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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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leidtäte, sei die Britta.
    »Welche Britta?«, hatte ich verwirrt gefragt und automatisch an den Schäferhund Corinna gedacht, der auch als einzig Leidtragender aus der gescheiterten Ehe von Klaus und Irene hervorgegangen war.
    »Die Kinderfrau«, hatte Antje geantwortet.
    Britta! Die Einmalige! Die autarke Perle mit dem Sinn fürs Wesentliche und dem erfreulich ausgefüllten Privatleben!!
    Mein Herz hatte plötzlich höher geschlagen. »Gibst du mir ihre Nummer?«
    »Klar. Ihr zwei hättet einander verdient!«
    Wie Antje das nun interpretiert wissen wollte, hatte ich nicht mehr in Erfahrung bringen können.
    Jedenfalls würde ich diese Britta postwendend engagieren. Koste es, was es wolle.
    Der Pilot setzte zur Landung an.

»Hallo, Taxi!«
    Völlig lädiert und schwankend vor Übelkeit taumelte ich aus dem lächerlichen Flughafengebäude, das noch nicht mal über ein marmornes Speibecken verfügte.
    Vor mir sah ich nichts als Dünengras.
    »Ist hier jemand?!?«
    Nein. Niemand. Wozu auch.
    Große Abendwolken ziehn am Firmament…
    SEEEEhnsuchtsvoll, nach dir, mein Lieb, das Herze brennt!!
    Das Einzige, was ich am Horizont zwischen grauschwarzen Wolken und grauschwarzem Meer ausmachen konnte, war eine Telefonzelle. Sie war gelb. Und schwankte irgendwie auch.
    Ich stapfte in die Richtung, um mir ein Taxi zu bestellen.
    Bei näherem Hinsehen handelte es sich aber um einen großgewachsenen Mann in der hier üblichen Tracht: einer gelben Ölhaut. Er stand unbeweglich da und starrte aufs Meer. Wahrscheinlich ein Fischer, der auf die Rückkehr seiner Beute wartete. Garnelen in Öl oder so.
    Entschlossen ging ich weiter.
    Dieser Einheimische würde mir immerhin die Richtung zu den Behausungen der Eingeborenen weisen können. Vielleicht würde er meine Sprache nicht verstehen. Aber mit dem Finger in eine Richtung zeigen, das traute ich ihm schon zu. Diese blöden Vorurteile, die ostfriesischen Menschen betreffend, teilte ich sowieso nicht.
    Ich näherte mich tapfer.
    Der Mensch stand und starrte.
    Er hatte irgendwas auf dem Rücken. Einen Sack Miesmuscheln wahrscheinlich oder einen Zentner Salz.
    Vielleicht war er eine Statue? So eine Art Denkmal? Einer, der zur Salzsäule erstarrt war, weil er sich noch einmal nach der Zivilisation umgedreht hatte?
    Er war mir ziemlich unheimlich.
    Mühsam kämpfte ich mich durch die unwirtliche Bodenstruktur. Es windete heftig. Die Statue begann im Zwielicht vor meinen Augen zu flimmern.
    Sie hatte irgendwie Ähnlichkeit mit Klaus.
    Meine armen, vom Weinen schon ganz trüben Augen spielten mir einen Streich. Sollte Klaus so verwachsen sein? Ich hatte ihn gar nicht so bucklig in Erinnerung!
    Es war Klaus.
    Der Buckel auf seinem Rücken war kein Sack Muscheln und kein Sack Salz.
    Der Buckel auf seinem Rücken war Paulchen.
    Und Paulchen schlief.
    »Hallo«, sagte Klaus im windschnittigen Friesennerz.
    »Woher weißt du …?«
    »Robert Harkort. Echt pfiffige Leute sitzen da bei euch im Orchestergraben. Man sollte öfter in die Oper gehen.«
    Ich rannte um Klaus herum und küsste das kalte, rote Bäckchen, das da aus der Buckeltrage lugte.
    Schlafend hatte ich ihn zuletzt gesehen, und schlafend sah ich ihn auch wieder. Jetzt einfach wachküssen, und die hundert Jahre Trennung waren wie weggeblasen!
    »Er schläft«, sagte Klaus.
    Vor lauter Verlegenheit fiel ihm nichts Schlaueres ein.
    »Ach was«, sagte ich.
    Ich küsste und herzte das frische Friesenkind, und aus Versehen bekam der bärtige, kalte Friesenvater auch ein paar Küsse ab.
    »Dass ihr mich abholt!«
    »Klarer Fall! Tante Pupke lässt sich entschuldigen, sie musste bei den Geburtstagsgästen bleiben.«
    »Ist nicht so schlimm«, sagte ich.
    »Warum heulst du dann?«
    »Weil ich mein Paulchen wiederhab’!«
    Klaus nahm meine Tasche, und ich nahm das Händchen von Paul.
    So stapften wir los.
    Diese herrliche, salzige, frische Luft! Diese romantischen schwarzen Wolken, wie sie jagten! Alle Übelkeit und Trauer der letzten Wochen rissen sie mit sich fort. Und alle wackligen Bühnenbretter, die angeblich die Welt bedeuten.
    Dieses HÄNDCHEN!
    Und Klaus, dieser gelbe, gestählte Allwetterwaul! Echt stark, der Typ! Er hätte gut Werbung machen können für Fischers-Fritze-Stimmband-Fetzer. Fröhlich blickte er auf mich graue Stadtmaus herab und sagte :
    »Ich hab’ eine Überraschung für dich!«
    Ich auch für dich, Mann. Du kippst aus den Gummistiefeln.
    »Was Schönes?«
    »Ja. Was ganz Tolles!«
    »Was denn?« Erwartungsvoll

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