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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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aber unter
     Beobachtung. War ihr Zustand wieder stabil, wurde sie wieder ins Gefängnis gebracht. Die Tage der Regeneration wurden auf
     die Strafe nicht angerechnet, auf diese Weise konnte es Monate oder Jahre dauern, bis sie »abgesessen« war.
    Auch Emmeline Pankhurst lernte die Gefängnisse von innen kennen. Das erste Mal 1907, als sie bei einer Aktion vor dem Londoner
     Parlamentsgebäude – die WSPU agierte inzwischen landesweit – in Polizeigewahrsam genommen |218| und zu sechs Wochen Haft verurteilt wurde. Holloway hieß der Frauenknast in London. Wer dahin kam, »fiel sozusagen in ein
     Grab«, schreibt Emmeline Pankhurst. Sie bekam in dem ungesunden Gemäuer Kopfschmerzen und Erstickungsanfälle und wurde nach
     einigen Tagen in die Krankenstation verlegt. Bei der Entlassung fragte sie der Gefängnisdirektor, ob sie irgendetwas zu beanstanden
     habe. Sie antwortete: »Nicht an Ihnen und auch nicht an den Wärterinnen. Nur an diesem Gefängnis und an allen von Männern
     eingerichteten Gefängnissen. Wir werden sie dem Erdboden gleichmachen.« Ein stolzes Wort, nur einzulösen war es vorerst nicht.
     Emmeline sollten weitere Gefängnisaufenthalte nicht erspart bleiben.
    Im Sommer 1908 ließ der britische Innenminister eine unbedachte Bemerkung fallen: Reformbewegungen seien erst erfolgreich,
     wenn sie die Massen ergriffen, und die Frauen seien eben noch nicht so weit. Als Antwort organisierte die WSPU eine Massenveranstaltung
     im Londoner Hyde Park. Eine solche Veranstaltung war kein leichtes Unterfangen, denn Lautsprecheranlagen gab es zu dieser
     Zeit noch nicht. Die Frauen behalfen sich, indem sie auf ein Hupensignal hin auf zwanzig über das Gelände verteilten Tribünen
     ihre Ansprachen begannen. An diesem 21. Juni 1908 waren bei strahlendstem Sonnenschein wohl eine halbe Million Frauen versammelt.
     Trotzdem lehnte der damalige Premier Asquith am 30. Juni erneut ab, eine Frauendelegation zu empfangen. Daraufhin flog ein
     Stein ins Fenster des Regierungssitzes Downing Street Nr. 10. Der erste Stein, der geworfen wurde in der Geschichte der englischen
     Frauenbewegung. Emmeline Pankhurst schreibt in ihren Erinnerungen, die zertrümmerte Glasscheibe habe einen Wert von 2,40 Dollar
     gehabt. Im Übrigen sei das Einwerfen von Fensterscheiben eine »altehrwürdige Methode«, Männer hätten es immer so gemacht,
     um ihr Missfallen an einer politischen Situation auszudrücken.
    Im Herbst 1908 stand sie wieder vor Gericht, wegen Anstiftung zum Landfriedensbruch. Sie hatte in einem Flugblatt dazu aufgerufen,
     das Unterhaus »zu stürmen«. Sie erhielt eine Haftstrafe von drei Monaten. Ihr Gefängnisaufenthalt würde den Behörden unvergesslich
     werden, schwor sie, als man sie in Holloway einlieferte. Und sie handelte danach. Während draußen ihre Anhängerinnen auf die
     Straßen gingen, erzwang sie sich das Besuchsrecht bei ihrer gleichfalls inhaftierten Tochter Christabel, den Bezug von Zeitungen
     und das Recht, auf dem Hofgang mit anderen Gefangenen zu sprechen. Zwei Wochen vor Ablauf der Frist schickte eine entnervte
     Gefängnisleitung Emmeline Pankhurst samt ihrer Tochter nach Hause.
    Mitte 1910 rang sich das Unterhaus zu einer Gesetzesvorlage durch, nach der wenigstens weiblichen Haushaltsvorständen, soweit
     sie mehr als zehn Pfund Miete im Jahr zahlten, das Wahlrecht gegeben werden sollte. Die Regierung wusste jedoch zu verhindern,
     dass darüber abgestimmt wurde. Ein ähnliches Schicksal hatten Initiativen, die 1911 und 1912 auf den Weg gebracht wurden. |219| Dagegen kam eine Vorlage zum allgemeinen Wahlrecht der Männer anstandslos durch. Auf die englischen Suffragetten konnte das
     alles nur als Ansporn zu erhöhter Militanz gelten. Scheiben gingen nun häufiger zu Bruch, an Briefkästen wurde Feuer gelegt,
     Golfplätze, die von Politikern besucht wurden, mit Säure zerstört. Schließlich explodierten Bomben: Die Feriensitze namhafter
     Gegner des Frauenwahlrechts waren das Ziel – aber nur dann, wenn keiner zu Hause war, wie Emmeline in ihren Schriften versichert.
     Die Staatsmacht schlug erbarmungslos zurück. Zeitweilig war es erklärte Taktik, nicht länger Gefangene zu machen, die umständlich
     abgeurteilt werden mussten, sondern die Suffragetten dort, wo man sie antraf, zu verprügeln und ihnen so die Lust auf weitere
     Taten zu verleiden.
    Die Radikalisierung der Maßnahmen weitete sich auch auf die eigene Organisation aus. Führungsmitglieder, die den verschärften
     Kurs

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