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Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)

Titel: Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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in Angriff genommen hatte. So ein Abnabelungsprozess brauchte eben Zeit.
    Sophie war vor einem Jahr zu ihrem Freund Sven gezogen. Sie war zwei Minuten jünger als Philipp, aber was das Berufliche betraf, war sie ihrem Bruder um Jahre voraus. Bereits mit 17 hatte sie Abitur gemacht und danach ein Grafik- und Designstudium im Schnelldurchlauf absolviert. Seit einem Jahr arbeitete sie als Layouterin in der Redaktion einer Frauenzeitschrift und verdiente sehr gut. Auch wenn Sophie im Vergleich zu ihrem Bruder finanziell längst auf eigenen Füßen stand, bereitete ihr das Erwachsenwerden erheblich mehr Probleme als Philipp. Wenn sich nicht alles um sie drehte, drehte sie einfach durch.
    Was habe ich nur falsch gemacht?, überlegte Kristina. Warum begriff Sophie nicht, dass diese egozentrische Haltung nicht cool, sondern kindisch war? Insgeheim gab Kristina ihrem Ex-Mann die Schuld daran. Schließlich hatte er sein kleines Sophiechen wie eine Prinzessin behandelt und sie gnadenlos verwöhnt. Peter hatte für seinen kleinen Liebling jedes Problem aus dem Weg geräumt. Wie oft war er ihr in den Rücken gefallen, wenn Kristina versucht hatte, Sophie dazu zu bewegen, ihre Einstellung zu überdenken? „Lass sie doch“, hatte Peter immer gesagt, „Sophie ist eben etwas ganz Besonderes.“ Und Sophie hatte sich an den Vater geschmiegt und der Mutter böse Blicke zugeworfen. Dieses Verhalten von Peter war einer der vielen Gründe, warum die Ehe letztlich gescheitert war.
    In weiser Voraussicht hatte Kristina das Zimmer ihrer Tochter nicht verändert. Denn in regelmäßigen Abständen krachte es zwischen Sophie und Sven, und dann zog Sophie auf unbestimmte Zeit wieder bei ihr ein – bis Sven auf Knien angerutscht kam und sie anflehte, zu ihm zurückzukommen. Darauf folgte für gewöhnlich der Höhepunkt in diesem Affentheater: Sophies großer Auftritt. Sie ließ sich huldvoll dazu herab, ihm gnädig zu verzeihen, und nach einer wunderbaren Versöhnung kehrte sie wie die Königin von Saba zu ihm zurück. Bis auf weiteres. Dieses Hin und Her hatte Kristina bisher viermal so erlebt. Und für heute hatte ihre Tochter sich erneut angekündigt.
    Na ja, die werden sich schon wieder zusammenraufen. Kristina seufzte leise. Sophies Beziehungsprobleme bereiteten ihr kein Kopfzerbrechen mehr. Philipp hatte ihr klargemacht, dass seine Schwester die Rolle der Drama-Queen genoss und dass somit kein Grund bestand, dass Kristina darunter litt. Außerdem freute Kristina sich auf ihre Tochter. Sie würde sich um sie kümmern, sie trösten und sie bemuttern – eben Mutter Teresa spielen. Schließlich war es ja nur für kurze Zeit. Länger als drei, vier Tage hatten die Trennungen bisher nie gedauert. Auch diesmal würde es ein kurzes Intermezzo werden, da war sich Kristina sicher.
    Während sie auf dem Weg nach oben immer zwei Stufen auf einmal nahm, überlegte sie, ob Peter schon mit den Zwillingen über die Schwangerschaft gesprochen hatte. Kristina beschloss, mit ihrem Vater darüber zu reden, was sie gerade von Frau von Dannewald erfahren hatte. Atemlos kam sie oben an.
    Seit dem Tod von Kristinas Mutter vor zwei Jahren wohnte ihr Vater wieder bei ihr. Unter dem Dach hatte sie ihm eine kleine Wohnung eingerichtet. Der Senior war lange nicht über den Tod seiner Frau hinweggekommen und hätte sich beinahe selbst aufgegeben. Daraufhin hatte Kristina ihn dazu überredet, zu ihr zu ziehen. Ein Arrangement, das gut funktionierte.
    Sie klopfte an die Tür. „Papa, bist du da?“, fragte sie und lauschte. Sie klopfte noch einmal, wartete einen Augenblick, dann öffnete sie die Tür und trat ein.
    Die Dachwohnung war verwaist. Sofort stieg Kristina ein ledriger Duft in die Nase. Sie schnupperte. Diesen Geruch kannte sie nicht. Sie hatte bisher nichts anderes als den Geruch von Rasierwasser an ihrem Vater wahrgenommen. Und hätte sie ihm nicht irgendwann ein neues aus der Stadt mitgebracht, würde er immer noch Old Spice benutzen. Aber dieser Duft, der hier durch die Räume waberte, stammte eindeutig von einem Eau de Toilette.
    „Papa benutzt Parfüm“, stellte Kristina verwirrt fest. Nicht, dass sie daran etwas auszusetzen hätte. Was sie so überraschte, war die Tatsache an sich. Schließlich hatte er noch nie Parfüm benutzt. Es lag etwas in der Luft, daran bestand kein Zweifel.
    Kristina ging in das Badezimmer ihres Vaters und entdeckte den Flakon auf der Ablage über dem Waschbecken. KNIZE stand darauf. Sie schraubte den Deckel ab. Daher

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