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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Barth
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Bienenschwarm lässt sich auf dem Giebel des Kapitols nieder, Hermaphroditen kommen zur Welt … Und mittendrin Agrippina in
     ihrer Angst: Man hat ihr zugetragen, dass Claudius in betrunkenem Zustand gesagt haben soll, sein Schicksal sei es, erst unter
     den Schandtaten seiner Gattinnen leiden und diese dann bestrafen zu müssen. Es scheinen ihm auch Zweifel gekommen zu sein,
     ob er recht daran getan hatte, Nero, wie es Agrippina verlangte, zu adoptieren und seinen leiblichen Sohn Britannicus in der
     Erbfolge zurückzusetzen. Agrippina muss sich beeilen, will sie ihrem Sohn die Herrschaft sichern. Also beschließt sie, ihren
     Mann umzubringen, bevor dieser vielleicht auf einen ähnlichen Gedanken kommt und sie beseitigt. Eine Giftmischerin wird beauftragt,
     dazu ein Arzt. Das Gift soll möglichst unauffällig und langsam wirken, gleichzeitig aber den klaren Verstand ausschalten,
     damit das Opfer nicht merkt, wie ihm geschieht. Bei einem Festmahl wird dem Kaiser |38| das Mittel, versteckt in einem schmackhaften Pilzgericht, verabreicht. Aber Claudius betrinkt sich fürchterlich, bekommt auch
     Durchfall, und die Verschwörer müssen befürchten, dass aus ihrem Anschlag nichts wird. In dieser Situation geht Agrippina
     aufs Ganze. Der Arzt tritt in Aktion. Er hat eine Feder dabei, die benutzt wird, um durch Kitzeln des Schlundes Erbrechen
     hervorzurufen – damit man weiter essen kann. Die Spitze der Feder ist mit einem schnell wirkenden Gift bestrichen. Claudius
     überlebt diese »Behandlung« dann auch nicht. Kaltblütig und umsichtig bereitet Agrippina die nächsten Schritte vor. Sie verhängt
     eine Art Nachrichtensperre. Der Senat wird einberufen und zu Gesundheits- und Segenswünschen an die Adresse des Claudius veranlasst
     – während der also Geehrte längst in Totenkleider gehüllt in seinem Palast liegt. Inzwischen vollzieht sich ein geräuschloser
     Machtwechsel. Als alles geordnet ist, wird am 13. Oktober Nero als Princeps (so der Titel der römischen Kaiser) präsentiert.
     Es gibt keinen Widerspruch.
    Historiker bezweifeln heute, dass sich alles so abgespielt hat, wie es Tacitus schildert. Aber auch sie gestehen Agrippina
     ein bedeutendes Maß an Geistesgegenwart zu. Wenn der Giftmord vielleicht nur Erfindung ist und Claudius aus anderer Ursache
     plötzlich verstarb, sodass Agrippina gar nicht nachhelfen musste, verstand sie doch schneller als andere, die Situation für
     sich zu nutzen.
    Nero schrieb Verse, übte sich im Gesang und in den bildenden Künsten, verbrachte viel Zeit bei Pferden und Wagenrennen und
     trieb sich auch gerne mit Jugendlichen seiner Gesellschaftsklasse nachts auf den Straßen Roms herum, wo er schon mal in Schlägereien
     verwickelt wurde. Politik zu machen überließ er anderen. Seiner Mutter fiel es unter diesen Umständen leicht, sich im Zentrum
     der Macht zu etablieren. Neros Erzieher Seneca und der Prätorianerpräfekt Burrus traten ihr dabei zur Seite. Sie veranlassten
     Säuberungen, planmäßig wurden die Vertreter des alten Regimes aus ihren Stellungen verdrängt. Narcissus zum Beispiel, der
     engste Vertraute des Kaisers Claudius, wanderte ins Gefängnis und kam dort ums Leben. Das gute Einvernehmen innerhalb des
     neuen Führungstrios sollte indes nicht lange währen. Burrus und Seneca waren nicht bereit, Agrippina eine offizielle Stellung
     als Regentin zu gewähren. Wie Tacitus meint, empfanden sie Unbehagen angesichts ihres »unbeherrschten Wesens«, sie sei »von
     der ganzen Leidenschaft einer schlimmen Herrschsucht entbrannt«. Die Kaiserin-Mutter sah sich bald in einen Machtkampf verstrickt,
     der umso gefährlicher für sie wurde, als sich auch Nero gegen sie wandte. Er hatte ein Liebesverhältnis mit einer Freigelassenen
     namens Acte angefangen. Seine Erzieher hatten nichts dagegen, wenn er nur die adligen Damen Roms in Ruhe ließ. Agrippina aber
     passte die Liebesgeschichte nicht, sie hatte andere Pläne mit ihrem Sohn. Der jedoch verteidigte störrisch sein Recht, sich
     Frauen zu wählen, die ihm zusagten.
    Anders als im Namen irgendeines Imperators oder Imperator-Kandidaten |39| konnte Agrippina sich nicht in die Politik mischen, also suchte sie sich einen Mann, der die Bedingungen dafür erfüllte. Ihre
     Wahl fiel auf Britannicus, ihren Stiefsohn. Dessen Herrschaftsrechte hatte sie zuvor souverän ignoriert, da sie ja ihren Sohn
     Nero ins höchste Amt manövrieren wollte. Nun, da Nero nicht mehr mitspielte und die beiden Berater sich ihr

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