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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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fröhlich.«
    Bettina ist ebenfalls ansteckend fröhlich, schon die gesamten zehn Kilometer und damit seit mehr als zwei Stunden. Deshalb ist die heutige Wanderung für Nelly ganz anders als der gestrige Schweigemarsch an Paolos Seite.
    Gemeinsam mit Frau Schick haben Bettina und sie sich über öde Schotterabschnitte der Etappe lauthals hinweggesungen. Mit den wenigen Liedern, die sie alle kennen und in der Schule gelernt haben. Etwa Wer will fleißige Handwerker sehen . Sie haben es auf fleißige Wanderer umgedichtet, die nach Santiago gehen. Jede von ihnen hat ein paar Strophen Text erfunden, und schon waren wieder zwei Kilometer geschafft. Frau Schick hat noch auf einem sehr fröhlichen Kirchenlied bestanden, das sie von einer gewissen Schemutat beim Brombeerpflücken gelernt hat. Das Lied hatte so viele Strophen, dass beim Singen genug Brombeeren für mehrere Eimer Marmelade zusammenkamen, hat Frau Schick erklärt. Außerdem lindere es Dornenkratzer gewaltig.
    Das Lied hieß Geh aus mein Herz und suche Freud . Nelly kannte es nicht, weil sie es nie mit der Kirche gehabt hat. Aber das Schöne an einem schlichten Choral wie diesem ist, dass man ihn nur einmal hören und singen muss, und schon meint man das Lied seit Ewigkeiten zu kennen. Nach dem dritten Durchgang haben sie die erste Strophe im Kanon und mit mehr Schmiss geschafft.
    Der richtige Schmiss war Frau Schick sehr wichtig. »Das ist schließlich kein Schlaflied«, hat sie erklärt und mit einem Solo von Strophe acht unter Beweis gestellt: Ich selber mag und kann nicht ruh’n .
    Hermann und Martha haben eine Weile lang die zweite Stimme mitgesungen. Beide sind nämlich in einem Kirchenchor in Essen aktiv und haben ganz erstaunliche Stimmen, auch wenn Hermann nicht ganz textsicher ist. Aber als Brummbass ist er eine Bereicherung.
    Frau Schick hat Paolo um Flötenbegleitung gebeten, weil sie fand, dass ihm ein schmissiges Lied ebenfalls guttun könnte, aber der verdrossen dreinschauende Paolo hat etwas von »Vielleicht später« gemurmelt. Das Später klang nach »nie«, und Nelly war ganz kurz versucht, einen deutschen Schlager anzusingen. »Später, wann ist das, hab ich ihn gefragt, er hat nur gelacht und hat später gesagt.« Zu albern.
    Weil Los Arcos nicht wirklich näher zu kommen scheint, versucht Nelly es jetzt noch einmal mit der ersten Strophe von Frau Schicks Kirchenlied. »Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser schönen Sommerzeit an deines Gottes Gaben …«
    »Ich hätte gern ein Buhutteherbrot«, fällt Frau Schick sofort ein. »Mit Schinken und Tomahatehen rot und endlich trockene Füüüüße, das wäre mir sehr süße.«
    »Das wäre mir sehr süße, das wäre mir sehr süße«, wiederholt Bettina in richtiger Melodiefolge.
    Frau Schick beendet den Gesang, bleibt aber beim Thema Butterbrot. »Ich hoffe nur, das Brot ist nicht wieder zu hart. Wegen meiner Zähne.«
    »Sie könnten auch eine kleine Tortilla probieren«, schlägt Nelly vor.
    »Kuchen? Nein danke, ich bin nicht so für Süßes. Was Herzhaftes wäre mir lieber.«
    »Tortillas sind eine Art Omelette aus Kartoffeln und gestockten Eiern«, erklärt Nelly lächelnd.
    »Und so etwas nennen die in Spanien Torte!«, wundert sich Frau Schick. »Na, Hauptsache, sie tun keinen Zucker rein.«
    »Ganz bestimmt nicht.«
    Der klatschnasse Quijote stürmt auf sie zu und führt in einer Riesenpfütze unmittelbar vor Frau Schick einen so wilden Indianertanz auf, dass das Wasser nur so spritzt.
    »Bettina, halten Sie diesen närrischen Hund von mir fern. Der ist Ihre Aufgabe«, herrscht Frau Schick ungeduldig.
    »Er mag Sie nun einmal«, sagt Bettina entschuldigend und zieht Quijote an seinem Halsband aus der Pfütze und dem Weg. »Er mag Sie sogar sehr.«
    »Der muss wirklich bekloppt sein«, brummt Frau Schick, während sie mit Nelly die Pfütze umrundet. »Ach übrigens, haben Sie gestern noch einen Bericht über meinen Geisteszustand verfasst?«
    Nelly, die inzwischen weiß, was damit gemeint ist, gibt eine Art Knurren von sich. Bettina schüttelt betroffen den Kopf, Quijote das Fell.
    »Äh … nein«, gesteht Bettina.
    »Muss ich denn wirklich alles selbst machen«, empört sich Frau Schick.
    »Natürlich nicht. Ich habe mich gestern nur ein wenig mit Herrn Viabadel verplaudert.« Damit ist Bettina wieder bei ihrem Lieblingsthema angelangt.
    Frisch Verliebte kennen keine andere Wetterlage außer Sonnenschein – das weiß Nelly aus eigener schmerzlicher Erfahrung. Frau Schick denkt

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