Frau Edelweiß und der Nato-Gipfel: Ein Schulkrimi - Der erste Fall von Frau Edelweiß (German Edition)
Rechnung jenseits des Rheins nicht auf. Die Demonstranten brannten das Zollhaus, eine Apotheke und ein Hotel direkt nach dem Grenzübergang nieder. Das Zollhaus war sowieso nicht gerade eine architektonische Sensation, auch das flache Gebäude, in dem die Apotheke untergebracht war, hatte eher den Charme eines Blechcontainers. Da war es nicht Schade drum. Aber die schwarzen Rauchwolken waren bis ins Umland zu sehen. Die Verunsicherung und die Ängste der Bevölkerung schienen sich zu bestätigen. Der Rauch verflog und irgendwann zogen auch die Demonstranten ab. Sie machten sich wieder auf ihren Weg nach Hause, kehrten zurück in ihr normales Leben, zu ihren oft unscheinbaren Existenzen. Man wunderte sich fast, wofür so ein großer Aufwand betrieben worden war, angesichts der Reibungslosigkeit des gesamten Ablaufes. Anschläge – Fehlanzeige. Es wurden einige Männer verhaftet, die sich gewaltsam den Zugang zur Sicherheitszone verschaffen wollten. Ihre wilden Gesten und die selbstgebastelten Protestplakate konnte man in Ermangelung richtiger Krawalle in den Nachrichten der Welt sehen. Die Leibwächter schienen sich zu langweilen. Manche berühmten Politiker hatten sich sogar des Nachts unters Volk gemischt, fast unbemerkt. Diese Millionen verprasst für zwei Tage Politikerschaulaufen! Was für eine unnötige Verschwendung. Oder gab es Geheimnisse? Verbarg man etwas vor der Allgemeinheit?
Alle Gebäude in Kehl waren größtenteils vor Zerstörung verschont geblieben, auch die Friedrichschule. Hier und da ein Graffiti, das war es schon. Am ersten Schultag nach diesem Großereignis rieb man sich verwundert den Schlaf aus den Augen. Alles beim Alten. Die Schüler standen wie jeden Morgen auf dem Schulhof. Eine Spur ungeduldiger und lauter als sonst, denn sie hatten ein verlängertes Wochenende und ein Spektakel sondergleichen erlebt. Die, die nicht auf der Insel wohnten, konnten wenigstens in den Nachrichten sehen, was sich nur wenige Meter von ihren Wohnungen abgespielt hatte. Jetzt hatte sie der Alltag wieder im Griff. Die Lehrerinnen trudelten ab 7.00 Uhr in der Schule ein. Der Hausmeister beschwerte sich über die Stromverschwendung. „Das Licht hat sicher wieder die ganze Nacht gebrannt“, tobte er im Lehrerzimmer rum. Frau Rose schaute ihn verständnisvoll an. „Wer weiß, vielleicht haben es sich hier Demonstranten bequem gemacht?“ Frau Munding bemerkte trocken: „Hauptsache mein Klassenzimmer ist in Ordnung, denn ich habe keine Lust die ganzen Freiarbeitsmaterialien noch mal zu machen. Bezahlt bekommen wir ja nichts dafür von der Stadt. Wir sollen keine Kopien machen, wir sollen modern unterrichten, wir sollen differenzieren, aber vor allem soll es niemanden was kosten. Die Rechnung geht nicht auf, denn mich kostet es etwas. Und dann noch das Geschwätz von den faulen Lehrern. Ich bin froh, dass alles noch ganz ist. Die Arbeit, die da drin steckt.“ Frau Rose konterte: „Jetzt tu doch nicht so. Mit der Edelweiß kannst du dich noch nicht messen.“ „Ja, die mit ihren 15 Regalen, den Rekord kann hier niemand mehr schlagen.“ „Mit dem Auto alles in Ordnung?“ „Auto, ich komm doch schon lange nicht mehr mit dem Auto. Seit damals dieser Junkie mein Auto innen verwüstet hat, lasse ich das in der Garage stehen. Kannst du dich nicht mehr daran erinnern?“ „Oh, ja natürlich..“ Das Telefon klingelte. „Das nervt. Da könnte der Radeck doch mal drangehen. Etwas muss er doch schließlich tun für sein Geld.“ „Hier Friedrichschule, Munding am Apparat. Ja, hmhm, gut ich schreibe es auf. Ihr Sohn ist hiermit entschuldigt, gut.“ In einem Intervall nach dem anderen kamen die Kolleginnen und die zwei Junglehrer in das Klassenzimmer. Vor den drei Kopierern bildeten sich Schlangen. Das Telefon klingelte ununterbrochen. „Geht vielleicht mal jemand ans Telefon“, jammerte jemand, „ich habe Kopfschmerzen.“ „Dann geh doch selbst“, konterte eine andere. „Ah, neh, meistens muss ich dann irgendwelche blöden Schüler entschuldigen, das ist doch so unwichtig, dass die fehlen sieht man dann doch schon.“ Frau Edelweiß mischte sich ein: „Ich sehe eigentlich nicht ein, warum wir das tun sollen. Sonst ist der Radeck doch immer so scharf auf Elterngespräche, der soll es machen. Übrigens, wo ist der eigentlich? Der hat gar keine Kontrolle geschoben auf der Treppe. War ganz überrascht.“ „Ja, komisch!“ „Ich glaube dem ist der Nato-Gipfel zu Kopfe gestiegen.“ „Hast du mitgekriegt, der
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