Frau zu sein bedarf es wenig: Roman (German Edition)
wollten etwas mit dir besprechen. Pauline und ich möchten dich bitten …«
»Sachma«, sagte Achnes und hielt das Knäuel prüfend auf ihren halbfertigen Topflappen.
Ich nahm all meinen Mut zusammen und sagte plump: »Ich würde gern meinen Sohn selbst erziehen.«
In Erwartung eines fürchterlichen Donnerwetters inklusive Stricknadelattacke und Tränenausbruch saß ich herzklopfend da. Ich hatte es gewagt! Kind, was BIST du auch wieder vorlaut!
Klaus drückte mir unterstützend die Hand. Wir verstanden uns großartig, wir zwei, und wir würden es schaffen. Auf die ganz diplomatische, taktvolle Art. Wie abgemacht.
»Ich hap getz die richtige Brille nich auf«, sagte Achnes. »Kuckma, Klaus, is dat getz gerade?«
Wir guckten auf das Knäuel und den Topflappen und überschlugen uns darin, ihr zu bestätigen, dass es gerade sei.
»Dann tu ich dat ers reihen«, sagte Achnes.
Wir warteten, bis sie sich und ihr Nadel-und-Faden-Sortiment gesammelt hatte.
Klaus biss zur Auflockerung der Spannung in eine saure Gurke. Ich kratzte verlegen in meinem Hafernapf herum.
»Wir wollten mit dir auch mal grundsätzlich die Gehaltsfrage besprechen …« begann Klaus.
»Is der Katoffelsalat aunich zu sauer?« fragte Achnes. »Ich happ die Guakn ja extra separat geleecht.«
»Nein, er schmeckt ganz köstlich«, rief ich, ohne ihn je probiert zu haben. Ich wollte nun endlich zur Sache kommen!
»Die Guakn waren schon wat matschich«, sagte Achnes. »Die hatten zulange inne Sonne gelegen. Sahen schon ganz unappetitlich aus. Deswegen happich se mit Semf beschmiat. Tu ma apkratzen, den Semf, dann siehßet.«
»Wir würden mit dir gern mal ein paar Termine absprechen«, sagte Klaus. »Zum Beispiel, wann du mal ein paar Tage freinehmen möchtest. Was hast du denn zum Beispiel in den Sommerferien vor?«
Das war ein gewagter Vorstoß. Gespannt biss ich auf meinem Plastiklöffel herum.
»Ich weiß wat Schönet für den Klain«, sagte Achnes. »Da tut ihr Beide euch auch gut erholen. Anne Noadsee. Ich hap da ne Bekannte wohnen. Wolltich imma ma wieda hin.«
Ich holte tief Luft und sagte: »Wir würden aber gerne mal alleine fahren …« Weiter kam ich nicht. Das Telefon klingelte.
»Ich geh schon dran«, sagte Achnes, »muss sowieso die andere Brille holen!« Damit wieselte sie hinein.
»Pauline«, sagte Klaus tadelnd. »Nicht mit dem Holzhammer!«
»Sonst kommen wir nie von ihr los!«
»Wir wollen ja auch nicht von ihr loskommen. Wir wollen uns nur ein bisschen distanzieren«, sagte Klaus. »Das ist ein Unterschied!« »Aber in den Urlaub willst du sie doch wohl nicht mitnehmen!«
»Warum eigentlich nicht? Dann hätten wir beide endlich mal Zeit für uns. Stell dir mal vor, morgens gemütlich ausschlafen …«
»Du willst dich also auf keinen Fall von ihr trennen?« fragte ich mit plötzlicher Aggression. »Noch nicht mal im Urlaub?!«
»Dazu besteht doch überhaupt kein Grund«, sagte Klaus.
»Dann haben wir zwei uns wohl gründlich missverstanden«, zischte ich wütend. »Ich dachte, wir hätten in München besprochen …«
»Dass du wieder bei uns einziehst, ja. Aber nicht, dass Frau Pupke dafür auszieht!«
»Dann nimm sie doch gleich mit ins Bett!«, giftete ich ihn an.
Kind, nun wirst du aber geschmacklos!
Klaus blieb vor Staunen der Mund offenstehen.
»Du bist doch nicht etwa eifersüchtig! Doch nicht auf Frau Pupke! Frau Pupke ist einundsechzig!«
Ich kam mir zwar entsetzlich blöd vor, aber es gab kein Zurück.
»Entweder sie oder ich!«, schrie ich theatralisch und sprang auf.
Jetzt hatten die Fernsehgucker auf den Nachbarbalkons ein echtes Kontrastprogramm! Dallas live! JR will sich nicht von Miss Ellie trennen, und Sue Ellen kriegt einen Rückfall in die Breisucht!
»Pauline«, sagte Klaus und zog mich am Arm. »Wir sind doch auf sie angewiesen! Beim nächsten Konzert weißt du wieder nicht, wohin mit Paul! Sei doch vernünftig! Wir reden gleich in Ruhe mit ihr!«
Ich war aber zu keinerlei Sachlichkeit mehr bereit. Irgendwie war ich sowieso ziemlich überempfindlich in letzter Zeit. Besonders, wenn es darum ging, Klaus mit einer Frau Pupke teilen zu müssen.
»Wenn ich hier noch mal ausziehe«, schnaufte ich in höchster Erregung, »dann nehme ich Paulchen mit!«
Blind vor Tränen riss ich mich los. »Heirate doch Frau Pupke, vielleicht kriegt ihr auch noch ein Kind!« Mit diesen großartigen Worten wählte ich den linken Bühnenabgang und stolperte ins Wohnzimmer. Ich schämte mich ganz
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