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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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verbrannt. »Ououououou.«
    »Bitte, kann ich meinen Rucksack und mein Handy
haben?«
    »So ist’s recht, Frau Specht!« Der Riese reichte ihr
Handy und Rucksack.
    Im Rucksack befand sich eine fast leere Flasche Wodka.
Als sie die Flasche bei Annika hatte mitgehen lassen, war sie noch halb voll
gewesen. Daher also der Filmriss. Eine Zahnbürste war auch darin, ein Handtuch,
ein T-Shirt und zwei Paar Slips. Außerdem steckten in einer Seitentasche ein
paar Fotoausdrucke, die Autos in irgendeinem Wald zeigten, eine
zusammengefaltete Stofftasche und Annikas Smartphone.
    Sie versuchte, ihr Telefon anzuschalten. Der Akku war
leer. Vielleicht hatte sie mit Annikas Handy mehr Glück. Das Teil war ziemlich
teuer gewesen, man konnte damit fotografieren, filmen, Musik hören und surfen.
Sie schaltete es an, Strom war noch welcher da. Dummerweise war der Zugang mit
einem Passwort geschützt.
    Typisch Annika, immer misstrauisch. Sie dachte nach.
Annika schwärmte des Öfteren von einem ziemlich kaputten Sänger, dessen Tod mit
einer Überdosis zu tun gehabt hatte. Aufs Geratewohl gab sie ein: »KurtCobain«.
Volltreffer.
    »Bist du jetzt froh, Königstochter?«
    Der Riese konnte ganz schön nerven mit seinem Gelaber
von der Königstochter. Aber das sagte sie ihm besser nicht. Der Akku von
Annikas Telefon war gleich leer, sie musste sich beeilen. Sie öffnete das
Navi-Programm. Wäre nicht schlecht, etwas genauer zu wissen, wo sie
festgehalten wurde. In diesem Moment klingelte das Handy.
    »Kevin ruft an«, verkündete das Display. Das Monster
sprang auf sie zu und starrte auf das Mobiltelefon.
    »Kann ich?«, fragte sie den Riesen.
    »Kann ich was?«
    »Kann ich den Anruf entgegennehmen?«
    Der Riese schüttelte die Hände wieder so, als ob er
sie sich verbrannt hätte. »Ououououou.«
    »Ich verrat dich auch nicht«, versprach sie. »Ich kann
auf laut stellen!«
    »Ei gut!«, sagte er unwillig und starrte sie voller
Misstrauen an.
    »Annika?«, fragte die Stimme des Anrufers. Kevin, das
Miststück.
    »Hier ist Marie.«
    »Marie, das kleine Schwesterchen? Wieso geht Annika
nicht ran? Kann ich mal Annika haben?«
    Der Typ hatte keine Ahnung. Eigentlich war alles wie
immer. Mittlerweile hatte das Navi ihren Standort gefunden. Warum zeigte das
blöde Teil keine Karte, sondern gab Grad nördlicher Breite und östlicher Länge
an? In welchen Menüunterpunkt war sie geraten? Aber vielleicht hatte das sein
Gutes. Sie kopierte die Daten.
    »Nö. Die hat der Notarzt geholt«, antwortete sie auf
Kevins Frage.
    »Was ist los?«, blaffte das Miststück.
    »Wahrscheinlich liegt sie in irgendeinem Krankenhaus.
Die hat sich am Samstag voll die Kanne gegeben.«
    Nachricht an Anrufer verfassen . Kann nicht sprechen, bin hier. Kopierte Daten
einfügen . Brauche Hilfe. Marie. Nachricht versenden.
    »Nichts schreiben«, brummte der Riese.
    »Wer redet da?«, fragte Kevin.
    »Alles im grünen Bereich. Fast. Hast du heute schon
Nachrichten gesehen?«
    Mit einem Hinweis auf die Schwäche des Akkus
verabschiedete sich das Handy.
    ***
    Mayfeld war vom Kultur- und Tagungshaus nach
Kiedrich gefahren. Gerade als er in den Keller des Weinguts hinabsteigen
wollte, um die allabendliche Vermessung und Verkostung des gärenden Weins
vorzunehmen, klingelte sein Mobiltelefon. Es war Eva Felsen, die er auf ihrer
Mailbox um einen Rückruf gebeten hatte. Sie war zu Hause, erwartete allerdings
einige Kollegen als Gäste. Mayfeld verabredete sich mit ihr für den nächsten
Tag.
    Dann ging er zu den Fässern im Keller, maß Temperatur
und Oechslegrade des Federweißen, notierte die Werte mit Kreide auf dem Fass,
probierte. Während alldem ging ihm Hollers Gesicht nicht aus dem Sinn. Der
Blick, der ins Leere ging. Das bizarre Arrangement, das er gestern in ihrer
Praxis vorgefunden hatte. Die nüchterne Art, in der der Rechtsmediziner heute
Mittag ihren Körper zerlegt hatte.
    Er verließ das Kellergewölbe wieder. Julia hatte den
Tag über in der Küche gearbeitet und das Essen für den Abend in der
Straußwirtschaft vorbereitet. Jetzt war sie zu Hause. Er fasste einen
Entschluss. Auch wenn es seine Pläne für den Abend durcheinanderbrachte, war
das Treffen bei Eva Felsen vermutlich eine Gelegenheit, auf einen Schlag
mehrere Kollegen von Sylvia Holler zu befragen. Er telefonierte mit seiner
Frau, setzte sich in seinen Wagen und fuhr los.
    Eva Felsens Haus lag in der Georgstraße in
Wiesbaden-Frauenstein, einem kleinen, von Obst und Weinbau geprägten
Straßendorf. Die

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