Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frau Holle ist tot

Frau Holle ist tot

Titel: Frau Holle ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Stark
Vom Netzwerk:
würde. Es musste noch einen anderen Grund
für die Verstimmung geben. Meist stellte sich diese Gereiztheit dann ein, wenn
irgendetwas bei den Ermittlungen gründlich schieflief, wenn er etwas
Entscheidendes übersah. Irgendetwas in seinem Unterbewussten, seine Intuition
oder weiß der Teufel was, bemerkte dieses Versäumnis früher als sein Verstand,
konnte sich aber nicht richtig verständlich machen. Daher kam dann der Ärger.
    Am Oestricher Kran bog er von der Bundesstraße ab und
fuhr in die verwinkelten Gassen des alten Weinstädtchens. Er bog in die
Bornstraße ein und hielt vor der Adresse, die ihm die Lachners genannt hatten.
»Irene und Klaus Mertens« sowie » HSM –
Hausmeisterservice Mertens« stand auf dem Türschild, »Annika Möller im
Hinterhaus« auf einem handgeschriebenen Zettel darunter.
    Mayfeld öffnete die eingelassene kleine Tür in dem
großen hölzernen Hoftor. Manche Innenhöfe in den Rheingauer Weinorten waren
richtige Kleinode, ein Stück vom Garten Eden, heruntergeholt auf die Erde.
Davon konnte hier nicht die Rede sein. Kein Baum, kein Strauch und keine
Kübelpflanze, auch keine Weinreben schmückten den Hof. Auf der einen Seite der
Freifläche war ein silberfarbener Geländewagen geparkt, auf der
gegenüberliegenden Seite waren blaue, schwarze und braune Mülltonnen
aufgestellt. An der Stirnseite stand ein verwaister Sandkasten.
    Neben dem Sandkasten war der Eingang zu Annika Möllers
Wohnung. Mayfeld klingelte, er klopfte an die Wohnungstür, niemand rührte sich.
Vielleicht wussten ja die Nachbarn etwas. Der Eingang zum Haupthaus befand sich
neben dem Kfz-Stellplatz.
    Mayfeld klingelte auch dort. Diesmal hatte er mehr
Glück. Nach kurzer Wartezeit öffnete ein vierschrötiger Mann die Tür. Der
Kommissar zeigte seinen Dienstausweis, den der Mann gründlich studierte, bevor
er sich als Klaus Mertens vorstellte.
    »Wie kann ich helfen?«, fragte er und musterte Mayfeld
mit forschendem Blick. Er machte keine Anstalten, ihn ins Haus zu bitten.
    »Ich suche Annika Möller. Wissen Sie, wo ich sie
finden kann?«
    »Was hat sie ausgefressen?«
    Der Mann schien keine besonders hohe Meinung von
seiner Nachbarin zu haben.
    »Nichts. Wir sind auf der Suche nach Marie Lachner,
einer Freundin von Annika.« Mayfeld holte das Foto von Marie, das ihm ihre
Mutter gegeben hatte, aus dem Jackett und zeigte es Mertens. »Haben Sie dieses Mädchen
in letzter Zeit mal gesehen?«
    Mertens betrachtete das Foto lange. Dann nickte er.
Besonders gesprächig schien der Typ nicht zu sein.
    »Am letzten Samstag?«
    Mertens schüttelte den Kopf.
    »Wann zuletzt, Herr Mertens?«
    »Also, am vergangenen Wochenende nicht. Aber ich
meine, am Wochenende zuvor hat sie Annika besucht. Bin mir aber nicht sicher,
ich krieg ja nicht alles mit, was Annika in ihrer Wohnung treibt.«
    Mertens konnte also doch in zusammenhängenden Sätzen
reden.
    »Danke für die Auskunft. Können Sie mir auch meine
erste Frage beantworten?«
    Mertens schaute den Kommissar etwas begriffsstutzig
an.
    »Wissen Sie, wo ich Annika Möller finde?«
    »Ach so. Im Krankenhaus.«
    »Was fehlt ihr?«
    Mertens zuckte mit den Schultern. »Das Mädchen säuft
und nimmt Drogen. Ein Jammer, so sein Leben wegzuwerfen. Die könnte was aus
sich machen.«
    »Was meinen Sie damit genau?«
    Mertens schaute Mayfeld verständnislos an. »Na,
irgendwas Anständiges halt.«
    »Ich meinte, warum genau ist sie ins Krankenhaus
gekommen?«
    »Na, weil sie es übertrieben hat. Sie lag bewusstlos
in ihrer Küche, neben sich eine Wodkaflasche und eine Schachtel mit Tabletten.«
    »Wann war das?«
    »Letzten Samstag.«
    »Morgens, mittags, abends?«
    »Nachmittags.«
    »Und wie ging die Geschichte weiter?«
    »Der Notarzt ist gekommen und hat sie ins Krankenhaus
gebracht.«
    »In welches?«
    »Rüdesheim.«
    Ein wirklich wortkarger Nachbar, fand Mayfeld.
    »Hat sie das öfters gemacht?«
    »Gesoffen? Schon.«
    »So viel gesoffen, dass sie ins Koma gefallen ist.
Vielleicht war es ja auch ein Selbstmordversuch.«
    Mertens nickte. »Das könnte sein. Normalerweise
schneidet sie sich in die Arme. Aber in der letzten Zeit war sie oft
niedergeschlagen und meinte, alles hätte keinen Zweck.«
    Mertens schien recht gut über seine Nachbarin Bescheid
zu wissen.
    »In welcher Beziehung stehen Sie zu Annika Möller?«
    »Ich bin ihr Vermieter. Aber bis zum Sommer war ich
auch ihr Pflegevater. Als sie volljährig wurde, wollten meine Frau und ich,
dass sie auszieht, aber da sie sich

Weitere Kostenlose Bücher