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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr
Autoren: A Scheib
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schlechtester Laune, er fror in dieser verdammten Kälte, sagte mürrisch
     zu Kemper: »Hättest net noch weiter weg parken können.«
    »Mann, ich kann aber auch nicht den Gehsteig rücksichtslos zuparken.«
    »Weiß schon.« Strobl zog hörbar die Nase hoch. »Du bist ein Vorbild, in jeder Hinsicht.«
    »Sei doch froh«, sagte Kemper gut gelaunt, »du kannst zu mir aufschaun, dir ein Beispiel nehmen.«
    »Sag mir lieber, was du von dem Papke |71| willst, meinst du, der hat seine Schwiegermutter umgebracht?«
    »Ausgeschlossen ist das nicht. Tatmotive hätte er genug, wie wir inzwischen wissen. Nach der Motivstatistik von Roesner gehört
     häuslicher Zwist zu den sieben Hauptgruppen der Mordmotive.«
    »Fängst du schon wieder an! – Jessas, wenn die sich alle umbrächten, die daheim an Zoff ham, da hätten wir ja in jedem zweiten
     Haus einen Mörder.«
    »Du darfst das nicht unterschätzen, Strobl, aus häuslichen Streitigkeiten, wenn ein Familienmitglied so widerwärtig ist, wie
     die Prinz es gewesen sein muß, dann kann aus Zwistigkeiten durchaus ein Hauptmotiv werden. Mord aus Haß, dessen Entstehung
     immer sehr komplexer Natur ist. Außerdem – ich kenne den Papke. Er hat damals bei uns angerufen, als die junge Frau im Nymphenburger
     Kanal ertrunken ist – erinnerst du dich? Er hat sie angeblich zufällig dort getroffen, als er aus einer Kneipe kam, sie war
     dabei gewesen, sich auszuziehen, sie hat ihm gesagt, er solle doch mitkommen zum Schwimmen, er hat |72| ihr angeblich geraten, sie solle lieber heimgehen, doch sie hat nicht auf ihn gehört, und da ist er nach Hause gegangen.«
    »Warum hat der Depp denn nicht sofort die Polizei gerufen?« wollte Strobl wissen, und Kemper sagte, das habe er ihn damals
     auch gefragt, aber Papke habe keinen Grund gesehen, die Frau vom Schwimmen abzuhalten, der Kanal sei ja nicht gefährlich.
    »Und daß die Frau einen Mordsrausch gehabt hat, des hat der wohl auch nicht gespannt?«
    »Nach seiner Aussage nicht. Mir war auch nicht ganz wohl bei der Geschichte, aber es gabbei der Toten keine Hinweise auf Gewaltanwendung.
     Aber irgend etwas stimmt nicht mit dem Papke. Das spüre ich.«
    Sie waren jetzt beim »Fraunhofer« angelangt, wo Kemper erst einmal in die Wirtschaft ging und einen Kaffee verlangte. Strobl
     bestellte schließlich auch einen. Sehnsüchtig sah er durch die reichverzierte alte Kredenz in die Küche, wo mächtige Töpfe
     auf dem Herd dampften. Auch Kemper spürte, daß er hungrig war, früher hatten sie hier Ente gehabt, schön rosa innen, |73| und das Blaukraut   – Kemper durfte gar nicht daran denken. Doch der Geruch aus der Küche machte ihm die Zeit wieder lebendig, als er oft im »Fraunhofer«
     zum Essen gewesen war.
    »Ich glaube, seit Ende der Siebziger war ich hier nicht mehr.«
    Kemper öffnete seinen Mantel, setzte sich mit seinem Kaffee an den runden Holztisch am Eingang. Hier hatte er oft mit Vivian
     gesessen. Er wußte, daß er in sie verliebt gewesen war, aber in diesem Verliebtsein war schon die Gewißheit der baldigen Trennung.
     Trotzdem war er häufig mit Vivian zusammengewesen, die als Kinderärztin in einer homöopathischen Praxis mitarbeitete und in
     der Fraunhoferstraße eine Zweizimmerwohnung mit Klo auf dem Gang bewohnte. Sie hatte ein strahlendes Lächeln gehabt, sehr
     schöne Zähne, richtig aufgeleuchtet war ihr Gesicht, wenn sie Kemper ansah. Natürlich nur in bestimmten Situationen. Sie war
     die einzige Frau, bei der Kemper es schön gefunden hatte, morgens durch Streicheln geweckt zu werden. Vivian kam aus reichem
     Düsseldorfer |74| Elternhaus, war aber von einem seltsamen Geiz befangen, der Kemper immer irritiert hatte. Einmal hatte er ihr beim Weißeln
     ihrer Wohnung geholfen. Weder Vivian noch er wußten so recht, wie das ging. Entsprechend war das Ergebnis gewesen. Kemper
     hatte Vivian gefragt, warum sie sich nicht von Fachleuten ihre Wohnung renovieren lasse, sie habe doch Geld genug. Da hatte
     Vivian den Bankier Abs zitiert, der gesagt habe, daß man das Geld nicht vom Ausgeben habe, sondern vom Behalten. Sie bat Kemper
     auch, sein eigenes Haarshampoo mitzubringen, da ihres sehr speziell und teuer sei. Die reichlichen Beweise ihrer Sparsamkeit
     hatten in Kemper immer stärkeren Widerwillen ausgelöst, langsam trat er den innerlichen Rückzug an, schließlich den äußeren,
     und irgendwann hatte er sie völlig schmerzlos aus den Augen verloren. Jahre später schriebsie ihm aus der Toskana, daß
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