Frau an Bord (Das Kleeblatt)
angeschwollene Nase Suses kleinem Bodyguard Ronald zu verdanken hatte.
André kochte innerlich, wenn er nur daran dachte. Am meisten wurmte ihn, dass der neue Decksmann keinen Deut besser als sein Vorgänger war. Genau wie Skujin scharwenzelte inzwischen Berner um Suse herum. Und diese zickige Deern genoss das alberne Getue mit offensichtlichem Vergnügen! Wieso stellte sie sich dann ausgerechnet bei ihm an wie eine alte Jungfer? Verstehe einer diese Weiber!
„Ist noch was?“, hörte er die Stimme des Wachoffiziers, der mit ausgebreiteten Armen hinter ihm stand und ungeduldig darauf wartete, dass sich Locke in Bewegung setzte.
Bei seinem zweiten Versuch, das Vorschiff zu erreichen, dauerte es erheblich länger, bis Gaubert wieder auf der Brücke auftauchte. Sein anschließender Rapport fiel kurz und vernichtend aus. Alle möglichen Gerätschaften, Kannen, Kisten, Werkzeug und schwere Blöcke, hatten sich bei dem andauernden Sturm aus ihren Halterungen gerissen und rollten in wüstem Durcheinander durch das Kabelgatt. Würden sie sich nicht umgehend ans Aufklaren machen – und dazu würde es verdammt noch mal mehr als lediglich zwei Hände brauchen –, müssten sie mit verheerenden Schäden rechnen.
Möser s Kopf schoss alarmiert nach oben, als Locke berichtete, Rasmus sei bereits durch eine undichte Scheinwerferöffnung in das Kabelgatt eingedrungen. Grundgütiger, Wasser war das Letzte, was sie bei diesem Seegang im Schiff gebrauchen konnten!
Keine zehn Minuten nach dem verzweifelten Hilferuf des Wachoffiziers erschien der Alte auf der Br ücke. An Mösers Unsicherheit bei nautischen Entscheidungen hatte sich Rupert Frisko längst gewöhnt, weswegen er sich zu Beginn der Wache des Dritten auf eine höchstens kurze Verschnaufpause eingestellt hatte. Tatsächlich hatte er nach Dienstende lediglich seine Uniformjacke abgelegt, um sich zu rasieren und anschließend dem unvermeidlichen Schreibkram zu widmen.
Dem jungen Nautiker fiel ein gewaltiger Stein vom Herzen, als der Kapitän weder tobte noch wütete, sondern wortlos zum Kugelschreiber griff, um die Zeit seines Erscheinens auf der Brücke ins Schiffstagebuch einzutragen. Kleinlaut bedankte sich Lutz Möser bei Frisko, der abwinkte, ihn ansonsten keines Blickes würdigte. Stattdessen hörte er sich Andrés Bericht vom Zustand des Kabelgatts an, ehe er mit besorgter Miene Svend Berner losschickte, um den Bootsmann, den Storekeeper und zwei der wachfreien Matrosen zu wecken.
„Ist außer uns noch jemand in dieser Suppe unterwegs? “
„Bisher habe ich keinen ausmachen können.“
Nachdenklich beugte sich der Alte über das Radarsichtgerät. Die Sache gefiel ihm nicht, sie gefiel ihm ganz und gar nicht.
„ Was ist nun mit dem Klopfen, das ihr gehört haben wollt?“, erkundigte er sich barsch.
Lutz Möser zuckte unschlüssig die Achseln , äußerte nach kurzem Zögern dennoch eine vage Vermutung, die, sollte sie sich bestätigen, für das Schiff das Schlimmste befürchten ließ. „Wurde die Ladung in Rotterdam eigentlich in allen Räumen eben getrimmt?“
„Natürlich!“ Friskos Kopf fuhr mit einem ungewohnten Tempo vom Radargerät in die Höhe, sodass sich der Dritte verunsichert ein Stück weiter zurückzog. „Die Stauereifirma hat damals unverschämt viel für den Einsatz ihrer Spezialraupen berechnet. Dabei wäre es mit normalen Geräten genauso gut gegangen. Ich habe mich höchstpersönlich davon überzeugt, dass die Jungs auch noch den letzten Schüttkegel platt gewalzt haben.“
Seine Augen nagelten den Dritten fest, als er drohend einen Schritt auf ihn zu trat. „Was soll diese blöde Frage? Ha st du damals gepennt, dass du das Theater nicht mitbekommen hast?“
Höchst ungern wurde Frisko an die endlosen Diskussionen mit dem holländischen Vertreter der Stauerei erinnert, obschon er sich nach einem heftigen Wortgefecht letztendlich durchgesetzt hatte. Da allerdings ein Trimmen laut Charterpartie nicht vereinbart gewesen war, ging dieser Sonderwunsch des überkorrekten deutschen Kapitäns zu Lasten des Schiffes. Und wie es zu seinen Lasten ging! Angesichts der immensen Mehrkosten würden die Sesselpupser von der Reederei garantiert im Quadrat springen, wenn ihnen die Rechnung präsentiert wurde. Frisko war in diesem Moment froh, dass ihm noch einige Wochen Galgenfrist blieben, bevor er dem Finanzer von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen und diese Ausgabe rechtfertigen musste.
Der Dritte zog den Kopf ein, als er weitersprach:
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