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Frau Ella

Frau Ella

Titel: Frau Ella Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Beckerhoff
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nicht so beschissen gewesen, hätte er sich darüber amüsieren können, dass jetzt sogar Klaus seine gute Laune verlor.
    »Pass auf«, sagte Klaus da schon wieder fröhlicher und schaute nach hinten, um den Wagen rückwärts einzuparken. »Wenn sie die letzte Nacht überlebt hat, dann überlebt sie auch noch eine, oder? Ich meine, sie muss doch irgendwo untergeschlüpft sein. Und wenn nicht, dann ist doch eh alles egal, oder? Also die Nacht, die jetzt kommt, die zählt doch sozusagen gar nicht, oder?«
    »Du glaubst dir doch selbst nicht.«
    Klaus sah ihn an. Er rang noch mit sich. Er wollte glauben.
    »Ist doch alles Scheiße.«
    »Sag ich ja.«
    »Mann, und daran ist echt nur dieser Pfleger schuld. Ich fass es nicht.«
    »Man hat’s halt nicht in der Hand.«
    »Lass uns mal ein paar Bier holen und einen neuen Plan machen«, sagte Klaus und stieß die Fahrertür auf. »Bringt ja nichts, dein Haus zu observieren, oder?«
    »Morgen geh ich zu den Bullen«, sagte Sascha zu sich selbst. Das ging doch nicht, dass so ein Mensch einfach verschwand. Das konnte doch nicht sein. Klaus steuerte zielstrebig den Asialaden an. Er folgte ihm, wartete dann aber draußen. Das hätte gerade noch gefehlt, jetzt diesen Alten zu treffen, der sich garantiert nach Frau Ella erkundigen würde. Er schloss schon mal die Haustür auf und wartete, bis Klaus endlich mit zwei prall gefüllten Tüten aus dem Laden kam.
    »Irgendwie war der komisch, der Alte.«
    »Ist ja auch nicht mehr ganz früh.«
    »Als hätte ich dem was getan.«
    »Unsinn. Komm, lass uns saufen. Das ist doch alles Scheiße.«

    In seinem Schreibtisch fand Sascha sogar eine Kerze. Die stellte er ins Fenster, damit Frau Ella den Weg zurück leichter fand. Irgendwo machte man das so, hatte er mal gelesen, also würde es sicher auch hier nicht schaden. Die Kassette mit den alten Tangos lag noch draußen. Da musste er jetzt einfach durch. Wenn er sich schon betrank, dann wollte er auch leiden. Klaus saß schon rauchend auf dem Sofa. Vor ihm der Couchtisch voller Bierflaschen. Das alles war so sinnlos pathetisch, dass es fast schon wieder schön war, eine verzweifelte Schönheit, die er sehen, aber nicht genießen konnte. Er setzte sich neben Klaus, der ihm ein Bier mit den Zähnen aufmachte. Dann tranken sie schweigend. Die Scheibe hinter der Kerze zeigte flackernd ihr Spiegelbild. Der Dicke und der Dürre hinter Bierflaschen, dazu der argentinische Tango, knisternd aus einer anderen Zeit.
    »Das Schlimmste«, flüsterte Klaus, »das Schlimmste ist die Unsicherheit.«
    Der Satz stand im Raum, viel brutaler, als sich der Moment anfühlte. Niemand würde bei Kerzenschein Tango hören, wenn er auf den Anruf irgendeines Entführers oder der Polizei wartete. Ja, er war verzweifelt, aber da war auch ein kleines bisschen Glück. Eine Erinnerung an Glück vielleicht.
    »Sag mal, fändest du das irgendwie anrüchig oder pervers, wenn ich mich in Frau Ella verliebt hätte?«
    »Schwachsinn. Das denkst du nur, weil sie jetzt weg ist. Das sind eigentlich Schuldgefühle.«
    »Vielleicht, ja. Aber trotzdem. Ich meine, sie ist doch auch ein Mensch, ein bisschen älter halt. Meinst du nicht, dass man sich in die verlieben kann?«
    »Liebe gibt es, damit man sich für jemand entscheidet, mit dem man sich fortpflanzen kann, also jedenfalls von wegen der Evolution.«
    »Und was ist mit Schwulen, oder Unfruchtbaren, oder Alten untereinander, oder Nonnen und Mönchen mit ihrem Jesus?«
    »Das sind halt Ausnahmen. Alle sehen immer nur die Ausnahmen, deswegen sind alle so durcheinander.«
    »Das könnte von Frau Ella sein. Trotzdem, eine ganze Menge Ausnahmen. Ich glaub jedenfalls, dass ich mich verliebt hab. Ich denke die ganze Zeit nur an sie, ich vermisse sie, ich überlege, was sie hierzu und dazu sagen würde, ich möchte ihr Kaffee kochen, also morgen früh jedenfalls. Ich habe noch nie für jemanden Frühstück gemacht, in den ich nicht verliebt war. Das ist sicherer als ein Schwangerschaftstest.«
    »Und untenrum? Tut sich da was?«
    »Quatsch. Das hat nichts mit Liebe zu tun. Das ist ja das Missverständnis. Das ist eine ganz andere Baustelle, das ist mir erst jetzt richtig klargeworden. Also Lina zum Beispiel liebe ich sozusagen ausgehend von ihrem Körper. Der war sozusagen der Impuls, der das in Gang gesetzt hat, was nicht heißt, dass ich sie nur auf ihren Körper reduzieren würde. Er ist einfach das Fundament, auf dem dann der Rest stehen muss. Und Frau Ella, na ja, da ist der Impuls

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