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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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wie weg hier!
    »Bitte«, piept und zittert ihm ein Stimmchen hinterher. So zart und zittrig, dass man friert.
    »Herr Engels!«, jubiliert Frau Schick in Herbergers Rücken. Ganz so, als wringe sie als Zeugin eines Erweckungserlebnisses die Hände. »Haben Sie das gehört? Ihr Enkel redet wieder. Er redet !«
    »Tja«, seufzt Niklas’ Großvater betrübt, »wenn es um Tiere geht, überwindet er sich gelegentlich.«
    »An dem Kind sollten Sie sich ein Beispiel nehmen, Herberger.« Frau Schicks Stimmung ist schon wieder umgeschlagen. »Niklas hat in seinem jungen Leben und als Waisenkind sehr, sehr viel Kummer erlebt, aber wenn es um einen gequälten Esel geht, fasst er sich ein Herz. Keine Sekunde würde dieses tapfere Kerlchen zögern, um die Qualen einer leidenden Kreatur zu beenden. Sie können ein so mitfühlendes Kind doch unmöglich enttäuschen.«
    »Nein«, begehrt Herberger entschieden auf. »Ich meine natürlich: doch.« Er wirbelt herum und schaut in tellergroße Elfenaugen. Dieser Niklas sieht wirklich aus wie ein Waisenknabe, der einem hundertfünfzig Jahre alten Dickens-Roman entsprungen ist. Etwa Oliver Twist . »Ach, verflucht! Ich will mit diesem Unsinn nichts zu tun haben. Ich gehe duschen.«
    Damit flüchtet er aus der Küche.
    Frau Schick schweigt und lauscht den sich entfernenden Schritten nach. Dann wendet sie sich Niklas zu. »Alle Achtung, das hast du fabelhaft hingekriegt. Du solltest wirklich öfter den Schnabel aufmachen. Ich wette, Herberger ist mit von der Partie. Und jetzt rück meine Reitgerte heraus. Ich weiß, dass du sie aus dem Schirmständer gemopst hast.«
    Niklas presst die Lippen aufeinander und die Reitgerte auf seine dürren Knie. Stalin erhebt sich knurrend unter seinen Füßen.
    »Hör mal, Bürschchen, den Hutdiebstahl kann ich dir durchgehen lassen, aber die Reitgerte gehört mir! Wir wollen uns das Klauen doch nicht zur Gewohnheit machen, oder?« Frau Schick greift unter den Küchentisch. Kurzes Tauziehen, dann gehört die Gerte wieder ihr.
    Stalin knurrt, Niklas Augen flüchten zurück zur Ulme.
    »Du hast den Griff ja völlig zerknibbelt, schäm dich«, schimpft Frau Schick.
    »Bitte, lassen Sie ihn doch«, brummt vom Spülbecken her der Großvater. »Niklas liebt Tiere über alles. Er will nicht, dass Sie eine Gerte mitnehmen.«
    »Ich brauche die Gerte!«
    »Nicht, wenn wir Niklas dabeihaben, der versteht sich auf Tiere wie kein Zweiter.«
    »Niklas, was hältst du nur von mir?«, zetert Frau Schick. »Ich würde die Reitgerte nie gegen den Esel einsetzen, allenfalls gegen seinen Besitzer.«
    »Ich hasse Sie!«, bricht es unverhofft aus Niklas hervor. »Ich bin kein Waisenkind. Ich habe eine Mama im Himmel und Opa! Und irgendwo auch einen Vater. Den müssen wir nur noch finden.«
    »Niklas«, wirft mahnend sein Großvater ein.
    Mit funkelnden Elfenaugen springt sein Enkel auf und flitzt aus der Küche, als sei er auf der Flucht vor seiner eigenen Stimme. Stalin folgt ihm mit wildem Gekläff, sein Großvater mit wehenden Schürzenbändern.
    Frau Schick nickt zufrieden. Sehr schön, das war endlich ein ganzer Satz von Niklas. Sein erster Satz überhaupt, seit er über ihre Türschwelle getreten ist. Wut ist ein guter Anfang, aus Wut lässt sich mit ein bisschen Geschick Mut machen, da kennt sie sich aus. Oh ja, diesen wunderlichen kleinen Schweigemönch wird sie noch ans Reden bringen. Und sein Großvater kann was erleben, sollte sie rausfinden, dass er Niklas nicht nur in einem Schrebergarten hausen lässt, sondern auch auf Einbrüche und Diebeszüge trainiert hat!
    Bei traurig verstummten Kindern, deren Väter verschollen sind und deren Mütter im Himmel wohnen, hört für Frau Schick jeglicher Spaß auf. Sie war selbst ein solches Kind, nachdem ihre Familie tot, Pöhlwitz perdu und sie nach einer Flucht durch Schnee und Panzerfeuer mit Schnapsschmuggel für Tante Thekla befasst war. Kein Kind kann je fassen, dass es sich ohne Liebe zurechtfinden muss, und das soll es auch nicht, solange sie ein Wörtchen mitzureden hat.
    Herr Engels kehrt in die Küche zurück. Sein Gesicht sieht so wutverzerrt aus, als müsse es gebügelt werden. »Das haben Sie fabelhaft hingekriegt. Jetzt sitzt Niklas wieder in der Ulme und will nicht herunter! Wenn ich nicht auf Sie angewiesen wäre, dann …« Er bricht ab und ertränkt eine Pfanne in Spülwasser, packt sich eine Spülbürste und beginnt wütend zu schrubben. So als habe die Pfanne eine Abreibung verdient.
    Frau Schick zaubert

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