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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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weil die sicher ellenlang wird. Hach, wäre Nelly nur schon da, dann könnte die das Diktat aufnehmen. Ein bisschen Sekretariatsarbeit ist nämlich nötig, vor allem wenn der Papierkrieg mit den Behörden und wegen der Bagger losgeht. Sie ist wirklich gespannt, welche dreisten Idioten die Baumaschinen zu ihrem Waldeingang geschickt haben. Na, morgen weiß sie mehr, und jetzt muss sie dringend ihre Kolonie besichtigen.
    Nur gut, dass sie früh aufgestanden ist.
    Leicht ist ihr das nicht gefallen. Zum einen, weil das Klappsofa ihren Rücken über Nacht in ein Brett verwandelt hat, zum anderen, weil sie sich von einem jugendlichen Traum-Paul losreißen musste, der sie leidenschaftlich küsste. Und sie ihn. Weil Paulchen dabei allerdings ein wenig wie Curd Jürgens – der normannische Kleiderschrank – aussah und entfernt an Herrn Engels ohne Bart erinnerte, hat sie die Küsserei rigoros beendet. Nicht einmal im Traum möchte sie Paulchen untreu werden. Schon gar nicht zum Liebesgesang von Türkentauben, die bekanntlich lebenslang verbandelt bleiben. Gleichgültig, was für ein Schwerenöter und Kuckuckseierzeuger Paulchen war, Fremdküssen gehört sich nicht, nachdem er ihr diesen Garten Eden geschenkt hat, den sie endlich dringend in Augenschein nehmen muss. Genau wie ihre Paradiesbewohner, auf die ist sie ebenfalls sehr gespannt. Viele dürften es nicht mehr sein. Im Schein von Engels’ Taschenlampe sind ihr gestern Abend jede Menge verlassene Hüttchen und verwildernde Gärten aufgefallen. Die früheren Pächter sind verstorben, andere haben die Grundstücke nach Auftauchen der Bagger aufgegeben – teils gegen die Entschädigungssummen und Ersatzgärten, die dubiose Abgesandte irgendeines Bauspekulanten ihnen aufgedrängt haben.
    Diese dreisten Betrüger hat – laut Engels – ein ehemaliger Vereinsvorsitzender angeschleppt. Sie jedenfalls hat nichts damit zu tun, nein, schüttelt sie den Kopf, wirklich nicht. Und den Rest dürfte ein Blick ins Grundbuch klären.
    So, und jetzt erst mal Schuhe an. Ein Tässchen Kaffee wäre auch nicht verkehrt. Um diese Uhrzeit – sie tippt auf nach acht, weil es inzwischen taghell ist – kommt sie sonst nicht auf Betriebstemperatur.
    Mal schauen, ob ihre Küchenzeile Kaffee hergibt und sie mit dem Gaskocher zurechtkommt. Kann so schwer ja nicht sein, wo sie dank Herrn Engels gestern professionelles Wasserkochen gelernt hat. Platte an und geduldig warten, bis es hörbar blubbert.
    »Platte an, Platte an, Platte an«, wiederholt sie laut und tappt auf Socken zurück in die Laube und zu einem Hinkebeinstuhl. Sie setzt sich, wartet, bis Hinkebein ausgewackelt hat, und steckt die Füße in ihre davor bereitstehenden Wanderschuhe.
    Schön sind die nicht, aber praktisch gegen Gänsedisteln und Brennnesseln, genau wie ihre Hightech-Wanderkluft, die sie mangels Schlafanzug über Nacht anbehalten musste. Gott sei Dank ist die Kluft knitterfrei und – wie sie nach kurzem Schnuppertest erleichtert feststellt – wirklich atmungsaktiv. Riecht blütenrein. Nach Herrn Engels’ Lavendel im Kissen.
    Dabei fällt ihr ein, dass es hübsche Gartenkleidung zu besorgen gilt. Es muss doch Alternativen zu der grünen Latzhose geben, die an der Tür baumelt. In so etwas werden sie und Nelly auf keinen Fall in die Brombeeren gehen oder Äpfel pflücken. Ha, Strohhüte brauchen sie auch!
    Sie setzt flugs Strohhüte an die erste Stelle ihrer Liste. Sie hätte gern so einen, wie die Schemutat ihn sonntags beim Gottesdienst getragen hat. Mit Kirschen drauf. Wenn die Schemutat Kirschen trug, war immer Sonntag. Und Sommer. Ja, sie möchte »Kirschen auf dem Hut, um einen Sommer zu beschwör’n«, wie André Heller einmal gesungen hat.
    Herberger wird in zünftigen Holzfällerhemden und Arbeitshosen mit Schlaufen, Taschen und einem Werkzeuggürtel natürlich fantastisch aussehen. Bei Männern stört Arbeitskleidung nicht, im Gegenteil. Eine schöne Kettensäge darf er sich auch aussuchen. Männer lieben ja gemeinhin Geräte, mit denen sie Krach veranstalten können.
    Und Spaß muss sein bei der Arbeit. »Lebensfreude ist das Wichtigste überhaupt, bei allem, was wir tun«, hat sie von der Schemutat gelernt. »Min Röschen, für’s Schuften und Wullackern achtet uns Gott, aber nur wenn wir uns freuen, liebt er uns.« Frau Schick schüttelt den Kopf. Das schaffen auf Dauer die Wenigsten, gerade bei der Arbeit. Ist ja auch eine Kunst.
    Ob sie Nelly und Herberger jetzt mal wecken soll?
    Nein, entscheidet

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