Frau Schick macht blau
meiner Küche alles gibt …«
»Frau Schick«, unterbricht Herberger leicht alarmiert das übertriebene Tête-à-Tête von Küchenfee und Küchengott, »welcher Esel?«
»Ach verflixt, habe ich den jetzt doch schon erwähnt? Ich wollte Sie eigentlich nach dem Essen damit überraschen!«
»Nicht nötig, ich möchte keinen Esel.« Wie ungezählte andere Reisereporter hat sich auch Herberger einmal mit einem dieser bockigen Huftiere auf eine Wanderschaft begeben. In den Pyrenäen. Ein Buch hat er darüber nie geschrieben, da es eine Aneinanderreihung von Flüchen geworden wäre.
»Aber ich will einen«, sagt Frau Schick heiter. »Und Herr Engels meint, ein Esel stört in meinem Schrebergarten nicht, sondern wäre eine willkommene Ergänzung. Obwohl eine Ziege zum Rasenmähen sicher praktischer wäre. Auf Pöhlwitz haben unsere Ziegen ganze Stallwiesen kurz und klein gefressen! Aber ein Esel hat so viel schönere Augen, finden Sie nicht?«
Herberger greift kopfschüttelnd nach dem Brotkorb. »Frau Schick, Esel sind äußerst obstinate Kreaturen.«
»Wie liebenswert«, freut sich Frau Schick. »Aber jetzt langen Sie erst mal tüchtig zu.« Sie piekt mit einer Gabel einzelne Bohnen aus einem Topf auf seinen Teller, bis Herr Engels mit einem Servierlöffel nachhilft.
Herberger spießt hungrig Bohnen auf und kaut genüsslich. Wirklich wahr, kochen kann Frau Schicks neuer Küchengott. Bohnen, Spiegeleier und Speck sind auf den Punkt gebraten. An den einfachen Gerichten erkennt man die wahren Meister. Er nickt anerkennend, und Herr Engels legt großzügig nach.
Ach, tut das gut, und gleich nachher eine Dusche und ein frisches Hemd! Es gibt ein paar Erfindungen in der Menschheitsgeschichte – nicht viele –, an denen es nichts auszusetzen gibt. So wie Spiegeleier und Duschen. Herbergers Blick gleitet zur Küchenuhr. Ja, er hat noch reichlich Zeit, um sich frisch zu machen. Es ist erst halb sieben, und die »Bond Bar« ist lediglich fünfzehn Taximinuten entfernt. Er wird sich sehr ausführlich duschen, damit die letzte Wartezeit vor dem Beginn seines neuen Lebens rasch vergeht.
»Sind Sie satt?«, fragt Frau Schick fürsorglich.
Herberger nickt.
»Hätten Sie gern noch Kaffee und ein Probierstück von meiner Hochzeitstortenauswahl?«
Herberger stutzt. »Hochzeitstorten?«
»Man muss so etwas rechtzeitig vorbestellen, schließlich wollen wir doch eine Spezialanfertigung mit drei Stufen, oder möchten Sie lieber fünf? Nein fünf ist protzig. Ich habe auch schon mit einer Zeltvermietungsfirma gesprochen. Wenn Sie sich mit dem Aufgebot beeilen, können wir angesichts dieses herrlichen Spätsommers unter freiem Himmel feiern, und wegen der kirchlichen Trauung werde ich mit dem hiesigen Pfarrer sprechen. Herr Beuscher ist da sehr entgegenkommend und hat ein Händchen für Predigten, die nicht nach Drohbotschaft, sondern nach froher Botschaft klingen. Sehr guter Mann …«
»Frau Schick, ich habe bislang noch nicht einmal ein Ja von Nelly«, wirft Herberger heftig ein. Frau Schick hat seinen wundesten Punkt getroffen.
»Selbst schuld, wenn Sie sich auf Tahiti herumtreiben. Nur gut, dass ich für Sie mitdenke. Ich habe hier übrigens einen Verlobungsring für Sie.« Fast beiläufig zieht sie einen dezent gefassten Opalring aus der Hosentasche. »Den haben Sie sich nach gestern Abend redlich verdient.«
Herberger betrachtet überrumpelt den Ring. Er ist meisterlich gearbeitet. Der Stein muss ein Vermögen wert sein. »Den kann ich nicht annehmen.«
»Sie haben mir gestern das Leben gerettet, und außerdem ist der Ring nicht für Sie, sondern für unsere Nelly«, weist Frau Schick ihn zurecht.
So unverschämt und übereilt Frau Schicks Planungen auch sind, in Herberger glimmt ein Hoffnungsfunke auf. »Was … was sagt denn Nelly zu Ihren bisherigen Vorbereitungen?«
Frau Schick hebt tadelnd die Brauen. »Nichts, Sie Schlauberger. Wir wollen sie schließlich mit dem Antrag überraschen, sonst kauft sie ihr Hochzeitskleid bei H&M und es gibt selbst gebackenen Marmorkuchen. Sie kennen doch Nelly! Man muss sie überlisten, um sie zu beglücken. Erst recht, wenn es um Geld geht. Also: Welche Torte möchten Sie? Sacher mit Marillensahne? Den hatte meine Mutter, und ihre Ehe ist sehr glücklich geworden. Es gibt auch spanische Mandelsahne mit ordentlich Brandy drin. Wir könnten sie mit kleinen Camino-Muscheln aus Marzipan verzieren lassen.«
»Nein, danke«, lehnt Herberger – mit einem Gefühl plötzlicher
Weitere Kostenlose Bücher