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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr
Autoren: A Scheib
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leuchtete.
     Papke hoffte, im Grünwalder Park einer Frau zu begegnen, einer ganz jungen, die vielleicht ein wenig bekifft war oder betrunken
     wie er, nur hübsch sollte sie sein, zart und sanft. Berthold Papke wünschte sich nichts sehnlicher, als bis zum Wahnsinn einer
     Frau zu verfallen. Einer, wie sie ihm gar nicht zustand, die ihm unverdient und aus rätselhaften Gründen zugeneigt wäre. Mit
     welchem Heißhunger würde er sich auf sie werfen, sich voll Wut und Schmerz und Leidenschaft in sie verbeißen, denn, selbstverständlich,
     wenn diese Frau herausfand, welch ein Niemand er war, alltäglich, eine kleine Existenz, dann würde sie sich zurückziehen.
     Wenn er Glück hatte, höflich und leise, oder aber unter Mitnahme der Form-im-Raum-Leuchten, wie beim letzten Mal. Die Leuchten
     waren Bertholds heimlicher Stolz gewesen |80| , bei einem Freund, den er bewunderte, hatte er sie gesehen und sofort selber welche gekauft, obwohl sein Konto bereits überzogen
     war. Lange war das her, mindestens drei Jahre, aber Berthold hatte sich nicht allzusehr gewundert, daß sie die Leuchten behalten
     wollte, aber nicht ihn.
     
    Berthold Papke wußte auch, wie die Frau aussehen mußte, der er verfallen wollte. Schlank sollte sie sein, mit einem sehnigen
     und doch wollüstigen Körper, einem Lächeln, durchtrieben und liebreizend zugleich, wie bei Frauen, die Drew Barrymore ähnlich
     waren oder Cameron Diaz. Manchmal sah Berthold ein Mädchen, das von weitem so aussah, in dem Supermarkt, wo er stellvertretender
     Filialleiter war und in seinem Büro saß, das durch eine große Glasscheibe vom Verkaufsraum getrennt war. Bis auf Ingrid hatte
     Berthold alle seine Frauen im Supermarkt kennengelernt. Sah er eine suchend durch die Regale gehen, die durch selbstbewußten
     Gang, das Herumwerfen der Haarmähne oder durch auffallende Kleidung seine Sehnsucht weckte, |81| sprang er auf, eilte zu ihr, tat, als wolle er beim Einkauf behilflich sein. Wenn er dann in ein banales Gesicht sah, nicht
     einmal hübsch, nur mit billigem Zubehör ausstaffiert, wandte er sich beschämt ab. Wenn er es schaffte, empfahl er scheinheilig
     einen Prosecco oder ein neues Haarshampoo, je nachdem, wo die Kundin gerade stand. Doch er wartete immer wieder auf die nächste,
     die von weitem auch nur annähernd seinen Träumen entsprach.
     
    Keinesfalls hatte Berthold Papkes Traumfrau Ähnlichkeit mit seiner Frau Ingrid. In sie war er zu keiner Zeit seines Lebens
     verliebt gewesen. Er hatte sie auf einem der weißen Faschingsbälle in Schwabing kennengelernt, von denen Berthold gehört hatte,
     daß sie mal originell gewesen seien. Das mußte aber vor vierzig Jahren gewesen sein, als Studenten, die kein Geld für Kostüme
     hatten, in weißen Bettlaken gefeiert hatten. Heuer hüpften nur nichtssagende Langweiler in weißen Kostümen herum, so daß Berthold
     nichts anderes einfiel, als übermäßig zu trinken. Obwohl er nur noch undeutlich die |82| weiße, tanzende Menge wahrnahm, obwohl er bald nicht mehr wußte, ob er nur einen weißen Traum träumte, merkte er noch, daß
     sich im Laufe der Nacht wie üblich die Paare formierten, und irgendein Kumpel hatte ihm schließlich Ingrid aufgeschwatzt.
     Berthold protestierte, weil er lieber zum Elisabethmarkt wollte, zu seinem Freund Charly, der dort eine Kneipe besaß, die
     er schon frühmorgens öffnete. Obwohl er doch »ichwillzucharly, ichwillzucharly« protestiert hatte, fand er sich mit Ingrid
     in seinem Untermietzimmer, und er schlief mit ihr, und später wußte er nicht mehr genau, ober tatsächlich dabeigewesen war.
     
    Damit hätte es für Berthold Papke sein Bewenden gehabt. Er wußte noch, daß er sich erleichtert zur Seite gerollt hatte, als
     Ingrid sein Bett räumte, um heimzufahren. Sie wollte in ihrem weißen Faschingskostüm nicht am hellichten Tag nach ihrem Auto
     suchen, von dem sie nicht mehr wußte, wo sie es geparkt hatte. Eine Sekunde lang stellte sich Berthold die Frage, ober ihr
     beim Suchen helfen müsse, doch dann war |83| er schon wieder eingeschlafen. Im Hinübergleiten freute er sich auf den Sonntag, der vor ihm lag. Er würde schlafen bis in
     den Nachmittag, dann in der Badewanne liegen, Zeitung lesen, sich einen Cappuccino machen. Gegen Abend wollte er in der Siegesstraße
     beim Äthiopier was essen, dann mit der U-Bahn in die Fraunhoferstraße fahren, zum »Werkstattkino«. Er kannte die Leute dort, die fragten nicht viel, fanden es in Ordnung,
     daß er
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