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Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Frau an Bord (Das Kleeblatt)

Titel: Frau an Bord (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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dem Griff, um das geschlossene Schott zu öffnen. Das befand sich jetzt direkt über ihrem Kopf, da die Schlagseite unaufhörlich zunahm. Völlig ausgepumpt und keuchend hing sie an dem oberen der beiden stählernen Hebel und mühte sich redlich, ihn nach unten zu drehen. Getreu dem Prinzip der maximalen Schweinerei rührte er sich allerdings nicht einen Millimeter vom Fleck.
    Oh, nein! Das kann nicht wahr sein! Wieder begann Suse innerlich zu zittern. Ein Meter trennte sie von der rettenden Öffnung ins Freie. Warum musste ausgerechnet jetzt dieses Ding klemmen? Blieb ihr in dieser Nacht denn gar nichts erspart? Sie drückte und schob mit wachsender Verzweiflung an dem Griff, ohne dass ihre Kraftanstrengung das kleinste bisschen Erfolg versprach.
    Bitte, geh auf! Bloß ein winziges Stück. Ein lächerlicher Spalt reicht mir schon, wenn ich mich dünn mache. Ich will raus hier!
    Mit äußerst bildhaften Worten verwünschte sie nicht allein den Mann, der es auf ihr Herz abgesehen hatte, und das Schiff, das im Begriff war unterzugehen, sondern inzwischen genauso den Rettungskragen, der den Aktionsradius ihrer Arme erheblich einschränkte. Fühlte es sich so an, wenn man in einer Zwangsjacke steckte, bewegungsunfähig, hilflos und unendlich wütend angesichts dieser Ohnmacht? Die Vernunft hielt sie davon ab, das möglicherweise rettende Schaumstoffpaket einfach vom Oberkörper zu streifen. Die nächsten unflätigen Sprüche waren an ihre geringe Körpergröße gerichtet. Sie musste sich auf Zehenspitzen stellen, um von der Wand, auf der sie stand, bis zum Schott zu reichen. Bald schon erlahmten ihre Arme und sackten bleischwer nach unten.
    Ratlos , erschöpft und entmutigt zugleich, ließ sie sich auf die Fersen nieder und überlegte fieberhaft. Was sollte sie jetzt machen? Ihr war klar, dass man sie draußen nicht hören würde, selbst wenn sie noch so laut rufen und schreien oder gegen das Schott hämmern würde. Und wenn sie versuchte, auf die Steuerbordseite zu gelangen? Möglicherweise begegnete sie auf dem Weg dorthin einem der Männer, der ihr helfen konnte.
    Allein die Vorstellung, wieder in die Dunkelheit des Schiffes einzutauchen, sich unendlich lang erscheinende Gänge auf die gegenüberliegende Seite kämpfen zu müssen, raubte ihr fast den Verstand. Wie weit würde sie kommen? Und wer konnte schon sagen, was sie dort erwartete? Vielleicht stand bereits alles unter Wasser. Oder die Boote waren längst weg.
    Als das laute Ächzen des sterbenden Schiffes durch die verbrauchte Luft hallte, schrie Suse erschreckt auf. Sie spürte die Vibrationen der Stahlwände bis in Mark und Bein. Ihr unsteter Blick tastete sich den Niedergang hinab, als würde sie erwarten, dass das schmutzig braune Wasser sie eingeholt hatte. Angesichts der Ausweglosigkeit verwandelte sich ihre Angst in blankes Entsetzen. Sie drängte einen Schluchzer zurück und presste sich die flache Hand auf die Brust.
    Bleib ruhig. Bloß nicht in Panik ausbrechen, denn das ist das Letzte, was dich nach draußen bringt. Tränen erweichen höchstens gefühlsduselige Schotten, aber keine festgeklemmten Schotte. Lass dich nicht verrückt machen, nur weil dieser eine Weg nach draußen versperrt bleibt. Es gibt unter Garantie noch ein Dutzend anderer Möglichkeiten, um ins Freie zu gelangen.
    Genau so war es, s ie musste lediglich ihren Verstand gebrauchen. Eventuell ließ sich der untere Verschluss leichter aufsperren? Natürlich war es unmöglich, das Schott auf das Bootsdeck zu öffnen, wenn nicht beide Hebel aufgedreht werden konnten. Aber irgendwo musste sie einen Anfang machen. Und mit viel Glück schaute ja gerade in dieser Sekunde einer der Männer in diese Richtung und bemerkte, wie sich der Hebel auf der anderen Seite des Schotts bewegte. Vorausgesetzt, da draußen war überhaupt noch jemand.
    Sie durfte nicht kampflos aufgeben.
    Nein, sie musste ein Deck tiefer und von dort aus nach draußen. So würde sicher lich ein Schuh draus. Bis dorthin war das Wasser ganz bestimmt noch nicht gedrungen. Und es konnte einfach nicht sein, dass sich nicht wenigstens ein Schott auf diesem belämmerten Kahn öffnen ließ! Langsam kam sie auf die Beine und holte tief Luft.
     
    „Hoch mit dir, Köchlein! Allmählich sollten wir uns sputen. Unsere einzigartige Suse wartet gewiss schon auf dich, du Wirtschaftswunder.“
    Svend und Rolf halfen dem Verletzten auf die wackligen Beine. Arm in Arm stolperten die Männer den Niedergang entlang.
    „Wir müssen auf das

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