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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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Trommelstöcke, während er auf Zerberus zuläuft. Gleich werden die beiden in der Mitte der Wiese aufeinandertreffen. Vor seinem inneren Auge sieht Herberger den Kleinen bereits unter Zerberus’ Hufen verschwinden oder wie eine Lumpenpuppe durch die Luft wirbeln, aufgebockt von einem Rieseneselschädel. Im Laufen klaubt er ein rostiges Moniereisen vom Boden auf, schwenkt es in Richtung Zerberus und stürmt mit besinnungslosem Kriegsgebrüll auf ihn zu. Ein von ferne aufgellendes Martinshorn untermalt sein dramatisches Geschrei.
    Zerberus’ Ohren folgen Gebrüll und Sirenengeheul, der Rest seines massigen Körpers nicht. Er stoppt lediglich kurz ab, dann hält er weiter auf Niklas zu und Niklas auf ihn.
    »Herberger, werfen Sie sich dazwischen!«, schrillt Frau Schick.
    Herberger benötigt keine Aufforderung. Er hat längst zum verzweifelten Hechtsprung angesetzt, fliegt einem Rugbyspieler gleich über eine Distanz von knapp zwei Metern und landet in einer uferlosen Schlammpfütze, die der gestrige Gewitterregen im Boden hinterlassen hat.
    Zerberus umrundet sie und ihn mit einem Wiehern, das in Herbergers Ohren verdächtig nach Gelächter klingt, dann trifft er auf Niklas.

12.
    »Nelly! Du summst schon wieder. Beherrsch dich endlich.«
    »Singen beruhigt mich. Diese Warterei ist nervenzehrend, Ricarda. Wir haben schon zwanzig nach acht!«
    »Rottländer kommt gerne zu spät. Das erhöht die Wirkung des Auftritts und gehört in einem Hotspot wie der ›Bond Bar‹ zum guten Ton.«
    »Hot?«, fragt Nelly nach. Sie fröstelt noch immer. »Unter heiß verstehe ich was anderes.« Nicht einmal der Pfefferminztee hilft gegen die Zumutungen der Klimaanlage.
    »Brad Pitt soll kürzlich hier gewesen sein, daher der Hype«, bemerkt ihre Freundin abfällig.
    »Das glaubst du ja wohl selbst nicht«, lacht Nelly.
    Ricarda schüttelt verärgert den Kopf. »Natürlich glaube ich das nicht, aber es war so überzeugend gut gelogen, dass Deutschlands Halbprominenz sich seitdem hier trifft. Ich möchte nur wissen, wer für den Laden die PR macht; das muss ein Könner sein. So viele Möchtegern-It-Girls und Szene-Idioten, die sich auf der Suche nach Promis stundenlang an einem Drink festklammern, muss man erst einmal zusammenbekommen. Die reinste Freakshow. Hungerhaken mit Schlauchbootlippen à la Daisy Duck kommen wohl nie mehr aus der Mode.«
    »Ricarda«, wirft Nelly bittend ein. »Wenn du nicht bei dem Termin dabei sein willst, ist das okay. Ich weiß, dass du solche Bars und deinen Boss nicht leiden kannst.«
    »Allerdings«, sagt Ricarda bestimmt, »und darum lass ich dich hier auf keinen Fall allein. Nicht mit Wulf, dem Wolf Rottländer. Irgendetwas stimmt hier nicht, und ich will wissen, was. Unser fabelhafter Kreativchef bevorzugt für ernstzunehmende Meetings normalerweise verschwiegene Restaurants.«
    Nelly zuckt mit den Schultern. »Jetzt sei doch nicht immer so misstrauisch. Vielleicht will er mehr mit der Zeit gehen!« Schließlich geht es um innovative Werbekonzepte, setzt sie in Gedanken hinzu, sagt es aber nicht, weil sie Becky auf der Hinfahrt eidesstattlich versichern musste, Ricarda gegenüber nichts von Innovationen bei Gut & Edel zu erwähnen.
    Nelly wüsste ohnehin nicht, wie sie das tun sollte. Beckys Palaver über virale Videos, Seeding Marketing und Social-Media-Branding ist für sie ein unknackbarer Code.
    Ricardas Blick fixiert den Pianomann hinter Nellys Schulter, als wolle sie auf ihn anlegen. »Was soll das nun wieder?«, zischt sie. »Die bauen Mikros und Verstärker neben dem Flügel auf!«
    Nelly verdreht den Kopf. Tatsächlich, da wird ein Showact vorbereitet. Ein Roadie schleppt Schlagzeugteile herbei. Sieht nach mächtig viel Lärm aus. »Sollten wir uns nicht besser einen ruhigeren Platz suchen?«
    »Gibt keinen mehr«, sagt Ricarda missmutig. »Sag mal, haben Rottländer oder Becky dir inzwischen wenigstens verraten, wie, mit wem und für was genau du werben sollst?«
    Fassungslos reißt Nelly den Kopf herum und die Augen auf. »Für was ich werben soll? Na, für die Friseurinnung natürlich! Du kennst doch mein Exposé und den Beispielfilm am allerbesten.«
    Ricarda Augen werden schmal. »Nelly, ich raube dir ungern deine Illusionen, aber dieser Friseurquatsch war nur einer von Rottländers typischen Testläufen für Anfänger. Mir kam die Sache direkt merkwürdig vor. Die Friseurinnung wirbt nicht mit extravaganten und astronomisch teuren Kinospots, in denen irgendein überteuerter TV-Star

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