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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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Schick nickt unwillkürlich. Solche Gundulas kennt sie. Ohne einen Ehemann, der Schuld an ihrem Schicksal ist, kommen die nicht aus.
    Frau Pracht starrt noch immer auf die Liebenden und gewinnt nach kurzem Grübeln ihr Lächeln zurück. »Jetzt weiß ich’s. Die Karte muss etwas über Sie aussagen!«
    »Über mich?«, fragt Frau Schick entsetzt. Die Walküre muss entschieden zu viel Blumenwasser getrunken haben, sie will doch nicht als vernarrter Nackedei durch ihre Gärten laufen.
    »Oh ja«, beharrt Frau Pracht. »Sie haben die Liebenden gezogen, ohne Gundulas negative Schwingungen zu empfangen. Ich bin zwar eine Anfängerin im Kartenlegen, aber würden Sie mir verraten, an wen Sie gedacht haben, bevor Sie die Liebenden gezogen haben?«
    Frau Schick schüttelt den Kopf. Das wird sie ganz sicher nicht. Ihre Zukunft malt sie sich lieber alleine aus oder besser gar nicht, weil diese in ihrem Alter äußerst begrenzt sein dürfte, und von unbekleidetem Blümchenpflücken will sie nichts mehr wissen. Sie hat dringlichere Fragen.
    »Sagen Sie mal, was für ein Professor ist Herr Engels eigentlich?«
    Frau Pracht hebt erstaunt die Brauen. »Er ist ein international bekannter Bienenökologe und Insektenkundler. Hat er Ihnen das nicht gesagt?«
    Nein, das hat er nicht. Und Frau Schick wusste auch nicht, dass Bienen Professoren brauchen. »Ich … ich dachte, um Honig kümmern sich Imker?«
    »Oh ja, oh ja«, bestätigt Frau Pracht ihre Vermutung, »aber die Imkerei und die Nachzucht von Apis mellifera mellifera sind für Herrn Engels auch nur ein Hobby. Zu viele Honigbienen würden das Nahrungsangebot seiner eigentlichen Forschungsobjekte extrem gefährden.« Verzückt hebt sie die Augen. »Eine gefragte Koryphäe ist Herr Engels auf dem Gebiet der Zottel-, Schlürf- und Kegelbienen.«
    Frau Schick schwirrt der Kopf. Eine Koryphäe für Kegelbienen? Das klingt nach ausgemachtem Schwindel.
    Nicht für die vernarrte Frau Pracht. »Habilitiert hat er über die europäische Hosen- und Schenkelbiene. Eine wegweisende Arbeit im Kampf gegen …«
    »Von kegelnden und behosten Bienen habe ich noch nie gehört«, unterbricht Frau Schick in aller Schärfe. Diese minderbemittelte Hellseherin glaubt anscheinend jeden Käse.
    »Meine Liebe, wer kennt schon Europas unzählige Wildbienen? Aber das wird sich ändern, das muss sich gewaltig ändern. Neben den Honigbienen verdanken wir den Wildbienen und Hummeln die Bestäubung von 80 Prozent unserer Nutzpflanzen und dazu eine enorme Blütenvielfalt.«
    Grimmig lässt Frau Pracht ihre Blicke über ihre Rosen und zu dem Garten des Professors schweifen. »Forschungsarbeiten wie die von Herrn Engels sind unverzichtbar. Oxford hat schon mehrmals angefragt, ob er nicht endlich seine Ehrendoktorwürde entgegennehmen wolle, aber eine Reise lehnt Herr Engels wegen Niklas ab. Dabei könnte der Professor das Preisgeld wirklich brauchen. Tarot für alle und meine Kochabende im Vereinsheim bringen leider viel zu wenig ein.«
    Frau Schick kraust entrüstet die Stirn. Ehrendoktorwürde? Die hat dieser Schwindelprofessor vor allem im Fach in Dreistigkeit verdient. Von gefälschten Promotionen hat man ja schon einiges gehört, aber eine Ehrendoktorwürde für Hosenbienen, also wirklich! »Frau Pracht, das alles glauben Sie doch nicht im Ernst!«
    »Das glaube ich nicht nur, das weiß ich«, behauptet Frau Pracht.
    »Soso, und warum sollte ein international gefragter Experte als Obdachloser im Wald hausen?«, will Frau Schick wissen. »Noch dazu mit seinem Enkel!«
    »Oh, hat er Ihnen das noch nicht erzählt?«, wundert sich Frau Pracht.
    Frau Schick schüttelt den Kopf und setzt eine abwartende Miene auf.
    »Herr Engels ist im Rahmen seiner wegweisenden Forschungen – völlig unverschuldet – in Not geraten. Darum forscht er mit einigen Studenten vorübergehend im Wald weiter. Wir haben Wildbienenhotels eingerichtet und viele verwaiste Gärten entsprechend bepflanzt. Vor allem für die seltene ölsaugende Waldschenkelbiene. Das Ganze ist natürlich nur eine vorübergehende Lösung. Wir alle hoffen, dass er seine Forschung bald offiziell wieder aufnehmen darf. Am besten in seinem Schloss.«
    »Sein Schloss ?«
    Frau Schick kann es nicht glauben. Da hört sich doch alles auf! Der reinste Baron Münchhausen ist dieser Schlawiner, und die törichte Frau Pracht hofft anscheinend darauf, von der Marmeladenköchin zu seiner Bienenkönigin befördert zu werden.
    »Sie glauben mir wohl nicht?«, fragt Frau Pracht

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