Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
Vom Netzwerk:
kopfschüttelnd, mal grinsend. Und sie hatte sich Sorgen gemacht, daran gezweifelt, dass sie willkommen war, dass sie überhaupt noch etwas auf der Welt verloren hatte. Durch das Küchenfenster sah sie den blauen Himmel, der doch allein schon Grund genug war, noch ein bisschen weiterzumachen. Und sie hatte diese beiden Kerle. Geschundene Krieger, neben denen auch sie jetzt keine so schlechte Figur mehr abgab. Als hätte das irgendeine Bedeutung. Entscheidend war, dass man lebte, so gut es gerade ging. Da konnte Herr Li noch so klug daherreden mit seiner asiatischen Philosophie. Das war wie mit dem Essen. Es war ja nicht nötig, jede Wahrheit immer in der Fremde zu suchen. Dann blubberte das Wasser.
    »Ich fass es nicht«, murmelte Klaus.
    »Keine Fragen«, hörte sie Sascha hinter sich. »Alles ist gut.«
    »Na los, jetzt greifen Sie schon zu. Nach dem, was Sie getrunken haben.«
    »Um Helena wurde nicht härter gekämpft«, sagte Klaus jetzt schon ein wenig lauter. Dann grinste er. »Ella macht mich alle.«
    »Das wird schon wieder«, lachte sie. »Trinken Sie, und nehmen Sie ein Croissant. Sie müssen sich stärken.«
    »Allerdings. Denn das wird heute Abend gefeiert, aber richtig!«

22

    DA LÄCHELTE SIE WIEDER still vor sich hin. Ihre Verwandlung von einer bemitleidenswerten Alten in eine Dame von mondäner Grandezza war beeindruckend wie beim ersten Mal, letztlich aber ohne Bedeutung. Aus dem Augenwinkel beobachtete er ihr Gesicht. So hatte sie auch am Morgen immer wieder gelächelt, als sie Stunde um Stunde, Kaffee um Kaffee am Küchentisch gesessen hatten. Die meiste Zeit schweigend. Sogar Klaus. Schön. So war das.
    Eigentlich hatte diese ganze Geschichte mit der Rückkehr von Lina schon ihr Happy End gehabt, zumindest für ein paar Stunden. Warum sollte das Glück diesmal länger dauern? Er hätte weniger Anlass zum Grübeln gehabt, wenn Klaus nicht verschwunden wäre, wieder mit diesem Gesichtsausdruck voller Ankündigungen. Aber das konnte nicht sein, nach allem, was sie erlebt hatten, was er erzählt hatte. Es konnte nicht sein, dass Klaus sich in den Kopf gesetzt hatte, Lina wieder ins Spiel zu bringen. Man durfte nicht übertreiben mit dem großen Glück. Manche Dinge funktionierten einfach nicht, und das aus gutem Grund. Ein Leben, in dem alles klappte, wäre ja gar nicht zu schaffen, schon von der Zeit her. Und es war schon Ereignis genug, dass Klaus sie in diesen Nostalgieschuppen verfrachtet hatte. Der Küchentisch hätte ihnen vollkommen gereicht, ihm und Frau Ella. Trotzdem, er war glücklich, konnte die Zweifel nur denken, nicht fühlen.
    Sie sollten nicht warten, hatte Klaus gesagt, als er sie vor diesem seltsamen Club abgesetzt hatte, und offengelassen, warum sie dann überhaupt hierher mussten. Der Rahmen passte überhaupt nicht zum Bild, zu diesem plötzlich so stillen Glück, das Frau Ellas Wiederkehr mit sich gebracht hatte. Und viel zu früh waren sie außerdem, noch immer die einzigen Gäste in dieser besseren Schützenhalle. Doch Frau Ella lächelte. Also lächelte er auch. Immerhin bestand die Möglichkeit, dass es später noch ganz nett würde, mit einem Orchester anscheinend. Der Tanzboden, um den die Tische angeordnet waren, glänzte, die weißen Tischdecken strahlten im Scheinwerferlicht. Klaus hatte sich sicher etwas dabei gedacht. Vielleicht ein spiritistischer Abend, bei dem man mit diesem grauen Tischtelefon Richtung Jenseits kommunizierte. Sie würden versuchen, Frau Ellas Verstorbenen zu erreichen, diesen Stanislaw fragen, was er sich dabei gedacht hatte, mit jemandem wie Frau Ella ein so langweiliges Leben zu führen. Oder man erreichte mit dem Tischtelefon die Kellner, die bislang keinerlei
    Anstalten machten, sie zu beachten, geschweige denn zu bedienen. Langsam fragte er sich, ob sie den Abend hungrig verbringen würden. Denn so weiß die Tischdecken auch waren, so wenig war zu erkennen, ob hier überhaupt gegessen wurde.
    »Herr Ober«, hörte er Frau Ella rufen, und tatsächlich überwand sich einer der Herren nach kurzem Zögern und bemühte sich zu ihnen an den Tisch.
    »Und?«
    »Hätten Sie denn nicht etwas Einfaches zum Abendessen. Der junge Mann fällt uns sonst noch vom Stuhl.«
    »Ka Ka Ka Ka, seit sechsundsiebzig Jahren«, murmelte der Kellner.
    »Aha«, sagte Frau Ella.
    »Kohlroulade, Kasseler, Königsberger Klopse. Aber nur bis neun, dann ist die Küche zu. Kohlroulade und Kasseler sind heute aus. Also die Klopse? Dreimal? Dazu Bier?«
    »Gerne«, sagte Frau

Weitere Kostenlose Bücher