Frau Edelweiß und der Nato-Gipfel: Ein Schulkrimi - Der erste Fall von Frau Edelweiß (German Edition)
vorbei. Die Biene hatte Unterrichtsschluss. Gewöhnlich hielt sie sich nicht lange im Schulhaus auf, sondern war schon 10 Minuten später draußen. In der Großherzog-Friedrich-Straße, die ihre Fortsetzung über dem Holzbrückchen erfuhr, brach wieder das Autochaos aus. Ein Dutzend Fahrzeuge parkten kreuz und quer in dieser Einbahnstraße, die offiziell als Spielstraße deklariert war. Ungeduldige Mütter und Väter warteten auf ihre Kinder. Alles ging wild durcheinander. Seine Verwunderung konnte er nicht zurückhalten. Die Deutschen waren doch solche Paragraphenreiter, aber sie waren nicht in der Lage eine ungefährliche Parksituation für die Schule herbeizuführen. Tatsächlich war die Verkehrssituation nicht ungefährlich, fast musste er ein Kind vor einem rückwärts fahrenden Auto retten. Da kam sie schon. Wieder dieser Blick. Hoffentlich hatte sie nichts bemerkt. Er war ganz anders angezogen. Er war als älterer Herr verkleidet, trug einen Bart und eine dunkle Brille. Dazu einen Mantel, der seine Körperformen verhüllte. Doch es blieb dieses ungute Gefühl. So wie sie schaute. Sie selbst war wieder in ihren unförmigen Blouson gewandet, der ihre rundlichen Formen sehr ungünstig betonte. Sie machte ein ernstes Gesicht und war wieder mit allerlei Taschen bepackt. Eine Teekanne linste aus dem einen Einkaufskorb hervor. Die schwarze Ledertasche schien sehr schwer zu sein. Griffbereit hielt sie schon den Autoschlüssel in der Hand, der Schulschlüssel lag im Korb. Er war gespannt auf ihre Reaktion. Hinter einem Baum konnte er das parkende Auto gut beobachten. Es war köstlich. Zuerst schloss sie ganz normal den Kofferraum auf und wollte ihre Taschen hineinlegen, dann erst bemerkte sie die Glasscheibe und das fehlende Radio. Menschen konnte er sehr gut einschätzen und so verwunderte es ihn auch nicht, dass nun ein lautes Fluchen von der andern Uferseite herüberkam. Wild gestikulierend stapfte sie schnurstracks zur Schule zurück. Wie erwartet hatte sie ihre Taschen im Auto abgelegt. Nur der Autoschlüssel war noch in ihrer Hand. Sie war zu aufgeregt um achtsam zu sein. Er wartete bis sie wieder im Schulgebäude war. Bald konnte er ihre wilde Stimme durch das geöffnete Sekretariatsfenster vernehmen. Jetzt war Schnelligkeit gefragt. Im Kofferraum fand er, wonach er gesucht hatte. Die Lösung seiner Probleme fiel ihm geradezu in den Schoß. Ein kurzer Griff durch den glasfreien Fensterrahmen und der Generalschlüssel lag in seinen Händen. Natürlich trug er feine Handschuhe und selbstverständlich hatte er immer eine Abdruckmasse für Schlüssel zur Hand. Er durfte den Schlüssel nicht stehlen. Dann würden sie alle Schlösser austauschen und er wäre so weit wie am Anfang. Nun musste er nur noch warten. Niemand durfte ihm diese Gelegenheit vermasseln. Im Auto passte er darauf auf, dass sich niemand anderes an Frau Edelweiß Tasche vergriff. Einmal ging ein verdächtiger älterer Herr dicht am Auto vorbei, aber selbst dieser bemerkte nichts von der verlockenden Gelegenheit.
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Merkel war da, Barak war da, Sarkozy und alle die andern großen und kleinen Staatsmänner des Nato – Bündnisses. Tausende Polizisten hatten die Stadt Kehl und Baden – Baden im Griff, die Hundertschaften der französischen Polizei in Strasbourg kümmerten sich um die Sicherheit in ihrer Stadt. Die Presse war da. Die Demonstranten waren da. Hier und da eine eingeschmissene Schaufensterscheibe. Müll, viel Müll. An allen Ecken und Enden konnte man die Altlasten entdecken. Die Sperrungen waren da. Kilometerlange Staus auf der A5, die in beide Richtungen für Stunden gesperrt war. Obwohl die Sperrungen lange im Voraus bekannt gemacht worden waren. Die Grenzübergänge waren gesperrt. Nicht nur die Europabrücke zwischen Strasbourg und Kehl, nein auch die beiden Grenzbrücken links und rechts davon. Die Pierre-Pflimlin Brücke bei Goldscheuer und der Rheinübergang bei Freistett. Wie sollten da die Berufspendler zu ihren Arbeitsstätten kommen? Immense Umwege mussten in Kauf genommen werden. Die meisten Arbeitgeber hatten da schon im Voraus die Werke stillgelegt, mit ungewissem Ausgang, wer die Kosten dafür tragen würde. Die Flugzeuge landeten auf dem Flughafen Lahr, der aus einem Überbleibsel des kanadischen Militärstützpunktes entstanden war. Der Tross kam und ging. In Strasbourg war die Situation im wahrsten Sinne des Wortes brenzlig geworden. Während die deutschen Polizisten auf Deeskalation aus waren, ging die
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