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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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anscheinend etwas Ähnliches, denn auch sie lächelt vielsagend in Bettinas Richtung, die prompt rot wird.
    Paolo unterbricht mit einem »Guck mal« und zeigt nach vorn.
    »Ah, sehen Sie nur, Frau Schick«, greift Bettina das Stichwort flugs auf, »Asphalt! Hier beginnt das Gewerbegebiet von Los Arcos. Herrlich.«
    »Ja, ganz wundervoll«, sagt Frau Schick. »Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich zuletzt so über den Anblick von Strommasten und Transformatorenhäuschen gefreut habe.«
    Sie passieren auf regenglänzender Straße ein Umspannwerk und ein Gewirr aus Lagerhäusern und Schuppen. Hermann und Martha schließen zu ihnen auf, und Paolo übernimmt bis in den Ortskern die Führung. Durch ein schmales Gässchen gelangen sie zu einem länglichen Kirchplatz. Bewacht von einer mächtigen Kathedrale drängen sich Häuser um die Plaza Santa Maria. In der Mitte gluckert ein Pilgerbrunnen. Im Säulengang vor der Kirche drängen sich Hildegard und Ernst-Theodor auf einem Bänkchen aneinander und lauschen Herberger. Beide scheinen einvernehmlich verzückt zu sein.
    Bettina entdeckt das Trio zuerst. »Da ist ja E. T.«, sagt sie und hält den knurrenden Quijote am Halsband fest.
    »Wen meinen Sie denn mit Ih-Ti?«, fragt Frau Schick verwirrt. »Den kenn ich nur als kleinen Außerirdischen aus einem Film.«
    »Ich nehme an, Bettina meint Ernst-Theodor«, übersetzt Nelly.
    Frau Schick kichert. »E. T. ist ja noch besser als ›transzendentaler Ernst-Theodor‹. Sie machen sich, Bettina, so viel Humor habe ich Ihnen gar nicht zugetraut«, lobt sie.
    Paolo zeigt seinem Trüppchen ein Café gegenüber vom Pilgerbrunnen und steuert Herbergers Wanderclub an.
    »Na, dann mal ran ans Buffet«, sagt Frau Schick und geht strammen Schrittes voran.
    Hallender Lärm, das Zischen der Kaffeemaschine und Tassenklappern empfangen die kleine Reisegruppe. Wenig später sitzen sie an zusammengerückten Tischen, und Frau Schick freut sich über eine Tortilla und Kakao. Mit ihrem neuen Lieblingswort »Filtro« war hier nichts zu machen, obwohl Nelly sich wirklich redlich Mühe gegeben hat, dem Barbesitzer das Geheimnis von gefiltertem Kaffee zu erläutern.
    Der Rest der Gruppe isst fröhliche Bocadillo mit Schinken. Quijote auch, Herr Viabadel hat Bettina diese Fütterungsweise ausdrücklich erlaubt. »Er hat mir erklärt, dass Quijote außer Bocadillos nur sein selbstgekochtes Hundefutter mag, aber das konnten wir schlecht mitnehmen.«
    »Ich empfehle Ihnen dringend, Herrn Viabadel heute Abend wegen der Fütterungsweise noch einmal anzurufen«, sagt Frau Schick streng. »So ein Hundedarm ist bestimmt sehr empfindlich.«
    »Och«, sagt Bettina, »eigentlich nicht.«
    »Bettina, Sie rufen heute Abend an! Sie haben schließlich die Verantwortung für das Tier.«
    Hildegard, Ernst-Theodor und die nunmehr zwei Reiseführer kommen ebenfalls ins Café. Nelly beobachtet mit Interesse, dass Paolo sich einen von Herberger möglichst weit entfernten Platz am Tisch sucht. Seine Begeisterung für ihn scheint nach wie vor zu schwanken. Dafür hängen Hildegard und Ernst-Theodor buchstäblich an Herbergers Lippen und wiederholen brav und im Wechsel das am Vormittag Gelernte. Hildegard schwärmt von dem zwischen Bergen versteckten Städtchen Estella »la Bella«, von einem kleinen Königspalast und einer Felsenkirche, die »eigentlich nicht offen war, aber Herberger hat es möglich gemacht, dass wir sie besichtigen konnten«.
    »Herberger macht’s möglich« scheint Hildegards neues Mantra zu sein. Das zaubert ein leichtes Runzeln auf Ernst-Theodors ohnehin zerfurchte Denkerstirn. So enthusiastisch und blühend begeistert hat er seine hagere Gattin wohl des Längeren nicht mehr erlebt.
    Er selbst übernimmt die Rekapitulation weiterer kultureller Höhepunkte, berichtet vom Besuch einer tempelartigen Maurenquelle vor und einer romanischen Madonna ohne Kind in Monjardin. »Eine seltene Kostbarkeit«, sagt Ernst-Theodor, »sie trug die Weltkugel in der Hand. In der jüngeren Wissenschaft wird dies als Beweis dafür herangezogen, dass den Menschen im Mittelalter und weit vor Kolumbus bekannt war, dass die Erde eine Kugel ist.«
    Hildegard will zum großen Ärger ihres Ernst-Theodor von Herberger wissen, ob das stimmt. Zu dessen Erleichterung stimmt Herberger zu. »Einem Bonner Romanisten ist es gelungen, diese These hieb- und stichfest zu untermauern. Kirchengelehrte kannten die Schriften und Karten der Antike. Selbst einfachste Fischer wussten, dass man

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