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Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
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Häuser drängten sich in einem engen Tal, das sich vom Rhein
zur Dotzheimer Höhe hinzog. Felsens Haus war ein prächtiges altes Fachwerkhaus
am Waldrand, nicht unähnlich dem Haus ihrer Kollegin Holler.
    Eine Frau von eleganter Erscheinung, zwischen fünfzig
und sechzig Jahre alt, öffnete ihm.
    »Was gibt es denn so Dringendes, das nicht bis morgen
Zeit hat?«, fragte Felsen mit einer Mischung aus leichtem Tadel und Sorge,
lächelte aber versöhnlich, als sie den Kommissar hereinbat. Sie traten in eine
große Eingangsdiele, von der drei hohe dunkle Holztüren abgingen. Aus einem der
dahinterliegenden Zimmer drangen Stimmen und Geschirrgeklapper.
    »Es geht um Ihre Kollegin Sylvia Holler.«
    »Was ist mit Sylvia?« Eva Felsens Stimme klang nun
alarmiert. »Wir warten auf sie.«
    »Wer ist wir?«
    »Unsere Intervisionsgruppe. Ein Kollegenkreis, in dem
wir schwierige Fälle besprechen. Sylvia hat mich letzte Woche angerufen, dass
sie kommen und einen Fall mitbringen wird. Eigentlich wollte sie heute zu Hause
bleiben, weil sie gestern erst spät am Abend aus Berlin zurückgekommen ist.«
    »Können wir zu Ihren Kollegen gehen? Ich habe einige
Fragen an Sie alle. Es ist etwas sehr Schlimmes passiert. Frau Holler wurde am
Sonntag tot in ihrer Praxis aufgefunden. Sie wurde ermordet.«
    Eva Felsen schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen
und blieb eine Weile wie erstarrt stehen.
    »Kommen Sie mit«, sagte sie dann mit zittriger Stimme.
    Sie führte Mayfeld in eine geräumige Wohnküche. Ihre
Kollegen saßen an einer großen Tafel, die von einem Kronleuchter beschienen
wurde, der mit der rustikalen Einrichtung des Raums um die stilistische
Vorherrschaft stritt. Mayfeld hätte eher an ein Gelage als an ein
Arbeitstreffen gedacht, als er die dampfenden Schüsseln, die Platten, Flaschen
und Gläser sah. Ein rundlicher Mittfünfziger mit dunklem Lockenkopf und
Zauselbart pries gerade die Vorzüge des Hirschpfeffers und der sautierten
Steinpilze.
    »Das ist Herr Mayfeld von der Wiesbadener
Kriminalpolizei«, sagte Eva Felsen und stellte die Runde vor. Sie waren einen
Tick älter als Julias Freunde, hatten aber denselben Habitus. Alle verstummten
und blickten ihn neugierig an.
    Schon wieder war Mayfeld der Überbringer der schlimmen
Nachricht. »Wir haben Ihre Kollegin Sylvia Holler tot in ihrer Praxis
aufgefunden. Sie wurde Freitagnacht ermordet. Wir ermitteln in alle möglichen
Richtungen. Erzählen Sie mir von ihr. Kennt sie jemand auch privat? Hat jemand
von Ihnen in der letzten Zeit mit ihr gesprochen?«
    »Ach du Scheiße«, entfuhr es Rolf Krafft, der gerade
noch den Hirschpfeffer gelobt hatte. Er nahm einen kräftigen Schluck Rotwein.
    Eine Weile herrschte Schweigen in der Runde. Einige
der Kolleginnen von Holler kämpften mit den Tränen, Krafft leerte sein Glas und
goss sich nach.
    Mayfeld wiederholte seine Fragen. In den letzten
beiden Wochen hatte außer Eva Felsen niemand mit Holler gesprochen.
    »Was war sie für eine Kollegin?«, wollte Mayfeld
wissen.
    »Sylvia ist Jungianerin gewesen«, sagte Anton
Friedensreich, ein Sechzigjähriger mit lockigem Haarkranz und Nickelbrille.
»Die Beschäftigung mit Märchen und Mythen ist eine Spezialität der Jungianer.
Sylvia hat wichtige Beiträge zur Verwendung von Märchen in der Kindertherapie
verfasst.«
    »Sie war eine großartige Märchenerzählerin«, sagte
Margaretha von Altenburg-Regen und wischte sich eine Träne aus ihrem runden
Gesicht.
    »Kennt jemand ihren Partner auf der Bühne, Sandor
Weisz?«
    »Ein hübscher Kerl«, bemerkte Karla Niklas.
    »Und nicht nur der Partner auf der Bühne«, ergänzte
Elisabeth van Dyke, die älteste der Runde.
    »Davon wusste ich ja gar nichts«, sagte Karla Niklas.
    »Seit einem knappen Jahr«, informierte von
Altenburg-Regen die Kollegin.
    Aber genauer kannte niemand den jungen Freund von
Holler.
    Margaretha von Altenburg-Regen schien Sylvia Holler am
nächsten gestanden zu haben. Sie wusste von ihrer langjährigen Tätigkeit im
Vincenzstift in Aulhausen. »Eine unendlich schwere Aufgabe hatte sie da
geschultert und mit unglaublichem Engagement ausgefüllt. Sie hat dort heftige
Konflikte mit der Heimleitung ausgetragen. Ich glaube, die waren ganz froh, als
Sylvia ging. Für die war das ein Störenfried weniger. Als Märchenerzählerin
haben sie sie weiter eingeladen. Da hat sie den Betrieb nicht mehr gestört.«
    Doch über Knuth Schneider wusste auch von
Altenburg-Regen nichts.
    »Kennen Sie ihre Familie?«
    »Ihr Mann ist

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