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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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Versteckenspielen. Hier kommt sie sich dagegen wirklich ein wenig belagert vor – die ausgestopften Wildschweinköpfe zwischen gekreuzten Prunkschwertern und Bihändern machen das Ambiente nicht heiterer.
    Frau Schicks Mutter hat auf Pöhlwitz damals alle Jagdwaffen und Geweihtrophäen von den Wänden genommen und sogar die Jagdhunde aus dem Zwinger gelassen, was zu einer fröhlichen Durchmischung der Pöhlwitzer Red Pointers und Jagdspaniel mit den Dorfstreunern und in der Folge zu bemerkenswert originellen und unverwüstlichen Welpen geführt hat. Tja, die Butzi hat eben, wo sie ging und stand, für Heiterkeit gesorgt und immer gedacht, mit ein bisschen Geschick ließe sich Glück überall herstellen. Bettina wäre im Moment ein Fall für Butzi. Oder ein Fall für ihre Tochter, das Röschen.
    Frau Schick wendet sich mit Elan wieder Bettina zu. »Wann werden Sie Herrn Viabadel wiedersehen?«, erkundigt sie sich.
    Bettina hebt die Schultern und verzieht lustlos den Mund. »Wenn Quijote unterwegs Anzeichen von Schwäche oder Unlust zeigt, werde ich ihn anrufen.«
    »Quijote hält durch, und wir brauchen ihn«, sagt Frau Schick entschieden. »Außerdem gibt es doch sicher genügend andere Themen, die ein Telefonat zwischen Ihnen und Herrn Viabadel notwendig machen.«
    »Ich wüsste nicht, welche. Herr Viabadel hat viel mit seinen Geschäften zu tun, die mich nichts angehen«, sagt Bettina kühl.
    Was sagt man dazu? Ein einziges Rendezvous, und schon hängen im Himmel alle Geigen schief? Also wirklich! Da muss Frau Schick wohl noch deutlicher werden. »Kennen Sie Wilhelm Busch?«
    Bettina runzelt irritiert die Stirn.
    Frau Schick deklamiert: »Ihre Liebe war nicht geringe. Sie wurden ordentlich blass, sie sagten sich tausend Dinge und wussten immer noch was.«
    Bettina schweigt und wählt mit übertriebener Sorgfalt eine Weintraube aus.
    Frau Schick lässt nicht locker. »Meine Güte, wer verliebt ist, dem geht doch gewöhnlich der Mund über! Der kann es gar nicht abwarten, dem Liebsten lauter Nichtigkeiten ins Ohr zu flüstern. Zur Not auch Kochrezepte!«
    Bettina schweigt eisern.
    »Waren die Tapas schlecht?«
    »Nein, sie waren ausgezeichnet, soweit ich das vom bloßen Ansehen her beurteilen kann. Burgos gilt ja als eine Hochburg der Tapaskultur und …«
    »Herrje, Bettina, zum Teufel mit den Tapas! Sie sind doch verliebt!«
    Bettina zuckt wieder mit den Schultern. »Ich finde Señor Viabadel recht sympathisch, mehr nicht.«
    »Das ist doch gelogen«, empört sich Frau Schick.
    »Frau Schick«, kontert Bettina heftig und fegt ihren Teller beiseite. Weintrauben purzeln zu Boden und hoppeln unter die Tische, als seien sie auf der Flucht. »Ich habe eine ausführliche und abwechslungsreiche Liebesbiografie hinter mir. Liebe ist nicht nur Genuss, sondern auch Verpflichtung und oft mit Enttäuschungen verbunden. Ich weiß nicht, ob ich das mit meinen bald sechzig Jahren noch einmal will. Diese ganze Aufregung des Anfangs, diese hochemotionalen Irrungen und Wirrungen, und am Ende ärgert man sich dann doch wieder nur über Haare im Waschbecken, herumliegende Socken und einen Kerl, der lieber Fußball sieht, als an einem anregenden Austausch interessiert zu sein.«
    »Herr Viabadel hat gestern Fußball geguckt?«, staunt Frau Schick.
    »Nein, aber er hat unser Treffen nach kaum einer Viertelstunde beendet, weil irgendein aufgeblasener Winzersohn in die Bar kam, der dringend mit ihm über Geschäfte sprechen wollte. Allein. Ein Schönling mit Namen Javier Tosantos, der kaum gegrüßt hat und …«
    »Tosantos!«, schreit Frau Schick so laut, dass Bettina zusammenzuckt und El Cids Eisenhandschuh leise zittert.
    »Kennen Sie den jungen Mann etwa?«
    »Nein, da sei Gott vor«, entgegnet Frau Schick.
    »Aber warum …«
    Frau Schick hört nicht hin. »Wo ist Nelly?«, fragt sie scharf, und ihr Blick rast suchend durch den Frühstücksraum.
    »Keine Ahnung, sie wollte noch einen Spaziergang durch Burgos machen und …«
    »Einen Spaziergang? Allein? Wir müssen sie sofort finden! Sofort. Und schlagen Sie sich Ihren Basken ruhig aus dem Kopf. Wer mit einem Javier Tosantos Geschäfte zu besprechen hat, kann nur ein Lump oder ein Idiot sein.«
    »Aber Frau Schick! Herr Viabadel ist ganz sicher kein Lump und schon gar kein Idiot, sondern ein sehr mitfühlender Mann.« Bettina setzt zu einer Verteidigungsrede an, die Frau Schick unter anderen Umständen sehr zusagen würde, weil der Baske und Bettina natürlich zusammengehören.

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