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Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Schulter. „Mach ich, Kleiner. Wenn Sie den Mixer sehen, schicken Sie ihn zu mir. Wenn nicht … mmmh, brauche ich ihn trotzdem. Die Vier dort vorne schaffen das sicherlich ohne Sie. Und noch was, selbst wenn Sie wachfrei haben, sollten Sie sich weiterhin zur Verfügung halten. Und nehmen Sie Handschuhe aus dem Schapp mit. Die sollten Sie in Zukunft ohnehin immer bei sich tragen.“
    Jons Linke deutete mit einer knappen Kopfbewegung auf ein Regal an der Rückwand, überlegte es sich dann jedoch anders und schüttelte den Kopf. „Nein, warten Sie, es ist besser, Sie holen sich Ihre eigenen Handschuhe …“
    Wieder hielt er inne und starrte mit zusammengekniffenen Augen auf die Wassertropfen, die an der Fensterscheibe herab liefen. Mit einem Blick auf den Krängungsanzeiger ergänzte er: „Nehmen Sie bei der Gelegenheit gleich Ihre Rettungsweste mit. Ich hoffe, Sie wissen, wie sowas aussieht und wo Sie die in Ihrer Kammer finden. Es ist unverantwortlich, bei diesem Wetter oben ohne an Deck zu spazieren. Ein Mann-über-Bord-Manöver können wir uns gerade nicht leisten. Ist schon bei glatter See ein aussichtsloses Unternehmen.“
    E r nickte dem kleinen Decksmann zu und rief mit aufmunternder Stimme: „Und nun verschwinden Sie endlich!“

1 4. Kapitel
     
    Rupert Frisko hatte nach dem Wachwechsel um Mitternacht die Brücke verlassen, sich jedoch lediglich eine kurze Pause gegönnt. Niemand sollte ihm vorwerfen können, er würde den Ernst der Lage unterschätzen, in der sich sein Schiff in dieser stürmischen Herbstnacht befand. Und tatsächlich wunderte es niemanden, als er auf der Brücke auftauchte, obwohl mittlerweile sein Erzfeind die Wache angetreten hatte. In der Stunde der Gefahr sollte es wohl möglich sein, über seinen Schatten zu springen und persönliche Differenzen hintanzustellen, dachte er in einer Anwandlung von kindlichem Trotz. Ich bin der mit den vier Streifen auf dem Ärmel. Jetzt, angetan mit kompletter Uniform, stellte er unmissverständlich klar, wer ab sofort wieder das Sagen auf der Brücke hatte.
    Nachdem ein Insider am Anfang der Reise verbreitet hatte, Jons Linke würde auf Friskos Abschussliste an oberster Stelle stehen, wusste jedermann an Bord, dass sich der Alte und der Second am liebsten aus dem Weg gingen. Genauso ging das Gerücht, der Zweite sei clever genug, dem Alten nicht den geringsten Anlass für den ersten Schuss zu liefern. Jons Linke hatte zwar nie den Ehrgeiz entwickelt, selber als Kapitän ein Schiff zu führen, seine fachliche Kompetenz dagegen musste sogar der Alte anerkennen.
    Friskos Blick wanderte zu dem kleinen Krängungsanzeiger unter der Glasfront. Das Schiff neigte sich zwischen mittschiffs und fünfundvierzig Grad Steuerbord. Er war nicht so blauäugig zu behaupten, die ständige Schräglage würde nicht weiter zunehmen, nichtsdestotrotz hoffte er, der Kahn würde es von allein aus dem Sturm schaffen. Danach könnte er immer noch in aller Ruhe über ein Umpumpen des Ballastes nachdenken. Oder dem Ersten fiel etwas Brauchbares ein, wie etwa das Gegenfluten. Oder sollten sie lieber eine Kursänderung vornehmen, um die Resonanzschwingungen zu dämpfen? führte er sein stummes Selbstgespräch fort. Er brauchte unbedingt eine zweite Meinung, ging es ihm durch den Kopf, als er den fragenden Blick seines Second wie einen Messerstich im Rücken spürte.
    V on dem auf jeden Fall nicht!
    Mit finsterer Miene fuhr er herum. „Was ist?“, blaffte er gereizt.
    „W ir werden das nicht alleine schaffen.“ Linke tippte mit dem Zeigefinger auf eine Stelle des aufgeschlagenen Schiffstagebuches. „Vor einer Dreiviertelstunde hat ein anderer Dampfer unseren Kurs gekreuzt.“
    „ Na und? Was dagegen? Ich selber habe ihn gesehen und die Eintragung vorgenommen. Was soll dieser Kommentar?“
    „ Warum hast du keinen Kontakt zu ihm aufgenommen? Wir hätten ihn zum Beistand verpflichten müssen. Oder bildest du dir ein, du würdest unbeschadet davonkommen?“
    Sollte er am Verstand des Zweiten zweifeln oder ihn für seine Dreistigkeit ohrfeigen? Um Beistand bitten, was in seinen Augen nichts anderes bedeutete, als vor der Situation zu kapitulieren, sich geschlagen geben, seine Hilflosigkeit eingestehen! Erwartete der Second das allen Ernstes, um dann wie so oft hinter seinem Rücken über ihn und sein Unvermögen herziehen zu können?
    Der Alte schaute mit verkniffener Miene zu Jons Linke und herrschte ihn an: „Noch so ein Vorschlag, Freundchen, und du fliegst von der

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