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Frau Schick macht blau

Frau Schick macht blau

Titel: Frau Schick macht blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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kein Trost. Es hat Frau Schick lediglich daran erinnert, dass Herberger anscheinend immer noch den Othello mimt und sich alles andere als verlässlich verhält. Nicht mal den Jaguar bringt er zurück.
    Wenn Nelly wüsste, dass er längst aus Tahiti zurück und bereits wieder abgängig ist … Oh nein, oh nein, das mag sich Frau Schick jetzt nicht auch noch ausmalen!
    Sie holt tief Luft, um all die Traurigkeit, die ihre Kehle füllt und eng macht, zu verdünnen. »Wenn die Wahrheit unerträglich wird, gibt irgendwann das Gedächtnis nach«, hat Nietzsche behauptet. Schön wäre das, stimmt aber leider nicht. Frau Schick öffnet widerstrebend die Augen, um der Wahrheit ins Gesicht zu sehen und ihrer Laube Lebewohl zu sagen.
    Ach Paulchen, mein Paulchen, klagt es in ihr mit wehmütigem Blick auf sein Ebenbild in Gartenzwergformat. »Dieses eine Mal hast du dich leider gründlich verrechnet«, murmelt sie dem Gipskopf auf dem Küchenschrank zu. Frohgemut gießt er seine alberne Klopapierrolle mit Häkelmütze, während Frau Schicks Gedanken weiter Rosen welken lassen und Apfelbäume fällen. Unter hässlichem Getöse und Explosionsgeräuschen.
    Explosionsgeräuschen?
    Moment mal. Was sie da hört, sind doch keine Axthiebe! Frau Schick schreckt hoch und lauscht verwundert nach draußen statt in sich hinein.
    Tatsächlich: Es kracht und knallt und knattert nicht in ihrem Kopf, sondern im Wald! Klingt in etwa so wie ihre Geisteraustreibung im Keller. Erneut knallt und pufft es. Gleich zweimal hintereinander. Will da jemand den Wald wegsprengen?
    Das geht zu weit. Das geht entschieden zu weit! Frau Schick schießt zeitgleich mit der nächsten Explosion in die Höhe. Es ist die letzte.
    Sie schlägt die Decke zurück und steigt mit grimmiger Entschlossenheit aus dem Bett. Einfach vom Leben blaumachen gilt nicht. Trotzdem weitermachen heißt die Zauberformel. »Trotzdem« ist überhaupt ein wunderbares Wort. Ohne Trotz und diese Laube hätte sie ihr ganzes langes Leben nicht überlebt.
    Frau Schick greift nach Reitgerte und Wanderkluft. Waschen kann ausfallen, entscheidet sie, es geht ja nur in den Wald. »Fix, fix«, kommandiert sie sich aus dem Pyjama heraus und in frische Unterwäsche, Hemd, Hose und Socken hinein. Dann sucht sie am Boden nach den Schuhen. Vergeblich. Ach ja, die stehen doch auf dem Küchentisch, damit das lästige Bücken einmal wegfällt. Sie stellt den rechten Schuh auf dem Boden zurecht und steigt hinein. Ordentlich zubinden, geschafft. Kurzes Päuschen, dann geht’s weiter.
    »Aufstehen, meine Liebe!«, unterbricht sie durch die geschlossene Laubentür ein Weckruf der Walküre. »Ich habe eine Überraschung für Sie, und Ihr Kaffee ist fertig!«
    Frau Schick fehlen noch der linke Wanderschuh und die Reitgerte. Egal, Kaffee und Verstärkung von Frau Pracht wären nicht schlecht. Sie muss hellwach sein und kann jede Hilfe brauchen, wenn sie sich einem Sprengkommando entgegenstellen will. Und das wird sie, jawohl, das wird sie. Frau Schick humpelt zur Tür und reißt sie auf.
    »Guten Morgen«, grüßt mit strahlendem Lächeln im Gesicht Frau Pracht. Sie ist in ihrem blauen Drillich-Overall kaum wiederzuerkennen.
    »Guten Morgen«, murmelt Frau Schick und studiert verblüfft die neue Gewandung der Küchenfee. Sie sieht ein bisschen nach dem großen Vorsitzenden Mao Tse-tung in seinen ganz dicken Jahren aus. Nur die tarnfarbene Kappe auf Frau Prachts hennaroten Haaren passt nicht. Laut ihrer Beschriftung gehört Frau Pracht den Woodland Rangers der US Army an. Äußerst unkleidsame Kopfbedeckung, findet Frau Schick, vor allem die riesigen Ohrschutzklappen stören.
    »Den Anzug benutze ich normalerweise beim Kompostumsetzen, und die Mütze habe ich mir von Detlev geliehen«, beendet Frau Pracht hastig die kritische Musterung.
    »Von Popesch?«, fragt Frau Schick verdutzt.
    »Wer ist Popesch?«, fragt nicht minder verdutzt Frau Pracht.
    »Ich meine Herrn Töller.«
    »Ach, Detlev«, sagt Frau Pracht und tätschelt zärtlich ihre Tarnkappe. »Darf ich reinkommen?«, fragt sie und betritt die Hütte, bevor Frau Schick verneinen kann.
    Die starrt noch immer auf die Mütze und kommt nicht mehr mit. »Seit wann sind Sie Ihrem Erzfeind wieder hold?«
    »Seit er sich gestern Nacht entschieden hat, sich unserer Widerstandsgruppe rückhaltlos anzuschließen. Es handelt sich natürlich nur um einen taktischen Waffenstillstand. Detlev ist als ehemaliger Lkw-Fahrzeugschlosser nun mal ein unverzichtbarer Mitstreiter im

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