete nach wie vor seine Arme schützend über die Technik im Funkschapp, als könnte Suse mit ihrer bloßen Gegenwart die Funktionstüchtigkeit der Sende- und Empfangsanlagen stören.
    Wieder stieg leiser Unmut in ihr auf. Sie legte den Kugelschreiber aus der Hand und griff nach der Kaffeetasse, um mit dem Inhalt ihre Unzufriedenheit zu ertränken. Selbst die Tatsache, dass der Kaffee von Adrian extra für sie gebraut worden war, änderte nichts an ihrer Verärgerung.
    Beate Schenke im fernen Paris hatte nicht den geringsten Grund, sie zu beneiden. Was also könnte ihre Freundin noch interessieren – abgesehen von Adrian? Was sollte sie Tag für Tag in das Buch schreiben, da die Tage ja doch einer wie der andere verliefen? Abwechslung? Ha, von wegen! Sieben Tage in der

Weitere Kostenlose Bücher