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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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werden sie die hundertachtzig Kilometer lange Strecke hauptsächlich auf Rädern, in bequemen Häppchen und innerhalb von zwei Tagen hinter sich bringen.
    Frau Schick startet dennoch einen Großeinkauf im Dorfladen. Sie packt Apfelsinen und Trockenfrüchte ein, lässt sich zwei Ringe Salami von der Decke angeln und wählt drei Brote, haltbaren Käse und Dosensuppen aus. Vom Ladenbesitzer, den sie als Einkaufsberater rekrutiert hat, will sie wissen, ob er Taschenlampen und Kerzen hat. Nelly fragt sie, was »Streichhölzer« auf Spanisch heißt.
    » Las cerillas« , übersetzt Nelly für sie.
    Frau Schick verlangt Cinderellas und erhält dennoch das Gewünschte im Zehnerpack. Mit der Frage nach »Kaffee Filtro« scheitert sie zwar auch hier, dafür freut sie sich über Instantkaffee im Sonderangebot.
    »Frau Schick, was treiben Sie da?«, fragt Herberger spöttisch, als er nach einem Abstecher ins örtliche Café den Laden betritt und ihre Einkäufe sieht. »Es steht Ihnen keine Wüstendurchquerung oder Hungersnot bevor.«
    Seine Chefin wirft ihm einen tadelnden Blick zu. »Aber eine Nacht in einer Pilgerunterkunft, Sie Banause. Am liebsten wäre es mir hübsch einsam, ganz ohne Strom und Wasser, vielleicht sogar unter freiem Himmel. Ich möchte endlich den echten Camino kennenlernen.«
    »Und wo genau?«
    »Das entscheide ich spontan.«
    »Aber nicht allein.«
    »Selbstverständlich macht Nelly mit.«
    Davon hat Nelly bislang nichts gewusst. Verblüfft öffnet sie den Mund.
    »Ich honoriere das extra«, versichert Frau Schick eilig.
    »Nein, nicht nötig«, wehrt Nelly ab. »Ich bleibe gern bei Ihnen.«
    »Darf ich mich anschließen?«, fragt Bettina und wendet ihren Blick von der Keksauswahl ab.
    Frau Schick nickt zufrieden. »Selbstverständlich. Herberger, packen Sie bitte genügend Wasser und eins von diesen blauen Dingern dort in unseren Wagen.« Das blaue Ding ist eine Gaskartusche mit Kochaufsatz.
    »Wozu denn das?«
    »Nur für den Notfall. In einigen Unterkünften soll die Versorgung bedauerlich schlecht sein. Ich bin gern unabhängig von anderer Leute Kochfantasien und kann mich im Notfall sehr gut selbst beköstigen.«
    Herberger wirft einen zweifelnden Blick auf Frau Schicks Dosensuppensortiment. » Das wollen Sie kochen?«
    »Ich kann kochen«, behauptet sie eisern. Kurz entschlossen ergänzt Frau Schick ihren Campingkocher noch um einen Blechtopf, Pappteller und Plastikbesteck, und mit der Begeisterung eines Kindes wählt sie schließlich drei ausgebleichte Schlafsäcke aus, die damit ihre Existenz als einsame Ladenhüter beenden. Der Ladenbesitzer lobt ausführlich ihre Wahl und die Haltbarkeit des Materials. Etwa zwanzig Jahre dürften sie bei ihm bereits überlebt haben.
    »Möchten Sie den mit den orangenen oder den mit den lila Blumen?«, fragt Frau Schick Bettina.
    »Lila.«
    »Ja, das passt zu Ihnen, und der mit orangenen wäre hübsch für Nelly. Ich nehme lieber den einfarbigen, in meinem Alter hat man es nicht mehr so mit wilden Mustern. Das verwirrt nur.«
    Herberger schaut Frau Schick noch einmal zweifelnd an, gibt dann aber auf und packt noch drei Isomatten aus angeknabbertem Schaumstoff dazu. Die hinter einer Registrierkasse thronende Großmutter addiert gemächlich die Preise auf einem schlanken Blöckchen. Sie muss häufig umblättern und sogar den Kugelschreiber wechseln.
    »Fehlen nur noch ein paar fröhliche Butterbrote für unterwegs«, stellt Frau Schick fest. Sie verlangt drei. Eins für sich und zwei für Quijote, der vor der Ladentür im Staub der Straße liegt und wartet.
    Bettina schüttelt es beim Anblick der nicht ganz borstenfreien Schinkenkeule, die der Ladenbesitzer auf einen Marmortresen hievt, um mit frisch gewetzten Messern Serranoscheiben herunterzusäbeln. Sie beschränkt ihre Einkäufe auf Kekse und Wasser, obwohl Paolo mahnt, dass dieses Geschäft zwischen Burgos und ihrem Etappenziel Castrojeriz das letzte mit nennenswerter Auswahl sei und ihr Mittagsmahl aus einem Picknick am Wegrand bestehe.
    Nelly kauft zur Sicherheit neben Tortillas noch Oliven und aus einer Laune heraus Wein.
    Herberger wirft ihr einen warnenden Blick zu. »Es wird heute und morgen sehr heiß«, sagt er. »Wein ist keine so gute Idee.«
    Demonstrativ packt Nelly eine zweite Flasche ins Körbchen. Sie hat Herberger wieder einmal gründlich satt. Wie ein Wachhund klebt er seit Burgos an ihren Fersen. Nach ihrem morgendlichen Kathedralbesuch mit Hermann und Martha hat er sie auf dem Vorplatz

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