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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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Frau Schick. Sie muss ohnehin erst einmal ihr verflixtes Seniorenhandy wiederfinden. Nelly und Herberger sollen ordentlich auskuscheln. In den nächsten Wochen werden sie dazu kaum Zeit finden, denn ihre Kolonie muss von Grund auf neu gestaltet werden.
    Aufs Gasöfchen gestützt kommt Frau Schick nach oben, setzt die Brille auf und wendet sich kaffeedurstig der sperrmüllreifen Küchenzeile zu. Von oben zwinkert der Gartenzwerg, der seine umhäkelte Klorolle mit wahrer Hagentreue begießt.
    Frau Schick zwinkert zurück.
    Nicht dass sie Gartenzwerge sonderlich schätzt, aber ihres Wissens sollen sie von Kobolden abstammen und als Kind und auf Pöhlwitz hat sie sich gerne mit Kobolden unterhalten. Soll der Gartenzwerg mal bleiben. Der Gipskopf muss irgendwem viel bedeutet haben, sonst stünde er nicht dort, obwohl sein Gesicht zersprungen ist und seine Ohren haargenau so abstehen wie Paulchens.
    Gott hab ihn selig, denkt Frau Schick und tauft den Zwerg – in memoriam – Paulchen.
    Sie öffnet einen Hängeschrank. Ein Flohmarkt aus angeschlagenem Geschirr und Töpfen ist vorhanden, sogar ein altmodischer Porzellanfilter von Melitta. Aber anscheinend keine Tüten dafür, stellt sie nach ausgiebigem Kramen in Schrank und Schubladen fest.
    Na ja, Filtertüten sind nach monatelangem Leerstand der Laube wohl ein bisschen viel verlangt. Dann muss es eben Pröttkaffee mit Satz werden. Früher war sie darin ja auch nicht pingelig. Sie greift nach einer Kaffeedose mit Schnörkelschrift und klappt den Klemmbügel hoch.
    Igitt!
    Einmachgummis mit Mäusekötteln schmecken gefiltert wie ungefiltert grässlich. Sie notiert Filtertüten, Bohnenkaffee und Rattengift auf ihrer mentalen Liste. Hoffentlich gibt es da heutzutage noch etwas Vernünftiges. Mit Totenschädel und gekreuzten Knochen drauf, also beim Rattengift.
    »Ein bisschen Gift wird ja wohl erlaubt sein«, trotzt sie laut auf, als die Schemutat in ihrem Kopf erzürnt mit dem Zeigefinger wackelt und etwas von gefährdeten Katzen flüstert.
    »Ich brauche sofort einen Kaffee«, schmollt Frau Schick.
    »Sollen Sie haben, meine Liebe«, dröhnt es zur Antwort fröhlich vom Laubeneingang herein. »Obgleich Kaffee wirklich Gift ist. Ich verwende ihn nur im Kampf gegen Nacktschnecken. Ein Tässchen frischer Ingwertee belebt weit magenfreundlicher! Darf ich eintreten?«
    Frau Schick zuckt zusammen, stellt die Mäuseköttel weg und dreht sich um. In der Tür steht eine hennarote Walküre unbestimmbaren Alters. Ihr imposanter Leib ist in Flattergewänder, ein Klimbim aus Perlenketten und Chiffonschals gehüllt. Ein Ensemble, das nach Frau Schicks Erfahrung meist mit Gefühlsüberschwang, Mitteilungsdrang und esoterischem Sendungsbewusstsein einhergeht.
    Etwas weniger exotisch hat sie sich ihre Koloniebewohner schon vorgestellt. Aber, nun ja, als Ziehkind der ollen Schemutat, geborene Freifrau von Todden aus Pöhlwitz, Freundin von Bettina Blauauge und Witwe einer rheinischen Frohnatur ist sie verrutschte Naturen gewohnt. Sie hat mit ihnen gute Erfahrungen gemacht. Ach was, die besten! Amüsante.
    »Guten …«, setzt sie an.
    Bis zum »Morgen« kommt sie nicht. Die Walküre spannt ihre Arme zu Windflügeln aus, wallt in die Hütte und reißt Frau Schick überschwänglich in ihre Arme.
    »Herzlich willkommen, meine liebe, liebe Frau Schick. Wir sind ja so glücklich, dass sie Herrn Engels’ Wald nun doch erhalten wollen und sein einzigartiges Projekt rückhaltlos unterstützen.«
    Herrn Engels’ Wald? Sein einzigartiges Projekt?
    Unverschämt! So hat Frau Schick sich das nicht gedacht. Doch bevor sie die Besitzverhältnisse klarstellen kann, versinkt sie in einer weiteren Umarmung, Chiffonschals und einem Busen vom Ausmaß des Riesengebirges. Das wogende Gebirge riecht lockend nach Rosen, beraubt sie aber jedweder Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung. Wer ist diese Person?
    »Frau Pracht!«, beantwortet eine männliche Stimme mit strengem Hausmeisterton von der Tür her Frau Schicks stumme Frage. »Was fällt Ihnen ein, unsere Verpächterin so mir nichts dir nichts zu überfallen?«
    »Oh, hallo, Detlev! Du hast die Neuigkeiten also auch schon gehört?«, flötet die Walküre und bewahrt Frau Schick im Klammergriff, als gälte es, ihre Lieblingspuppe zu beschützen. »Herr Engels hat mich gebeten, unsere Retterin herumzuführen, während er die Begrüßungsfeier im Vereinsheim vorbereitet. Er baut mit den anderen gerade das große Zelt für heute Abend auf. Unsere Heartland

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