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Frau Schick räumt auf

Frau Schick räumt auf

Titel: Frau Schick räumt auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Jacobi
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»Roischen«.
    Frau Schick erstarrt mitten in der Bewegung. Rosken? Das kann Nelly unmöglich wissen. Hope hält ein Kuvert in der Hand, und endlich versteht Frau Schick. Der Brief ist von Thekla. Unverkennbar. Es klebt nämlich etwas daran.
    »Was für eine schöne Blume, nur schade, dass sie verwelkt ist!«, ruft Bettina. Sie deutet auf eine blassgelbe Rose, die mit Tesafilm an den cremefarbenen Umschlag geheftet ist.
    »Eine Malmaison« haucht Frau Schick. Vollendet schön und üppig, so wie die englischen Malmaison-Rosen, die Butzi am Gutshaus von Pöhlwitz hochranken ließ.
    Scheu streckt Frau Schick die Hand nach Brief und Rose aus. Dann schüttelt sie den Kopf. »Lesen Sie es mir vor, Bettina.«
    Bettina löst die Rose vom Umschlag und reicht sie Frau Schick. Die hält sie kurz unter die Nase und atmet ihren sehr leisen, unverkennbar fruchtigen Duft ein. Ja, das war Pöhlwitz: der Duft von Aprikosen. Die Schemutat hat aus den Rosen Tee bereitet und Marmelade und sehr leckeren Likör, und die Butzi hat sich ein Bett aus ihren Rosenblüten gemacht, bevor sie das Schlafpulver geschluckt hat.
    Bettina öffnet das Kuvert und liest. »Liebes Röschen …« Sie stoppt kurz, hebt fragend den Blick. »Soll ich wirklich?«
    Frau Schick nickt.
    »Liebes Röschen. Ich konnte nicht widerstehen, dir diese Rose zukommen zu lassen. Ich freue mich so sehr, dass du sie gefunden hast. Johannes hat mir versprochen, sie auf seinem Weg nach Santiago in San Anton abzulegen. Sie stammt aus seinem Garten. Ich habe dort vor zwei Jahren einen Malmaison-Strauch angepflanzt und immer gehofft, dass wir beide darunter einmal Tee trinken würden. Wenn du je hinfährst, dann werde ich bei dir sein. Aber denk bitte dran: kein Zucker für mich und nur ein Tröpfchen Sahne.
    In Liebe Thekla.«
    Frau Schick schwankt. »Johannes war hier?«
    Hope nimmt ihre Hand. Bettina legt den Arm um sie. »Es scheint ganz so.«
    »Aber wo ist er jetzt? Verflucht, ich bin zu alt für so eine Schnitzeljagd! Was hat Thekla sich dabei nur wieder gedacht.«
    »Sie wollte Ihnen eine Freude machen«, sagt Bettina schlicht. In ihren Augen blinkt es.
    Hope öffnet eine frische Wasserflasche und bietet sie Frau Schick an. »Trinken«, empfiehlt sie.
    »Sie sprechen Deutsch«, wundert sich Bettina.
    »Eine bissken. Mein Mann ist German. Aber ich bin too faul zu lernen.«
    Einen Schluck Wasser kann Frau Schick jetzt wirklich gebrauchen. Sie trinkt in vorsichtigen Schlucken. Für die Rose kommt das Wasser leider zu spät. Nachdenklich betrachtet Frau Schick die Blume, zupft behutsam ein braunes Blütenblatt fort. Die Blume ist in Würde verwelkt. »Seit wann die wohl hier liegt?«
    Hope hat eine Idee, wie sich das herausfinden lässt. Sie winkt nach Sjören, dem dänischen Hospitalero, der gerade mit Putzeimer und Lappen aus seinem Wohnwagen klettert.
    In der Tat kann Sjören sagen, wann die Rose und der Brief in die Mauernische gelangt sein müssen: frühestens vor zwei Wochen, denn die Nische räumt er zweimal monatlich leer, weil sie sonst vor Mitteilungen überquillt.
    Frau Schick nickt. Darum also ist Johannes in Cambridge nicht erreichbar. Zaghafte Freude keimt in ihr hoch, fällt aber in sich zusammen, als Herberger im Jaguar auf der anderen Seite des Tores anhält. Nelly sitzt nicht drin. Wie viele Menschen soll sie auf diesem blöden Weg denn noch verlieren?
    Nein, nicht verlieren. Wiederfinden! Frau Schick strafft die Schultern. Zum Glück gehört Mut. Den hat sie. Reichlich. Genug für zwei. Nelly, das Schaf, soll Herberger einfangen, während sie sich um Johannes kümmern wird. Sie muss auf dem Camino bleiben. Irgendwo zwischen hier und Santiago findet sich bestimmt eine weitere Spur von ihrem verlorenen Patensohn oder von Thekla. Dieses verrückte Tränentier hat doch tatsächlich noch kurz vor dem Tod an Teestündchen gedacht. Und an ihr Röschen.

47.
    Man braucht Mut, um glücklich zu sein, sagt sich Nelly etwa zum hundertsten Mal und streift mit flüchtigem Blick Javiers Profil, ein schönes Profil. Aber es war der Satz von Frau Schick über das Glück, der den Ausschlag dafür gegeben hat, dass sie jetzt neben ihm sitzt.
    Sie sind unterwegs nach Westen. In seinem Auto, einem teuren schwarzen Geländewagen mit Allradantrieb. In Deutschland und auf Düsseldorfs Kö werden solche Luxuspanzer meist von blondierten Arztgattinnen chauffiert. Javier braucht so einen Wagen nicht für das Prestige, sondern um in die Weinberge zu fahren.
    Sie rasen mit hoher

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