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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Scheib
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kochte, daß die Tante vorschlug, den Kaffee lieber bei ihr daheim einzunehmen. Das war Ingrid natürlich mehr als recht. In
     dem kleinen gemütlichen Zimmer der Tante schüttete sie ihr das Herz aus, weinte schließlich, und ihre Tränen waren sogar echt,
     denn sie hatte begonnen, von ihrer früh verstorbenen Mutter zu reden, vom Vater, vom Bruder, beide tot. Ingrid sah Tante Seffi
     in das gutmütige Apfelgesicht, sah Mitleid darin, aber auch Pfiffigkeit, und da kam schon das Resümee von Tante Seffi: »Gell,
     Madl, und damit möchtest den Bertl jetzt a bissl erpressen, obwohl der ja garnix |136| dafürkann.« Ingrid nickte stumm und ergeben, denn so begriffsstutzig war sie nicht, um nicht zu spüren, daß sie Tante Seffi
     unterschätzt hatte.
     
    Trotzdem mußte Tante Seffi auf Berthold eingewirkt haben, denn irgendwann ließ er sich doch herbei, Ingrid aufs Standesamt
     zu führen. Ingrid spürte, daß Berthold seine Eheschließung völlig anders erlebte als sie selber. Nicht als Triumph, sondern
     als Niederlage. Gern hätte sie Mitleid mit ihm gehabt, aber als sie sah, daß Berthold sich nach dem Zeremoniell ohne einen
     Kuß von ihr abwandte, als sie seine innere Abwesenheit bemerkte, schaute sie ihm zu wie einem Fremden.
     
    Berthold fühlte sich, als begleite er lediglich jemanden zum Standesamt, er betrachtete die anderen Hochzeiter, die dort ebenfalls
     warteten, bis die Urkunden geprüft waren, sah Paare, die abgewiesen wurden, weil die Papiere nicht stimmten, und haderte mit
     sich, weil man auf ihn völlig problemlos Zugriff hatte. Wenigstens schaute er sich |137| die fremden Bräute an, war verwundert und seltsam getröstet, daß keine Drew und keine Cameron dabei waren, alle schienen so
     fremd und beziehungslos dazusitzen wie er selber. Komisch. Wieso strahlten die nicht vor Glück? Säße Berthold hier mit Drew
     Barrymore, Himmel, das ganze Standesamt würde er auseinandernehmen, in Champagner ertränken, Drew und er würden vor lauter
     Küssen nicht dazu kommen, mit den Beamten zu reden, aber wenn sie Drew sähen, o Mann! Die würden ihn verstehen!
     
    Dann war die Trauung vorbei. Berthold hatte darauf bestanden, daß nur Wolfgang vom »Werkstattkino«, sein Trauzeuge, dabeisein
     durfte, Ingrid hatte Emilie Koch gebeten. Sie gingen zum Essen ins »Ruffini«, Ingrid fuhr bald Emilie nach Hause, die sich
     nicht wohl fühlte. Berthold und Wolfgang hatten sich mit einem trockenen Weißen reichlich innen benetzt, und Wolfgang versuchte
     Berthold zu trösten, daß vielleicht alles halbso schlimm sei mit der Ehe.
    |138| »Du kommst zu uns wie bisher – was soll sein.«
    »Du kennst meine Schwiegermutter nicht. Meine Stief-Schwiegermutter«, sagte Berthold, und er mußte sich bemühen, diese schwierigen
     Wörter zu artikulieren. Er versuchte dann, Wolfgang zu erklären, warum er Ingrids Stiefmutter mehr haßte als jeden anderen
     Menschen, den er kannte.
    »Stell dir vor, als die gemerkt hat, daß Ingrid schwanger ist, hat die zu mir gesagt, daß mein Leben nun doch noch einen Sinn
     bekomme, daß ein Mann zu nichts nütze sei, wenn er nicht ein Haus gebaut, einen Baum gepflanzt und ein Kind gezeugt habe.
     Am liebsten hätte ich ihr meine Faust aufs Maul gehaun, dann wäre ihr klargeworden, daß ich sehr wohl noch zu was anderem
     nützlich sein kann.«
    »Könnt ihr die denn nicht loswerden?« fragte Wolfgang teilnahmsvoll.
    »Ingrid sagt, daß die Alte kein Geld hat, von der Verwandtschaft will sie niemand, im Grunde kann die nirgends hin, dabei
     spielt sie sich auf, als gehöre ihr das Haus, als seien alle von ihrer Gnade abhängig.«
    |139| Wolfgang grinste schief in sich rein, und Berthold wollte wissen, was ihn derart amüsiere. Er habe unlängst in Stuttgart einen
     Unfall gesehen, sagte Wolfgang, und er nahm noch einen gehörigen Schluck Wein, einen gräßlichen Unfall eigentlich, aber wenn
     er denke, es habe Bertholds Stiefmutter getroffen, finde er das außerordentlich praktisch.
    Berthold wollte Näheres wissen, und Wolfgang erzählte, daß ein Laster eine Telefonzelle überrollt habe, in der Zelle habe
     gerade eine sehr dicke Frau telefoniert, und Wolfgang habe sie in der platt gemachten Zelle liegen sehen: »Du hast direkt
     das Fett unter der Haut gesehen, das schiere Fett. Und sie war tot. Sehr tot.«
    Wolfgang sah Berthold erwartungsvoll an, und Berthold war sofort bereit, sich seine Stief-Schwiegermutter in einer Telefonzelle
     vorzustellen, von einem Laster

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