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Frau Prinz pfeift nicht mehr

Titel: Frau Prinz pfeift nicht mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Scheib
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schrieb, daß nach Aussage eines Polizeisprechers nur noch wenig Hoffnung
     bestehe, das Baby der Familie Winter lebend wiederzufinden. Vor knapp einer Woche sei es im Stadtteil Nymphenburg-Gern vor
     einem Gemischtwarenladen entführt worden, während seine Eltern drinnen für das Abendessen einkauften. Von den Entführern gebe
     es keine Spur. Lösegeldforderungen seien bisher |162| weder bei der Polizei noch bei den Eltern eingegangen.
    »Die Winters tun mir so leid. Wir haben vor einer halben Stunde noch miteinander telefoniert. Herr Winter glaubt, daß die
     Polizei den Fall viel schärfer prüfen würde, wenn es sich nicht um das Kind ungeliebter Aussiedler handelte.«
    »Das ist albern«, sagte Kemper ärgerlich, »aber in solch einer Situation muß man den Angehörigen vieles nachsehen. Mir will
     es selber nicht in den Kopf, daß so ein Kind spurlos verschwinden kann. Wir werden sehen   ... «

13
    Kemper fand Papke wieder im »Werkstattkino«, wo er damit beschäftigt war, ein zugiges Fenster abzudichten.
    »Tag, Herr Papke, Sie haben wohl Ihren Beruf gewechselt?»
    »Warum nicht?« sagte Papke betont |163| gleichmütig, aber Kemper sah, daß seine Hände, die eine Gummidichtung in die Nut einpassen wollten, zitterten. Kemper glaubte
     zu riechen, daß eine Alkoholfahne von Papke ausging, war sich aber nicht sicher.
    »Wußte Ihre Schwiegermutter davon, daß man Ihnen gekündigt hatte?«
    Papke hatte Mühe, nicht von der Leiter zu fallen. Kemper sah, wie er sich festhielt, so fest, daß die Knöchel seiner Hand
     hell hervortraten.
    »Kommen Sie runter, Herr Papke, ich möchte, daß Sie mir die ganze Wahrheit erzählen, nicht nur das, was Sie für richtig halten.
     Was ist passiert zwischen Ihnen und Brunhilde Prinz?«
    Berthold Papke war sich in diesem Moment klar darüber, daß Kommissar Kemper alles wußte, alles. Die Molden hatte es ihm erzählt,
     sie wollte ihn, Papke, anschwärzen, um von ihrem eigenen Haß auf seine Schwiegermutter abzulenken. Diese Molden – sie war
     an allem schuld. Sie mußte sich aufspielen als weiblicher Robin Hood, sie hatte ihn im Supermarkt ans Messer geliefert. Die
     sollte was erleben! Diesem Kemper |164| durfte er seine Wut allerdings nicht zeigen, ihm wollte er nur berichten, was am Montag passiert war. Papke erinnerte sich
     genau.
     
    Gemeinsam mit einer Dekorateurin hatte er ein Büffet aufgebaut mit echtem Beluga-Kaviar, Hummer und Keta-Kaviar sowie Austern
     auf Eis. Plötzlich war sein Chef gekommen, kalkweiß im Gesicht. Er zeigte Papke ein Schreiben, das er zunächst gar nicht richtig
     lesen konnte, weil der Chef so nervös damit herumfuchtelte. Von der Molden war dies Schreiben gewesen, sie schrieb im Namen
     einer Aussiedlerin, deren Lohn Papke vor Monaten unterschlagen und zum Begleichen seiner Schulden ausgegeben hatte.
    Obwohl Berthold Papke immer davon ausgehen mußte, daß seine Betrügereien aufflogen, hatte er doch nicht damit gerechnet. Nicht
     wirklich. Er spürte, wie die Wut in ihm hochkam gegen die Winter, dieses dusselige Geschöpf, das kein Deutsch konnte, nur
     Kinder in die Welt setzen und sonst nichts. Wie hätte er damit rechnen können, daß sie sich bei einer wie der Molden |165| beklagte? Woher kannten die Winters die überhaupt? Diese verdammte Molden   ...
    Während es in Berthold Papkes Bewußtsein hoch herging, sagte sein Chef kalt, daß Berthold gehen könne, müsse, und zwar auf
     der Stelle. Seine Sachen werde man ihm nachschicken.
    Berthold Papke zog seinen weißen Kittel aus, ruhig wie ein Roboter, er sah nicht seine Schwiegermutter, die, magisch angezogen
     von den Delikatessen-Sonderangeboten, sich ganz in der Nähe aufhielt. Er hörte auch nicht mehr, wie sie, gespielt besorgt,
     seinen Chef fragte, obihrem Schwiegersohn nicht wohl gewesen sei. Ober vielleicht zum Arzt gehe.
    Im »Werkstattkino« feierten sie Abschied. Das gesamte Kino sollte renoviert werden, vier Wochen würde das dauern, mindestens,
     und das wollte begossen sein. Als Berthold Papke spät in der Nacht heimkam, empfing ihn seine Schwiegermutter schon in der
     Diele. Ihr Gesicht triefte förmlich von Genugtuung und Hohn.
    »Wo warst du?« rief sie dröhnend. »Du bist ein Betrüger. Wenn du nicht sofort das |166| Geld zurückzahlst, mußt du sogar ins Gefängnis. Nur auf meine Bitte hin sieht dein Chef vorerst von einer Anzeige ab. Doch
     ich bin sicher, daß dich die Aussiedler anzeigen, dafür sorgt schon die Molden.«
    Brunhilde Prinz schrie sich immer

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