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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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meine Ideen nun wirklich nicht!«
    »Aber … äh … Rottländers. Und so wie ich Ricarda kenne, hält sie gar nichts von Below the line -Kampagnen und Guerillamarketing.«
    » Gorillamarketing? Was ist das denn schon wieder?« Nelly fährt samt ihrem Drehstuhl zu Becky herum. Völlig verblüfft und mit der deutlichen Ahnung, dass auch sie davon nichts hält.
    Becky zückt eine Spraydose. »Mach mal die Augen zu«, kommandiert sie und zieht sich hinter einen Nebel aus Haarspray zurück.
    Nelly muss blinzeln, niesen und sehr heftig husten. Was Friseure können, können wirklich nur Friseure. Au, beißt das Spray in den Augen!
    »Sorry, Mama, tut mir echt leid«, entschuldigt sich ihre Tochter. »Ich hol mal eben einen Waschlappen und neue Wimperntusche.«
    Schon ist sie weg. Nellys Augen tränen und brennen. Jetzt braucht sie nicht nur neue Wimperntusche, sondern erst mal eine Doppelpackung Augenabschwellpads. Himmel, es ist schon halb sieben, sie sieht aus wie eine Vogelscheuche und hat ihre Bewerbungsunterlagen noch nicht sortiert. Jetzt muss Ricarda sie wirklich abholen.
    Nelly tastet nach dem Telefon auf ihrem Schreibtisch, tippt mit halbblinden Augen Ricardas Nummer ein, drückt den Hörer ans Ohr. Nanu? Die Leitung ist tot. Verdammt! Sie kriecht unter den Schreibtisch, wühlt sich panisch durch Computerkabel und Staubmäuse bis zur Telefonbuchse. So was, der Stecker ist rausgerutscht. Sie stöpselt ihn wieder ein, wählt erneut und doch vergeblich. Ricarda ist bereits weg, teilt ihr Freund Ferdinand mit.
    Mist, Mist, Mist! Jetzt muss sie sich aber wirklich beeilen, damit sie die S-Bahn noch erwischt. Und dieses verdammte Häkelkleid anlassen. Umziehen überlebt ihre Frisur nicht, und außerdem ist Nachschminken angesagt.
    »Becky!«, brüllt sie unter dem Schreibtisch hervor. »Jetzt brauche ich wirklich Wimperntusche.«
    »Komme sofort, Mamilein! Übrigens … Was hältst du davon, wenn ich mit in die ›Bond Bar‹ komme?«

9.
    Herberger träumt. Von Palmen, auf denen Oliven in der Größe von Kokosnüssen wachsen. Ein tropisches Gewitter kommt auf, schüttelt und rüttelt die Kokosnussoliven wie Geschosse auf ihn herab. Hilfe, wo ist Nelly? Ist sie in Gefahr? Sie lag doch gerade neben ihm am Strand. Sie darf auf keinen Fall getroffen werden. Es wird schwarz. Herberger erhebt sich in die Lüfte, sitzt mit einem Mal hinter dem Lenkrad eines Flugzeuges. Unter der Bettdecke drückt er das Gaspedal ins Leere. Lenkrad und Gaspedal in einem Flugzeug? Ach so, das ist ja Frau Schicks Jaguar und ein Traum. Oder nicht? Herbergers Lider flattern. Halt, nein, nicht aufwachen, es geht noch weiter.
    Am Nachthimmel zucken mit einem Mal Blitze. Eine der drei Hexen von Eastwick tanzt in lichterloh brennendem Kimono Foxtrott mit dem Weihnachtsmann und einem Besen. Ein kleines grünes Gespenst irrlichtert vorbei und zieht einen Damenhut. Regen rauscht auf, dann detoniert eine Ladung Sprengstoff mitten in Herbergers Gesicht.
    Aus der Traum.
    Herberger schreckt auf, sein Puls rast bedenklich. Er hasst Träume, die mit Explosionen enden. Vor Jahren ist ihm in einer australischen Opalmine tatsächlich eine Sprengladung mitten im Gesicht detoniert und hat sein Kinn in eine Kraterlandschaft verwandelt. Die gestrige Explosion war harmloser, aber auch nicht von schlechten Eltern.
    Herberger rappelt sich aus schneeweißer Bettwäsche hoch und entdeckt Vorhänge mit Rosenmuster, die sich in milder Brise blähen und golden leuchten. Flache Sonnenstrahlen tasten sich unter dem Vorhang ins Zimmer. Benommen schüttelt er letzte Traumreste samt Kokosnussgeschossen ab. Dann erst wird er gewahr, wo er sich befindet: in einem stark geblümten, ebenerdigen Gästezimmer – dem Gartenzimmer von Frau Schick.
    Sein Blick sucht einen Wecker. Kurz vor sechs. Morgens oder abends? Abends natürlich, er ist ja wieder in Deutschland und dank Jetlag auf einmal mit einem Schlag hellwach.
    Herberger schiebt das Plumeau zurück und fischt nach seiner Jeans, die wie erschossen vor dem Bett liegt. Schnell schlüpft er hinein, nestelt seinen Rucksack auf und zieht ein frisches T-Shirt heraus. Dann eilt er barfuß zur Tür und reißt sie auf. Eine Ahnung von brutzelndem Speck kräuselt sich ihm entgegen. Na, dann immer der Nase nach zur Küche, dort scheint die Hausherrin gerade beschäftigt zu sein. Und das wohl kaum allein, denn kochen kann Frau Schick nicht mal ein Ei. Herberger erinnert sich noch lebhaft an einen Eintopf, den sie in einer Pilgerherberge am

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