Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
fürchterlich. Und schlecht war mir. Das auch. Frau Pupke stand am Telefon und plauderte kokett mit dem Hörer.
Tränenblind wollte ich an ihr vorbeistürmen, um mich wie üblich zum Heulen auf die Toilette zurückzuziehen.
»Da kommt se grade«, sagte Frau Pupke fröhlich. »Ich tu dann mal übergeben!«
Eigentlich hatte ich genau das gerade vorgehabt, aber ich nahm den Hörer und wartete, bis ich meine Fassung wiedergewonnen hatte. Frau Pupke ging arglos wieder auf den Balkon hinaus.
»Is einer vonne Oper«, hörte ich sie ehrfürchtig flüstern.
Ich schluckte an meinem dicken Kloß im Hals, räusperte mich dann energisch und drückte erwartungsvoll den Hörer ans Ohr.
»Ja?«, sagte ich mit wackliger Stimme.
»Ich schau dir in die Ohren, Kleines«, sagte der Hörer. Es war Simon.
»Was kann ich für dich tun?«, fragte ich kühl.
»War das eben deine Frau Mutter?«
»Nein. Das war Frau Pupke, meine Angestellte.«
»Die ist aber ausgesprochen nett.«
»Was willst du?« Ich war nicht zu alberner Konversation bereit.
»Och«, sagte Simon betont lässig. »Ich habe im Prinzip nix dagegen, dich mal wiederzusehen. Du hast lange nichts von dir hören lassen.«
»Ist dir das auch schon aufgefallen!«, gab ich schnippisch zurück.
»Ja, es ist mir vor einiger Zeit aufgefallen«, sagte Simon freundlich. »Hier liegt immer noch eine rote Wolldecke von dir. Und eine Packung Anti-Baby-Pillen. Vermisst du die gar nicht?«
Die sollte er doch durch die Pfeife rauchen!
»Die Wolldecke vermisse ich nicht, weil Sommer ist«, sagte ich schmallippig. »Und das andere Zeug kann man überall kaufen.« Simon brauchte nicht zu wissen, dass ich beschlossen hatte, diese gefährlichen kleinen Hormonbomben, von denen man Pickel und sonst nichts bekommt, ab sofort nicht mehr zu benutzen.
»Dann hast du ja im Prinzip nix dagegen, dass ich die Schachtel bei passender Gelegenheit weiterverschenke«, sagte Simon. Provokativ lutschte er auf seinen Gummibärchen herum.
Ich wäre ihm gern mit nacktem Hintern ins Gesicht gesprungen, aber das war telefonisch nicht machbar.
»Wie geht’s dir denn so?«, fragte Simon unverbindlich. »Was macht die steile Karriere?«
»Und selbst?«, sagte ich einsilbig.
»Soweit, so gut«, sagte Simon in seiner unverwechselbaren konkreten Art. »Ich wollte dich fragen, ob du Lust auf eine Zauberflöte hast.«
»Wenn du damit deine eigene meinst, dann nein.«
»Wer wird sich denn gleich so ereifern. Ich rede von Wolfgang Amadeus Mozart! Immer diese Zweideutigkeiten!«
»O. K., O. K.«, lenkte ich ein. »Was für eine Zauberflöte also?«
»Wir suchen immer noch eine dritte Dame«, sagte Simon. »Wir hatten zwischenzeitlich eine, aber die war zu dick. Sie passte rein optisch nicht in die Gruppe. Also, wie sieht’s mit dir aus? In der spielfreien Zeit geht das Ensemble auf Tournee.«
»Japan und Südamerika und so?«, fragte ich herzklopfend. Karriere! Weltweit! Zugreifen! hechelte der Schweinehund.
»Nee, mehr so die nähere Umgebung«, sagte Simon und kaute dabei genießerisch auf seiner Pfeife. Ich roch förmlich den süßlichen Vanille-Duft. »Lauter nette westfälische Kleinstädte. Ich werde wohl den Papageno singen.«
»Sing doch den Papagallo, das liegt dir!«
»Da hätte ich im Prinzip auch nix gegen! Spaß beiseite, Süßes: Der ursprünglich vorgesehene Papageno hat schulpflichtige Kinder und muss mit denen zum Camping in die Eifel.«
»Wie spießig. Camping in der Eifel.«
»Ooch, das kann auch ausgesprochen nett sein. Je nachdem, ob da ein paar nette Eifelhäschen campieren …«
»Komm doch bitte zur Sache.«
Simon freute sich, dass ich mich ärgerte. »Eile mit Weile«, sagte er, »nur keine hektische Hast.«
Schließlich erschien Achnes auf ihren wackeren Beinchen und stellte mir meinen abgegessenen Vielkornbrei neben das Telefon.
»Tu man aufessen«, raunte sie, »dann kann ich schomma spülen! «
Der Haferbrei hatte schon Kalk angesetzt und war genauso zäh wie mein Gespräch mit Simon.
»Störe ich dich beim Essen?«, fragte er, nur um wieder vom Thema abzukommen. »Spachtelst du wieder einen deiner Frust-Bomber?«
»Schnauze«, sagte ich.
»Du bist wirklich süß, wenn du wütend bist, Mäuschen.«
»Also ich habe keine Lust, mir weiter deine Verniedlichungen anzuhören«, bellte ich barsch.
Kind, fass dich kurz und sei höflich und weise den Mann in seine Schranken. Freundlich, aber bestimmt.
»Ich dachte mir dich als dritte Dame. Das wäre eigentlich
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