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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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vor fünf Jahren verstorben, an einem
Herzinfarkt aus heiterem Himmel«, berichtete von Altenburg-Regen. »Das war ein
schwerer Schlag für Sylvia. Die beiden hatten leider keine Kinder. Ansonsten
gibt es noch einen Bruder, Georg Fromm, ein Winzer aus Lorch. Zu dem hatte sie
eine eher schwierige Beziehung.«
    »Ein echter Kotzbrocken«, polterte Krafft. »Vom
Weinmachen versteht er überhaupt nichts. Sein Weißwein ist oxidativ, der
Rotwein dünn. Da kauft die Plörre natürlich niemand.«
    »Und was macht Fromm außer seiner Weinqualität so
unsympathisch?«, hakte Mayfeld nach.
    »Als Sylvias Mann vor fünf Jahren starb, hat sie eine
erhebliche Summe von der Lebensversicherung ihres Mannes bekommen«, berichtete
Krafft. »Ihr Bruder hatte nichts Besseres zu tun, als sie drei Wochen nach
Ferdis Tod, da war seine Urne noch nicht unter der Erde, wegen des Geldes
anzugehen. Sie habe eine Verpflichtung der Familie und dem Weingut gegenüber,
er wolle den Keller modernisieren, Weinberge zukaufen und so weiter. Sylvia
wäre fast weich geworden. Ich habe ihr das ausgeredet. Ich kenne den Mann nicht
näher, aber ich kenne seinen Wein, und das reicht in dem Fall völlig.«
    »Ihre Kollegin wollte heute einen schwierigen Fall
vorstellen. Weiß jemand, worum es sich da gehandelt haben könnte? Hat sie
vielleicht in letzter Zeit über einen besonderen Fall gesprochen?«
    »Es ist natürlich vom Datenschutz her problematisch,
die Polizei über Details aus den Behandlungen zu informieren«, sagte
Friedensreich.
    »Datenschutz hat in einem Mordfall nicht die erste
Priorität«, versetzte Mayfeld.
    »Wann hat er die je?«, fragte Friedensreich spitz.
    »Sind die schwierigen Fälle denn jetzt alle des Mordes
verdächtig?«, meldete sich Rieke Felsenstedt zu Wort.
    »Sie hat zuletzt über die magersüchtige Tochter einer
Pfarrersfamilie berichtet«, sagte Krafft. »In gärend Drachengift hast du die
Milch der frommen Denkungsart mir verwandelt.«
    »Wie bitte?«
    »Das ist ein Zitat von Schiller, aus ›Wilhelm Tell‹.
Das Mädchen wiegt noch dreißig Kilo, die war vermutlich nicht die Mörderin. Und
der Herr und die Frau Pfarrer wahrscheinlich auch nicht.«
    »Hat sich Ihre Kollegin bedroht gefühlt? Gab es einen
Fall, in dem Gewalttätigkeit eine Rolle gespielt hat? Vielleicht ist es
hilfreich, wenn sich jeder von Ihnen an sein letztes Gespräch mit der Kollegin
erinnert. Was hat sie zum Beispiel gesagt, als sie anrief, um ihr Kommen heute
Abend anzukündigen, Frau Felsen?«
    Eva Felsen dachte einen Moment nach. »Sie hat gesagt:
›Ich habe einen absolut schwierigen Fall. Die Realität ist in den
therapeutischen Raum eingebrochen, und ich brauche eure Hilfe.‹«
    Warum redeten diese Leute nicht so, dass man sie als
normaler Sterblicher verstehen konnte, dachte Mayfeld in einem leichten Anflug
von Ärger.
    »Und was heißt das?«, fragte er geduldig.
    »Ich habe das so verstanden, dass ein Patient oder
eine Patientin oder ein Angehöriger in schwerer und den therapeutischen Prozess
behindernder Art und Weise agiert«, versuchte Felsen zu erklären.
    »Agiert?«
    »Das Setting verletzt«, sprang Friedensreich der
Kollegin bei. »Also die Regeln der Therapie verletzt. Oder Konflikte nicht in
der therapeutischen Beziehung austrägt, sondern in destruktiver Weise anderswo.
Es könnte bedeuten, dass eine Patientin oder ein Patient massive Probleme mit
Elternhaus, Schule oder Jugendamt bekommt, es könnte bedeuten, dass jemand von
außen in grober Weise in die Therapie eingreift oder dass ein Patient
Misshandlungen oder Missbrauch ausgesetzt ist.«
    »Und Sie haben keine Idee, mit welchem Patienten oder
welcher Patientin das zu tun haben könnte?«
    Niemand hatte eine Idee. Niemand nannte einen Namen.
Niemand bekam Probleme mit dem Datenschutz.
    Mayfeld packte die Fotos vom Tatort aus seiner
Jackentasche. »Machen Sie mal Platz?«
    Er deutete auf die opulente Tafel, Krafft und van Dyke
schoben Hirschpfeffer, Semmelknödel und Steinpilze beiseite. Er breitete die
Aufnahmen auf der freien Fläche der Tafel aus, zwischen Zucchini-Röllchen und
Gorgonzolafeigen, Spätburgunder und Riesling. Die Aufnahmen, die Holler direkt
zeigten, hielt er zurück.
    »Wir haben Ihre Kollegin in ihrer Praxis gefunden. Sie
saß auf einem Sofa, rechts und links war der Leichnam von Kissen gestützt, ein
Kissen war aufgeschlitzt und die Federn über der ganzen Szene verteilt. Um das
Sofa herum waren jede Menge Puppen und Tierfiguren gruppiert.« Er deutete

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